Strafvollzugstourismus in Nordrhein-Westfalen: FDP warnt vor „Hafterleichterungs-Paradies“

Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeigers“ bestätigen, was Kritiker längst befürchtet hatten: Nordrhein-Westfalen hat sich offenbar durch seine im Ländervergleich laschen Regelungen zum offenen Vollzug zum Ziel für einen regelrechten „Strafvollzugstourismus“ entwickelt. Kriminelle verlegen gezielt ihren Wohnsitz nach NRW, weil sie hier auf schnellere Haftlockerungen hoffen – ein massives Sicherheitsrisiko, das das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat untergräbt.

Dr. Werner Pfeil

Dr. Werner Pfeil, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion NRW, fordert Justizminister Dr. Benjamin Limbach (Grüne) zum Handeln auf: „Wir sehen einen Strafvollzugstourismus außer Kontrolle, der Justizminister muss handeln! Der Strafvollzug in NRW darf sich nicht lächerlich machen. Es kann nicht sein, dass selbst Schwerkriminelle mit internationaler Vernetzung nach kürzester Zeit tagsüber wieder frei herumlaufen.“

Schwerkriminelle profitieren – NRW lässt Staatsanwaltschaften ins Leere laufen

Die Zahlen sprechen für sich: Während in anderen Bundesländern nur ein einstelliger Prozentsatz der Inhaftierten Hafterleichterungen erhält, liegt die Quote in NRW bei 32 Prozent. Besonders perfide: Strafverteidiger raten ihren Mandanten inzwischen aktiv dazu, vor der Urteilsverkündung nach NRW zu ziehen, um dort von den laschen Regelungen zu profitieren. Die FDP fordert in einer aktuellen Kleinen Anfrage an die Landesregierung Antworten darauf, wie viele Straftäter aus dem offenen Vollzug geflohen oder erneut straffällig geworden sind – und warum sich NRW so drastisch von anderen Bundesländern unterscheidet.

Aktuelle Fälle zeigen, wie absurd die Situation inzwischen ist:

  • Der syrische Drogenhändler Mohamad B. („Assads Drogendealer“), der tonnenweise Captagon und Kokain vertrieb, wurde zu fast elf Jahren Haft verurteilt – und dennoch nach nur anderthalb Jahren in den offenen Vollzug verlegt. Obwohl die Staatsanwaltschaft Essen dies für brandgefährlich hält, hatte sie keine Möglichkeit, die Entscheidung zu verhindern.
  • Der Kölner Corona-Test-Betrüger Can H., der mit falschen Abrechnungen Millionen erschwindelte, sitzt bereits im offenen Vollzug. Sein Anwalt rechnet damit, dass er bald auf freien Fuß kommt.
  • Der Finanzbetrüger Werner H. wurde nach gerade einmal der Hälfte seiner Strafe entlassen – gegen den lautstarken Protest der Kölner Generalstaatsanwaltschaft.

 

Pfeil abschließend: „Vielleicht kommen wir zu dem Schluss, dass NRW schärfere Regeln nach Vorbild Bayerns benötigt. Wenn der Justizminister nicht umgehend den Kurs ändert, droht unser Bundesland jedenfalls zum sicheren Hafen für Kriminelle zu werden. Das müssen wir unbedingt verhindern!“