Die Situation von Endometriose-Betroffenen verbessern – Aufklärung, Versorgung und Forschung stärken
I. Ausgangslage
Endometriose ist eine gynäkologische Erkrankung, deren Ursache bislang wissenschaftlich nicht geklärt ist und die bei 10 bis 15 Prozent aller Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter auftritt. Die Beschwerden gehen für die betroffenen Frauen und Mädchen mit erheblichen Einschränkungen im privaten und beruflichen Alltag sowie einer Beeinträchtigung der Lebensqualität einher. Trotz der hohen Zahl an Betroffenen, des chronischen Krankheitsverlaufs, der Schmerzsymptomatik und Problemen im Hinblick auf die Möglichkeit, schwanger zu werden, sind weder Ärztinnen und Ärzte noch Patientinnen ausreichend über Endometriose aufgeklärt. In der Folge vergehen vom Auftreten erster Symptome bis zur Diagnose häufig zwischen sieben und zehn Jahren.
Auch die Datenlage zur Endometriose als häufige gutartige gynäkologische Erkrankung ist bislang nicht gut, es gibt nur wenige Daten zur Prävalenz, zu Einflussfaktoren und zur Versorgung. Ebenso sind die Ursachen der Endometriose bisher wissenschaftlich noch nicht geklärt, so dass es auch noch keine ursächliche Therapie gibt. Ziel muss es daher sein, eine Verbesserung sowohl im Bereich der Forschungslage als auch in Richtung einer interdisziplinären Versorgung zu erreichen.
In den Lehrplänen an den Schulen spielen die biologischen Abläufe des Menstruationszyklus bereits eine wichtige Rolle. Es muss jedoch die klare Botschaft vermittelt werden, dass Schmerzen während der Menstruation nicht normal sind und eine Fachärztin oder ein Facharzt diese begutachten sollte. Neben der Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern und der Aufklärung und Information von Jugendlichen ist auch die Aufklärung der breiten Öffentlichkeit und des medizinischen Fachpersonals wichtig. Nur so kann eine Entstigmatisierung der Menstruation sowie der Endometriose erfolgen. Viel zu oft werden betroffene Frauen und Mädchen nicht ernst genommen. Nur durch die Behebung dieses massiven Defizits an öffentlicher und fachlicher Wahrnehmung kann es gelingen, die langen Diagnosezeiträume erheblich zu verkürzen.
Beispiele einer gesteigerten öffentlichen Wahrnehmung der Endometriose, an denen man sich positiv orientieren könnte, existieren durchaus. So hat der französische Präsident Emmanuel Macron im Januar 2022 in einer eigens produzierten Video-Ansprache Endometriose als gesamtgesellschaftliches Problem bezeichnet und dazu einen nationalen Aktionsplan verkündet, der Schulungen für medizinisches Personal vorsieht, ebenso wie überregionale Fachzentren und ein im Gesundheitsministerium angesiedeltes Forschungsteam. Durch diese Maßnahmen möchte Frankreich zur führenden Nation im Kampf gegen Endometriose werden.
Auch in den Sozialen Medien nimmt das Thema immer mehr Raum ein. So teilt z. B. die Influencerin, Model und Autorin Anna Wilken ihre Krankheitsgeschichte inkl. ihrer individuellen Erfahrungen online in sozialen Netzwerken und schafft damit eine breitere Aufmerksamkeit, die zeitgleich zu einer frühzeitigen Sensibilisierung und auch Enttabuisierung dieser Krankheit führt.
Es liegt in der Verantwortung unseres Bundeslandes, Rahmenbedingungen zu schaffen, die zu einem offeneren und pragmatischeren Umgang mit Endometriose führen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die verschiedenen betroffenen Bereiche, wie Gesundheit, Bildung, Forschung und Soziales, funktional miteinander verbunden werden. Es gilt zu verhindern, dass die Krankheit Endometriose sich zum Symptom einer strukturellen Benachteiligung von Frauen manifestiert.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
- Endometriose ist eine lebenseinschränkende Krankheit.
- Endometriose ist nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein gesellschaftliches Problem. Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
- Endometriose auf die Agenda der Landesgesundheitsministerkonferenz zu setzen.
- in der Landesgesundheitskonferenz mit den beteiligten Akteuren konkrete Maßnahmen zur Verbesserung von Aufklärung, Versorgung und Forschung zu Endometriose zu vereinbaren.
- eine landesweite Aufklärungskampagne über Endometriose und Menstruationsbeschwerden zu konzipieren und durchzuführen. Insbesondere sollen dabei Informationen über Endometriose im Rahmen des Aufklärungsunterrichts an Schulen weitergegeben werden.
- ein systematisches Fort- und Weiterbildungsangebot für Ärztinnen und Ärzte sowie weiteres medizinisches Fachpersonal, gemeinsam mit den zuständigen Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, entsprechend dem aktuellen Stand der Forschung zu entwickeln.
- Endometriose-Forschung landesweit zu fördern, um die Erforschung der Ursachen, neuer Diagnoseverfahren und besserer Behandlungsmöglichkeiten zu ermöglichen. Dabei soll vor allem auf einen interdisziplinären Forschungsansatz geachtet und in Abstimmung mit der Gesundheitsministerkonferenz der Aufbau eines Zentrums für Endometriose-Forschung vorangetrieben werden
- ein Pilotprojekt durchzuführen, um innerhalb dessen weitere interdisziplinäre Behandlungsbedarfe und -möglichkeiten für Endometriose-Betroffene (z. B. psychosoziale Beratung, ambulante multimodale Schmerztherapie, begleitende Psychotherapie und Physiotherapie) zu identifizieren.
Henning Höne
Marcel Hafke
Dr. Joachim Stamp
Yvonne Gebauer
und Fraktion