80 Jahre Aufstand im Warschauer Ghetto: Gedenken an den unerschrockenen Widerstand
I. Ausgangslage
Vor dem Überfall des nationalsozialistischen Deutschlands im Jahr 1939 auf Polen war Warschau ein wichtiges kulturelles Zentrum jüdischen Lebens in Europa. In Warschau lebten über 330.000 Jüdinnen und Juden. Jede dritte Einwohnerin bzw. jeder dritte Einwohner war Jüdin bzw. Jude.
Während der Besatzungszeit wurden fast alle polnischen Jüdinnen und Juden durch die systematische Vernichtungspolitik des nationalsozialistischen Regimes ermordet.
Nach dem Überfall Polens wurden die dort lebenden Jüdinnen und Juden mit Willkürmaßnahmen der deutschen Besetzer überzogen. Bereits Ende 1939 erfolgte der Beginn einer erzwungenen Ghettoisierung in Warschau bis am 2. Oktober 1940 die endgültige Bildung eines Ghettos befohlen wurde. Im Warschauer Ghetto lebten unterschiedlichen Angaben zufolge etwa 350.000 bis zu 500.000 Menschen auf engstem Raum. Die Lebensbedingungen in dem Ghetto waren katastrophal und menschenunwürdig.
Die Nationalsozialisten befahlen 1942 die Deportation der Bevölkerung des Warschauer Ghettos in Vernichtungs- und Arbeitslager. Im Juli 1942 begannen die ersten Deportationen in das Vernichtungslager Treblinka. Nachdem im Juli und September 1942 etwa 280.000 Menschen aus dem Ghetto deportiert worden waren, entschieden jüdische Widerstandsorganisationen in Polen, Widerstand gegen die Deportation der im Ghetto verbliebenen Menschen zu leisten. Zu diesem Zweck vereinigten sich verschiedene Parteien und Gruppen unter dem Namen Żydowska Organizacja Bojowa („Jüdische Kampforganisationen“). Schlecht bewaffnet sabotierten die mutigen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer so erfolgreich die menschenverachtende Deportation, dass diese am 21. Januar 1943 ausgesetzt werden musste.
Am 19. April 1943, kurz vor dem Fest Pessach, marschierten Einheiten der SS in das Warschauer Ghetto ein. Von diesem Tag an entwickelte sich der Widerstand der Żydowska Organizacja Bojowa zu einer Rebellion, die als größter organisierter Aufstand der jüdischen Bevölkerung Polens gegen die eigene Vernichtung im Zweiten Weltkrieg traurige Berühmtheit erlangte. Dieser Widerstand war das letzte Aufbäumen der jüdischen Bevölkerung im Warschauer Ghetto. Am 16. Mai 1943 wurde der Widerstand mit der Sprengung der Großen Synagoge endgültig niedergeschlagen. Die Überlebenden wurden vor Ort ermordet oder in Vernichtungslager deportiert.
Ihr Widerstand hat gezeigt, dass Mut und Tapferkeit inmitten der größten Dunkelheit bestehen können. Ihr Opfer und ihre Entschlossenheit, einen aussichtslosen Kampf gegen die menschenverachtenden Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes zu kämpfen, dürfen niemals vergessen werden.
Der Aufstand im Warschauer Ghetto ist ein Symbol des unerschrockenen Widerstands und des unbeugsamen Willens zum Überleben. 80 Jahre nach dem Aufstand im Warschauer Ghetto ehren wir den Mut der Menschen, die ihr Leben im Kampf gegen das menschenverachtende System der Nationalsozialisten verloren.
Auch 80 Jahre später gilt es, das Andenken an diese Ereignisse unverändert wach zu halten und Bewusstsein für die schrecklichen Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes zu wahren.
Nordrhein-Westfalen hält durch verschiedene Institutionen und Organisationen, die Erinnerung an die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes und der Shoa wach und trägt somit zur Aufarbeitung der NS-Verbrechen bei. Eine wichtige Aufgabe übernehmen dabei die NS-Gedenkstätten in Nordrhein-Westfalen, die dazu beitragen, die Geschichte für die Menschen in unserem Land sichtbar und ihnen auch heute noch bewusst zu machen.
Es ist von großer Bedeutung, auch den Aufstand im Warschauer Ghetto und das Andenken an den Widerstand der mutigen jüdischen Kämpferinnen und Kämpfer im Bewusstsein der Menschen zu verankern, um sicherzustellen, dass Geschichte nicht in Vergessenheit gerät.
Die Aktion "Gelbe Narzisse" ist eine Möglichkeit, dieser Erinnerung Ausdruck zu verleihen. Die gelbe Narzisse soll als Symbol für die jüdischen Kämpferinnen und Kämpfer und die ermordeten Bewohnerinnen und Bewohner des Warschauer Ghettos stehen. Die gelbe Farbe soll an daran erinnern, dass all diese Menschen durch das nationalsozialistische Regime als Jüdinnen und Juden in menschenverachtender Weise gezwungen waren, einen gelben Stern an der Kleidung zu tragen, um sie sichtbar zu entrechten und auszugrenzen.
Durch die Verbreitung der gelben Narzisse können Menschen auf der ganzen Welt dazu beitragen, die Erinnerung aufrechtzuerhalten und dem Andenken an die Opfer der Verbrechen des Holocausts Ausdruck zu verleihen.
Die Erinnerung an die Opfer des Warschauer Ghettos mahnt uns überdies auch heute noch, Widerstand gegen Unrecht und Unterdrückung zu leisten und zu unterstützen.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
- Jüdisches Leben und jüdische Kultur gehören fest zu Nordrhein-Westfalen.
- In Europa darf kein Platz für Antisemitismus sein. Der wachsende und sich wandelnde Antisemitismus in den europäischen Gesellschaften erfordert ein verstärktes Eintreten gegen Antisemitismus in Europa.
- Historisch gewachsen tragen wir gemeinsam Verantwortung dafür, jüdisches Leben und jüdische Kultur zu verteidigen.
Der Landtag
- gedenkt der Opfer des Aufstandes im Warschauer Ghetto und würdigt die Bedeutung ihres mutigen Widerstands gegen das nationalsozialistische Regime.
- würdigt den ungebrochenen Überlebenswillen und den Mut der jüdischen Bevölkerung.
- würdigt den Aufstand im Warschauer Ghetto auch als wichtiges Symbol für den Widerstand der jüdischen Bevölkerung gegen die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes.
- unterstützt die Aktion Gelbe Narzisse als Erinnerung an den Aufstand im Warschauer Ghetto und an seine Bedeutung für die Geschichte und die Gegenwart.
- begrüßt Projekte zur weiteren Erforschung und Veröffentlichung von Dokumenten und Materialien, die die Geschichte des Aufstands im Warschauer Ghetto und des Holocausts insgesamt beleuchten.
- unterstützt die Projekte der Landesregierung, die darauf abzielen, die Zusammenarbeit und Solidarität aller gesellschaftlicher Gruppen in Deutschland, Polen und Europa zu fördern und zu stärken.
- unterstützt darüber hinaus jeden Einsatz gegen Rassismus, Antisemitismus und andere menschenverachtende Einstellungen
- bekräftigt seine Unterstützung für die erste EU-Strategie der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und zur Förderung jüdischen Lebens.
- beauftragt die Landesregierung, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit haben, einmal im Laufe seiner bzw. ihrer Schulzeit eine Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus zu besuchen.