Tanz als Bestandteil kultureller Bildung in Nordrhein-Westfalen stärken – Strukturen sichern und Teilhabe erhalten!

I. Ausgangslage

Tanz ist eine eigenständige Kunstform, die Körper, Ausdruck, Kreativität und Reflexion auf besondere Weise verbindet. Damit entsteht eine universelle, nonverbale Ausdrucksform, die kulturelle, emotionale und soziale Erfahrung in besonderer Weise zusammenbringt. Als ästhetisches Bildungsmedium schafft Tanz Räume für individuelle Entfaltung, für die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und für die Begegnung mit anderen. Zudem werden Körperbewusstsein, Teamgeist, Improvisationsfähigkeit und Selbstwirksamkeit gefördert – Kompetenzen, die weit über die Kunst hinauswirken.

Gerade in der kulturellen Bildung eröffnet Tanz vielfältige Zugänge: Er spricht alle Altersgruppen an, überwindet Sprachbarrieren, verbindet Disziplinen und kann Benachteiligung in der Bildung ausgleichen. Für Kinder und Jugendliche bietet Tanz die Möglichkeit, sich selbst kreativ auszudrücken, ohne an Sprache, Herkunft oder schulische Leistung gebunden zu sein. Solche Erfahrungsräume sind im formalen Bildungssystem nur begrenzt vorhanden. Umso wichtiger ist die Rolle von Tanz in der außerschulischen kulturellen Bildung und in Kooperation mit Schulen und Kitas.

Tanz verbindet im Kontext kultureller Bildung körperliche, emotionale, soziale und kreative Lernprozesse miteinander und schafft dadurch wertvolle Synergien. Anders als viele andere Kunstformen aktiviert Tanz den ganzen Menschen, nicht nur kognitiv, sondern auch über Bewegung, Rhythmus, Raum und Gemeinschaft. Somit wird Tanz ein unverzichtbarer Bestandteil ganzheitlicher Persönlichkeitsbildung, der Zugänge schafft, soziale und kreative Kompetenzen fördert und kulturelle Teilhabe ermöglicht.

Nordrhein-Westfalen verfügt über eine vielfältige Tanzlandschaft mit international renommierten Kompanien, freien Ensembles, Produktionshäusern und spartenübergreifenden Akteuren. Die Tanzszene in Nordrhein-Westfalen steht damit exemplarisch für kreative Exzellenz, Bildungsarbeit und gesellschaftliche Relevanz. Ihre Internationalität gilt dabei auch als ein Qualitätsmerkmal. So existiert mit dem „NRW Landesbüro Tanz“ ein Informationszentrum, das den Austausch unter den betreffenden Akteuren stärkt, zur Vernetzung beiträgt und damit der Kunstform Tanz zu Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit verhilft. Als ein zentrales Projekt wird zum Beispiel seit 30 Jahren alle zwei Jahre die Internationale Tanzmesse NRW veranstaltet.

Die politischen Rahmenbedingungen zur Unterstützung des Tanzes inklusive seiner internationalen Strahlkraft scheinen sich aufzulösen. Schon der Bund hat 2024 seine Förderung für das Bündnis freier Produktionshäuser eingestellt, was Nordrhein-Westfalen empfindlich getroffen hat: PACT Zollverein in Essen und das tanzhaus nrw in Düsseldorf als Motoren und Bühnen für richtungsweisende Weiterentwicklungen der Freien Szene sind von dieser Einstellung betroffen gewesen. So wurde 2024 im Pact Zollverein das Modellprojekt der kulturellen Bildung im Tanz, das jährlich stattfindende DYNAMO Festival für Kinder und Jugendliche, abgehalten.

Die aktuellen Kürzungen von Seiten des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft (MKW) im Bereich der Spitzen- und Exzellenzförderung lassen auch keine guten Aussichten mehr für die Freie Szene und damit auch für die Tanzlandschaft in Nordrhein-Westfalen zu. Sowohl zahlreiche Tänzerinnen und Tänzer als auch Choreografinnen und Choreografen der freien Szene leiten auch Tanzvermittlungs-Projekte und verankern darüber künstlerische Impulse erfolgreich im Bereich der kulturellen Bildungsarbeit mit verschiedenen Altersgruppen. Durch solche Tanzvermittlungs-Projekte werden nicht nur zukünftige Publikumsgenerationen erreicht und für tänzerische Ausdrucksformen sensibilisiert, sondern darüber hinaus auch generationsübergreifend gesellschaftliche Teilhabe gestärkt.

Insbesondere vor diesem Hintergrund werden die geplanten Kürzungen in der Spitzen- und Exzellenzförderung auch erhebliche Auswirkungen auf diese Vermittlungsarbeit haben und damit auch zu Lasten der Kulturellen Bildung fallen. Insgesamt werden die Kürzungen, sowohl in den geplanten Positionen als auch in der Höhe, empfindliche Folgen für die Kulturelle Bildung in Nordrhein-Westfalen auch außerhalb der Tanzszene haben.

II. Beschlussfassung

Der Landtag stellt fest:

  • Tanz ist ein zentraler Bestandteil kultureller Bildung mit besonderem Potenzial für Persönlichkeitsentwicklung, Teilhabe und interkulturelle Verständigung.
  • Die Tanzszene in Nordrhein-Westfalen leistet einen wertvollen Beitrag zur kulturellen Vielfalt und zur Bildungsarbeit, sowohl durch professionelle Künstlerinnen und Künstler.
  • Die angekündigten Kürzungen in der Spitzen- und Exzellenzförderung gefährden nicht nur die internationale Sichtbarkeit des Tanzes, sondern insbesondere auch seine strukturelle Einbindung in kulturelle Bildungsprozesse.
  • Nachhaltige Bildungsarbeit im Bereich Tanz ist ohne Planungssicherheit, langfristige Strukturen und faire Arbeitsbedingungen nicht leistbar.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • Die Förderstrukturen für freie Tanzschaffende zu stärken und eine verlässliche Planungssicherheit über mehrjährige Programme zu gewährleisten.
  • Unter Einbeziehung aller betreffenden Akteure aus dem Kultur-, Schul- und Jugendbereich und unter Einbeziehung der Fachverbände eine umfassende, ressortübergreifende Strategie zur Stärkung des Tanzes in der kulturellen Bildung zu entwickeln.
  • Den Zugang zu Tanzangeboten in allen Regionen Nordrhein-Westfalens gezielt auszubauen, insbesondere durch Kooperationen mit Schulen, Kitas, Jugendzentren und in Zusammenarbeit mit den mehrjährig geförderten Tanzkompanien aus dem Kinder- und Jugendbereich in den entsprechenden Spielstätten.
  • Einrichtungen mit kulturpädagogischem Profil im Bereich Tanz in ihrer Rolle als Bildungsakteure weiterzuentwickeln und insbesondere für den gebunden und offenen Ganztag auszubauen.
  • Einen regelmäßigen Dialog mit der freien Tanzszene und den Bildungspartnern zu institutionalisieren, um Bedarfe frühzeitig zu erkennen und Angebote zielgerichtet zu gestalten.
  • Schnellstmöglich in einen gemeinsamen Austausch bezüglich eines neuen Konzeptes der Tanzmesse NRW einzutreten, um die internationale Strahlkraft dieser renommierten Netzwerkplattform für zeitgenössischen Tanz zu erhalten und die Tanzmesse NRW spätestens im Jahr 2028 wieder stattfinden zu lassen.