Die Landesregierung muss alles unternehmen, damit in Lützerath kein Hambacher Forst 2.0 entsteht

I. Ausgangslage

Eine Generationenaufgabe unserer Zeit stellt die Bekämpfung des Klimawandels dar. Es ist richtig, dass in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft Fragen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung höchste Priorität genießen. Friedlicher, bunter und kreativer Protest fördert dabei den Klimaschutz und vertieft den Dialog zwischen Politik, Gesellschaft und Klimaschützerinnen und -schützern. Immer wieder demonstrieren Klimabewegungen für besseren Klimaschutz – auch in Nordrhein-Westfalen.

Die meisten Menschen demonstrieren friedlich und ohne Menschenleben oder Sachgüter zu gefährden. Radikale Gruppen wie „Extinction Rebellion“, „Ende Gelände“ oder die „Letzte Generation“ hingegen wählen zunehmend den Weg der Delinquenz. Sie versuchen, durch die Begehung von Straftaten, durch Angriffe auf Kulturgüter, allgemeine Zerstörung und der Blockierung von Infrastruktur unter dem Deckmantel des Klimaschutzes ihre eigenen Interessen oder politischen Forderungen durchzusetzen. Damit entfernen sie sich vom demokratischen Grundkonsens und unterlaufen die Rechte auf freie Meinungsäußerung, das Versammlungs- und Demonstrationsrecht oder das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit.

Insbesondere die Gruppe „Letzte Generation“ erweckt durch immer radikalere Vorgehensweisen Aufmerksamkeit: Gruppenmitglieder, die sich selbst regelmäßig als „Klimaaktivisten“ bezeichnen, kleben sich auf Straßen fest und verursachen insbesondere in Berlin kilometerlange Staus, unterbrechen den Betrieb von Pipelines, binden sich fest an einem Fußballtor während eines Bundesligaspiels, verunstalten Kulturgüter mit Lebensmitteln oder beschmieren öffentliche sowie private Gebäude mit Farbe. Einer Umfrage zufolge hält eine große Mehrheit der Deutschen Klimaproteste wie Straßenblockaden für falsch. Unter den rund 5.000 Befragten hielten 81 Prozent das Vorgehen der Aktivisten für falsch, nur 14 Prozent hielten den Protest für richtig, wie die Anfang November online durchgeführte Umfrage weiter ergab. Die meiste Zustimmung gab es dabei noch unter den Wählern der Grünen (40 Prozent) und der Linken (34 Prozent). Bei den Wählern von CDU/CSU lag die Ablehnung bei 97 Prozent.

Im Zusammenhang mit ihren Aktionen kommt es auch immer wieder und immer öfter zu Gefährdungen von Menschenleben. Der Vorwurf, die „Letzte Generation“ stünde nicht mehr auf dem Fundament unseres Grundgesetzes, gewinnt in diesem Zusammenhang an Gewicht. Es gibt hinreichende Erkenntnisse, dass sie von Organisationen finanziert und unterstützt werden, welche unser bestehendes marktwirtschaftliches und demokratisches System ablehnen. Auch der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries warnt davor, die Radikalisierung der Gruppe zu unterschätzen und fordert eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz: "Es findet keine Abgrenzung mehr zu linksextremistischen Gruppierungen statt. Diese Entgrenzung und Radikalisierung innerhalb kurzer Zeit ist brandgefährlich." So wird beispielsweise die Interventionistische Linke, welche offen Solidarität zur „Letzen Generation“ bekennt und die Gruppierung „Ende Gelände“ maßgeblich beeinflusst, als linksextremistisch eingestuft und vom Verfassungsschutz beobachtet. Da durch die Begehung von Straftaten durch die Gruppe „Letzte Generation“ immer öfter Menschenleben gefährdet und auch Kulturgüter sowie kritische Infrastrukturen angegriffen werden, hat sich Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann bereits dafür stark gemacht, das Strafrecht konsequent anzuwenden und sich von den radikalen Klimaprotesten distanziert.

Auch die Gruppe „Ende Gelände“ erregt bei den Sicherheitsbehörden durch radikale Vorgehensweisen und Aussagen immer mehr Aufmerksamkeit. Im Jahr 2018 eskalierte die Gewalt im Hambacher Forst – es kam zu Ausschreitungen durch Besetzerinnen und Besetzer des Waldes. Immer wieder wurden Polizistinnen und Polizisten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens RWE zur Zielscheibe zumeist linksradikaler Gewalt, welche – unter dem Deckmantel des Umweltschutzes – den friedlichen Protest für sich ausnutzten. Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen standen – in ihrer damaligen Oppositionsrolle – in dieser Zeit an vorderster Protestfront, unterstützen die Proteste und verlegten sogar ihren kleinen Parteitag vom 7. Oktober 2018 wohlbedacht an den Ort der Auseinandersetzung: „Wir werden mit diesem Parteitag direkt am Hambacher Wald ein deutliches Signal an RWE, Landes- und Bundesregierung für einen Rodungsstopp senden“, sagte die damalige Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen und heutige Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Industrie, Klimaschutz und Energie, Mona Neubauer.

In diesen Tagen wird befürchtet, dass sich die Geschehnisse wiederholen und es zu einem „Hambacher Forst 2.0“ kommen wird. Das von NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit dem Energiekonzern RWE ausgehandelte Kohlepaket stößt auf erheblichen Widerstand, insbesondere bei „Ende Gelände“. Im Zentrum der Kritik steht die Aufgabe der Siedlung Lützerath. Lützerath soll nach dem Deal der grünen Minister mit RWE abgebaggert werden, um die Versorgung von Kohlekraftwerken zu sichern. Radikale Gruppen haben nunmehr ganz offen aktiven Widerstand angekündigt. So äußerte sich die Pressesprecherin des Aktionsbündnisses „Ende Gelände“: „Wir werden um Lützerath kämpfen, wie wir den Hambacher Wald verteidigt haben. Wer Lützerath angreift, wird einen hohen Preis zahlen. Wir kommen alle, wir stehen zusammen, wir sind unräumbar, we stand with Lützi!“. Dass Lützerath verschwinden und die Klimazerstörung weitergehen solle, sei eine „ultimative Kampfansage an die Klimagerechtigkeitsbewegung“.

Neben einem bürgerlichen Protest haben radikale Gruppen und Linksextreme aus dem Inland und Ausland seit längerem in der Ortslage Lützerath eine „Zone à défendre“ (französisch: etwa „zu verteidigendes Gebiet“) ausgerufen. Es entstanden mehrere Baumhäuser, Camps und Konstruktionen, die eine Räumung erschweren und verhindern sollen. Auf der Website von „Lützerath lebt“ findet sich ein „Aufruf zur Verteidigung von Lützerath“. Darin heißt es, man habe dort „einen Ort des widerständigen Lebens geschaffen“. Und weiter: „In den Bäumen oder im Hüttendorf verhandeln wir nicht mehr, denn die Klimakrise kennt keine Kompromisse.“ Gleichgesinnte werden dazu aufgefordert, Klettergurt und Werkzeug einzupacken und sich auf einen „Winter des Widerstandes“ vorzubereiten.“ In Lützerath selbst finden sich neben klimaschutzbezogenen Parolen Transparente und Graffiti mit eindeutigen linksextremistischen Forderungen und Symbolen. Dies belegt den Versuch, gewalttätige Proteste salonfähig zu machen und unter dem Deckmantel des Klimaschutzes linksextremistische Forderungen in die bürgerliche Mitte zu tragen. Dies wird vom Innenministerium des Landes NRW bestätigt.

Auch der Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen warnt regelmäßig davor, dass Linksextreme gezielt Klimaschutzbewegungen unterwandern. In diesem Zusammenhang beteiligt sich die autonome Szene an Aktionen der Klimagerechtigkeitsbewegung, wie nun in Lützerath. „Ende Gelände“ agiert im Lützerather Braunkohlerevier als Hauptakteur, organisiert den dortigen Protest und veranstaltet „Aktions-AG“, um sich gezielt auf die bevorstehende Räumung vorzubereiten. Sie werben mit dem Slogan „Die Polizei schläft – wir nicht“.

Laut Auskunft des vor Ort zuständigen Polizeipräsidiums Aachen liegen die für einen Einsatz erforderlichen Amts- und Vollzugshilfeersuchen derzeit in der Tat nicht vor. Der Aachener Polizeipräsident verlautbart: „Wir werden erst dann anfangen, einen konkreten Einsatz zu planen, wenn gerichtsfeste Grundlagenbescheide vorliegen, auf deren Basis entsprechende Vollzugshilfeersuchen an uns gerichtet werden.“ Trotz klarer Rechtslage und sich abzeichnenden Zeitdrucks durch das Ende der Rodungsperiode Ende Februar 2023 agieren alle Beteiligten wie die Bezirksregierung Arnsberg offenbar sehr zögerlich mit erforderlichen Amts- und Vollzugshilfeersuchen.

Mit jedem Tag ohne verlässliche Vorbereitung steigen jedoch die Gefahren für unsere Polizeibeamtinnen und -beamten. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Nordrhein-Westfalen zeigt sich bereits „verwundert, dass der Einsatz zur Räumung des Dorfes Lützerath vom Land nicht entschiedener vorangetrieben wird.“ Je länger man warten würde, desto mehr würde sich die Szene dort eingraben und verbarrikadieren, warnt die GdP: „Irgendwann wird Lützerath zu einer Festung.“ Unsere Polizei, die für uns alle den Rechtsstaat gegen gewalttätige Extremistinnen und Extremisten verteidigt, darf nicht sehenden Auges kurzfristig und unvorbereitet in den anstehenden Räumungseinsatz geschickt werden. Dies gefährdet das Leib und Leben unserer Einsatzkräfte, da nicht der Klimawandel für linksextreme Gruppen der Gegner ist, sondern die Polizei selbst. Daher müssen nicht nur repressive Maßnahmen ergriffen werden und eine adäquate Einsatzplanung erfolgen. Vielmehr muss der Rechtsstaat auch mit allen präventiven Mitteln die Vorbereitungen der radikalen Gruppen möglichst unterbinden, da eine erhebliche Gefahr von diesen ausgeht. Die Landesregierung muss auch im Vorfeld einer Räumung alles dafür tun, die Sicherheit der Einsatzkräfte zu gewährleisten. Es muss sichergestellt sein, dass der Polizei genügend Planung- und Vorbereitungszeit für einen Einsatz bei der Räumung der Siedlung Lützerath bleibt. Unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten dürfen nicht zur Zielscheibe von Gewalt werden.

Auch die Menschen in ganz Nordrhein-Westfalen dürfen nicht unter den Aktionen radikaler Gruppen leiden. Unser Land befindet sich weiterhin in einer der schwierigsten Situationen nach dem Zweiten Weltkrieg. Aufgrund des gegen die Ukraine geführten Angriffskrieges und den damit verbundenen Konsequenzen auf dem Energiesektor stellen die dadurch gestiegenen Energiekosten für die Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen sowie Industrie eine kaum zu bewältigende Herausforderung dar. Das Festhalten am Atomausstieg in Mitten der größten Energiekrise dieses Landes und der gleichzeitig ins Auge gefasste vorgezogene Kohleausstieg setzen die Menschen und Märkte zusätzlich unter Druck. Die Politik hat daher alles zu tun, damit Energie bezahlbar und unsere Industrie im internationalen wettbewerbsfähig bleibt. Abgeschaltete Kohlekraftwerke werden wieder hochgefahren. Nach einer durch das MWIKG in Auftrag gegebenen Studie wird die Kohle unter Lützerath für eine adäquate Versorgung auch dieser Kraftwerke gebraucht. Nur so können wir unseren Wohlstand aufrecht erhalten. Sollte eine Rodung aufgrund mangelnder Vorbereitung nicht realisierbar sein und damit verbunden eine erneute zeitliche Verschiebung des Abbaus, wird es wieder zu Unsicherheiten im Energiemarkt sorgen und damit erneut Preisanstiege geben. Daher ist ein bedachtes, aber klares Vorgehen notwendig.

Die Landesregierung steht daher in der Verantwortung Gespräche und Vorbereitungen auf allen Ebenen und mit allen Akteuren zu führen. Die rechtliche Situation für die Ortslage Lützerath war bereits zu Beginn der Gespräche über ein Vorziehen des Kohleausstiegs auf 2030 verbindlich geklärt. RWE besitzt seit März 2022 letztinstanzlich ausgeurteilt das notwendige Recht, den Weiler abzubaggern und das Gebiet bergbaulich in Anspruch zu nehmen. Ein Abstimmungsprozess ist noch nicht eingeleitet worden. Infolgedessen muss die Landesregierung unverzüglich das gemeinsame Gespräch mit RWE, den zuständigen Kreisen sowie Kommunen suchen, um alle relevanten tatsächlichen sowie rechtlichen Aspekte im Rahmen einer Vorbereitung einbeziehen zu können. Ohne eine angemessene und zeitnahe Koordinierung werden Menschenleben in Gefahr gebracht.

Die Begehung von Straftaten und das Gefährden von Menschenleben können in einer Demokratie nie die Lösung eines Problems sein und verhindern die Akzeptanz für wichtige Anliegen. Klimaschutzbewegungen und deren prominente Vertreter müssen sich deshalb geschlossen von radikalen Bestrebungen distanzieren. Denn radikalen und gewaltbereiten „Klimaaktivisten“ geht es nicht um den Klimaschutz, sondern um den Kampf gegen unsere demokratische Grundordnung. Daher ist es umso wichtiger, dass eine Entgrenzung in diesem Kontext keinen Erfolg hat und der Rechtsstaat nicht tatenlos zuschaut, sondern selbst aktiv wird.

II. Beschlussfassung

Der Landtag stellt fest:

  • Das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Versammlungs- und Demonstrationsrecht sowie das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit sind essentielle Grundpfeiler unserer Demokratie und unseres Rechtsstaates. Gewalt ist kein legitimes Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen oder der eigenen politischen Überzeugung.
  • Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst leisten einen wichtigen Beitrag für den Schutz der inneren Sicherheit und tragen zum Funktionieren des Rechtsstaates bei.
  • Die Vorbereitung oder die Begehung von Straftaten und das Gefährden von Menschenleben gefährden das Verständnis und das Bewusstsein dafür, dass der Klimawandel nur als gesamtgesellschaftliche Aufgabe bekämpft werden kann.
  • Gewalttätige Proteste mit rechtswidrigen Mitteln wie der Vermummung, dem Tragen oder Verwenden von Schutzbewaffnung, der Begehung von Straftaten wie schwerer Hausfriedenbruch, Landfriedensbruch oder gar Angriffen auf Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte müssen umgehend rechtsstaatlich verfolgt und unterbunden werden.
  • Klimaschutzbewegungen sowie politische Parteien müssen sich geschlossen von radikalen Bestrebungen distanzieren. Friedlicher Protest darf linksextremen Straftäterinnen und Straftätern wie in Lützerath keinen Unterschlupf sowie Möglichkeit der Entgrenzung bieten.
  • Zu einer wehrhaften Demokratie gehört auch, dass wir unsere offene Gesellschaft gegenüber Gruppierungen konsequent verteidigen, die Straftaten vorbereiten und begehen.
  • Radikale Gruppierungen wie „Letzte Generation“ oder „Ende Gelände“ leisten keinen demokratischen und redlichen Beitrag zum Klimaschutz. Die rechtswidrigen Aktionen dieser Organisationen werden vom Landtag NRW verurteilt.
  • Unsere Einsatzkräfte verdienen den größten Respekt sowie besonderen Schutz, da sie es sind, welche sich im Ernstfall gewaltbereiten „Klimaaktivisten“ unter dem Einsatz ihres Lebens entgegenstellen und unsere Demokratie sowie den Rechtsstaat verteidigen.
  • Die Politik muss im Rahmen dieser Krise alles tun, um die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft mit Blick auf den kommenden Winter nicht weiter zu belasten.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • unverzüglich in Abstimmung mit den zuständigen Akteuren ein umfassendes Räumungskonzept für das Dorf Lützerath vorzubereiten, damit Leib und Leben der Anwesenden sowie der eingesetzten Polizei bei einer Räumung bestmöglich geschützt werden.
  • die Aktivitäten und vorbereitenden Aktionen der gewaltbereiten Protestbewegung im Dorf Lützerath konsequenter in den Blick zu nehmen und zu prüfen, wie diese unterbunden werden können, wenn es sich um Vorbereitungen für die Begehungen von Straftaten handelt
  • die geltenden Möglichkeiten des Rechtsstaates konsequent als auch repressiv im Sinne einer „Null-Toleranz-Politik“ auszuschöpfen.
  • en Verfassungsschutz materiell sowie personell im Bereich „Radikale Klimabewegungen/Linksextremismus“ zu stärken, um mehr Erkenntnisse über die Strukturen sowie der Organisation der zunehmenden linksextremistischen Gewalt radikaler Klimagruppen zu gewinnen.
  • bei der Abstimmung mit den zuständigen Akteuren mit Blick auf die bevorstehende Räumung auch das gemeinsame Gespräch mit den betroffenen Kommunen, Kreisen sowie RWE zu suchen und sie mit einzubeziehen.

Henning Höne
Marcel Hafke
Marc Lürbke
Dietmar Brockes

und Fraktion