23. Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten – Welche Erkenntnisse und Konsequenzen ergeben sich für die Landesregierung zu zukünftigen Handlungsnotwendigkeiten?

Bereits am 28. Februar 2022 hat die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ihren 23. Bericht an die Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, übergeben. Quintessenz von diesem Zwischenbericht ist der Befund, dass die Feststellungen des 22. KEF-Berichts grundsätzlich bestätigt werden und die Rundfunkanstalten in der laufenden Periode bis zum Jahr 2024 nach gutachterlicher Prüfung auskömmlich finanziert sind.

Obwohl die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ARD, ZDF und Deutschlandradio zuletzt historische Beitragseinnahmen von über 8,422 Milliarden Euro verzeichnen konnten (Angabe nach Statista vom 14. Juni 2022) haben die Anstalten auch für diese KEF-Periode einmal mehr erhebliche Mehrbedarfe für den Zeitraum der Jahre 2021 bis 2024 geltend gemacht. Die KEF hat den behaupteten Mehrbedarf nach eingehender fachlicher Prüfung um 1,578 Milliarden Euro reduziert und im Ergebnis einen finanzbedarfswirksamen Gesamtaufwand von insgesamt 38,762 Milliarden Euro anerkannt. Von diesem entfallen auf die ARD 27,652 Milliarden Euro, auf das ZDF 10,062 Milliarden Euro und auf das Deutschlandradio 1,048 Milliarden Euro.

Zugleich stellt die KEF auf S. 16 ihres aktuellen 23. Berichts fest:

„Eine abschließende Gesamtrechnung ist angesichts weiter bestehender Unsicherheiten über die zukünftige Entwicklung jedoch nur eingeschränkt möglich. Das betrifft insbesondere die Preisentwicklung und die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf sonstige liquiditätswirksame Faktoren. Eine erneute Bestandsaufnahme wird die Kommission zum 24. Bericht auf der Grundlage der dann vorliegenden Erkenntnisse vornehmen.“

Damit bleibt fraglich, ob die KEF-Empfehlungen an die Landesparlamente für die kommende Gebührenperiode von 2025 bis 2028 eine Beitragsstabilität vorsehen werden. Neben den faktischen Gegebenheiten wie der Entwicklung von Corona oder der Inflationsrate kommt in diesem Zusammenhang insbesondere auch der Neudefinition des Auftrags des öffentlichrechtlichen Rundfunks und dessen Strukturoptimierung eine große Bedeutung zu.

Außerdem weist die Kommission etwa darauf hin, dass die Ausgaben für Telemedien in allen Aufwandsarten seit Jahren kontinuierlich steigen (siehe 23. KEF-Bericht, Kapitel 4, S. 71 ff., zum Komplex Telemedien/Online). Nachfolgende Zahlen werden auf S. 73 ausgewiesen: (s. Download Drucksache unten)

Diese Steigerung lässt sich zurückführen auf eine Ausweitung des Telemedien-Angebots, auf einen höheren Verbreitungsaufwand durch steigende Nutzungszahlen und der höheren Video-Qualität in HD sowie der Erweiterung auf barrierefreie Angebote, letzteres allerdings nur in geringem Maße. Es bleibt daher anzunehmen, dass die Kosten weiterhin steigen und sich sukzessive auch auf die Beitragshöhe auswirken könnten.

Im aktuellen KEF-Bericht wird allerdings bemängelt, dass eine quantitative Darstellung des Telemedienangebotes nicht möglich ist, da den Anstalten solche Zahlen, wie beispielsweise die Zahl der in den Mediatheken vorgehaltenen Sendeminuten, nicht vorlägen. Damit wird ein Controlling zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit sowie eine strategische Kostenplanung leider nicht ermöglicht. Deswegen formuliert die KEF auch eine eindeutige Erwartung an die Anstalten, diesen Bereich entsprechend weiterzuentwickeln. Hervorzuheben ist dabei besonders, dass dies keine neue Forderung der Kommission ist, sondern diese bereits mit dem 22. Bericht gestellt worden ist.   Zu diesem Komplex führt die KEF auf S. 88 ihres aktuellen 23. Berichts aus:

„Die Kommission hatte bereits im 22. Bericht darauf hingewiesen, dass der Ausbau der Telemedien mit erheblichen Kostensteigerungen verbunden ist und zugleich gefordert, dass die programmliche Leistung sowie die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit dieser neuen Angebote durch belastbare und vergleichbare Kennzahlen belegt wird (vgl. 22. Bericht, Tz. 573). Die Kommission erwartet, dass die Anstalten ihre Kostenrechnung auch für ihre eigenen Steuerungszwecke neu gestalten. Dabei ist insbesondere die Zuordnung der Programmkosten zu überarbeiten. Zum 24. Bericht sind konkrete Überlegungen vorzulegen wie die Kostenrechnung im Sinne einer integrierten Programmplanung und -steuerung im digitalen Zeitalter aussehen soll und wie – ähnlich wie bisher für das lineare Programm – ein Nachweis von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Online-Leistungserstellung erbracht werden kann.“

Solche fehlenden Controlling-Maßnahmen führen zu mangelnder Transparenz und einer fehlenden quantitativen Programmdokumentation. Eine möglichst einfache, transparente und faire Beitragsfinanzierung wird durch dieses  Versäumnis kaum noch möglich. 

Ebenso erschwert diese fehlende Datengrundlage dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen effizienten Mitteleinsatz und zugleich der KEF ihre Berechnungen für eine nachvollziehbare und belastbare zukünftige Finanzbedarfsentwicklung.  Das Vorhaben der Rundfunkkommission der Länder zu Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sollte auf die zuvor genannten bisherigen Versäumnisse konstruktiv reagieren und gleichzeitig auch endlich eine sachgerechte und angebrachte Profilschärfung im Online-Bereich vornehmen.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche einzelnen Erkenntnisse und Konsequenzen zieht die nordrhein-westfälische Landesregierung aus dem aktuellen 23. KEF-Bericht für ihr medienpolitisches Handeln in der 18. Wahlperiode? (vollständige Darstellung erbeten)
  2. Setzt sich die Landesregierung in der 18. Wahlperiode durchgängig für Beitragsstabilität im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein, um eine erneute Beitragserhöhung zu vermeiden?
  3. Für welche konkreten Maßnahmen tritt die nordrhein-westfälische Landesregierung im Dialog mit den anderen Bundesländern in der 18. Wahlperiode ein, um die zukünftige Kostenentwicklung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu begrenzen und handhabbar zu gestalten?
  4. Welche weiteren Zielsetzungen und Maßnahmen zur strukturellen Modernisierung des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks verfolgt die Landesregierung in der 18. Wahlperiode?
  5. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung im Rahmen ihrer Gremienbeteiligungen und politischen Möglichkeiten, um der Forderung der KEF nach validen Kennzahlen bei der Nutzung der Telemedienangebote für ein Controlling der medialen Internetnutzung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Nachdruck zu verleihen?

Ralf Witzel