Nordrhein-Westfalen als Vorbild und Motor für eine aktive Migrations- und Integrationspolitik in Deutschland

I.  Ausgangslage  

Nordrhein-Westfalen ist seit vielen Jahrzehnten ein weltoffenes und vielfältiges Einwanderungsland. Die Integrationspolitik in unserem Land war und ist im Sinne eines Integrationskonsenses unabhängig von unterschiedlichen Regierungskonstellationen durch gemeinsame Grundhaltungen der demokratischen Fraktionen geprägt. Nordrhein-Westfalen bekennt sich zu seiner humanitären Verpflichtung zur Aufnahme von Schutzsuchenden und seinen eigenen Interessen an einer gesteuerten Einwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland. Das Land unterstützt die Einwanderung von Arbeitskräften u. a. mit der Einrichtung der Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung Nordrhein-Westfalen. Mit dem Teilhabe- und Integrationsgesetz verfügt Nordrhein-Westfalen über die umfassendste Gesetzgebung aller Bundesländer für eine verbindliche Integration und ist damit Vorbild in Deutschland. In den letzten Jahren wurde die integrationspolitische Infrastruktur vor Ort noch einmal erheblich ausgebaut und mit dem Kommunalen Integrationsmanagement auf ein neues Niveau weiterentwickelt.  

Neben der Stärkung regulärer Einwanderung gilt es irreguläre Migration zu reduzieren. Ziel ist es, dass Menschen, die nach Deutschland kommen und zum Gelingen unserer Gesellschaft beitragen wollen, nicht ins Asylsystem, sondern in den Arbeitsmarkt gelangen. Statt lebensgefährliche Migrationsrouten durch Wüsten und Meere aufzunehmen, müssen Migrantinnen und Migranten bessere reguläre Zugangsmöglichkeiten und Chancen auf Arbeit erhalten. Gerade die Westbalkan-Regelung hat gezeigt, dass irreguläre Migration reduziert werden kann, wenn Menschen die Möglichkeit eröffnet wird, legal als Arbeitskraft mit einem Arbeitsplatzangebot nach Deutschland zu kommen.  

Diesen Weg gilt es fortzusetzen und partnerschaftliche und praxistaugliche Migrationsabkommen mit verschiedenen Herkunftsländern zu entwickeln. Der Dialog mit dem nordrhein-westfälischen Partnerland Ghana, in dem mit den ghanaischen Partnerinnen und Partner gemeinsam Qualifizierungs-, Migrations-, Rückkehr- und Reintegrationskonzepte erörtert werden, ist ein positives Beispiel, das es weiter auszubauen gilt.  

Zehntausende Migrantinnen und Migranten, denen in der Vergangenheit keine Eigenschaft als Geflüchtete zugesprochen wurde, deren Rückkehr ins Heimatland aber aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich ist, leben in rechtlich unsicherer Aufenthaltssituation mit einer Duldung. Es ist im Interesse unserer Gesellschaft, denjenigen unter ihnen, die sich gut integriert haben, eine verlässliche und dauerhafte Bleibeperspektive zu ermöglichen. Wer bereits längere Zeit in Deutschland lebt, eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz gefunden hat, nicht straffällig geworden ist, eigenständig den überwiegenden Lebensunterhalt bestreiten kann und die deutsche Sprache erlernt hat bzw. erlernt, soll einen dauerhaften Aufenthalt erhalten. Die vorherige Landesregierung hat in diesem Sinne mit ihren Erlassen zum Bleiberecht bereits Perspektiven für Menschen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus eröffnet. Das Chancen-Aufenthaltsrecht des Bundes zielt in eine vergleichbare Richtung und wurde von der aktuellen Landesregierung mit einem Vorgriffserlass begleitet. Es bedarf der gemeinsamen Anstrengung, hier für eine dauerhaft rechtssichere Stellung der Betroffenen zu sorgen. Gleichzeitig wirkt das Land Nordrhein-Westfalen im Gesetzgebungsverfahren mit dem Bund darauf hin, für die Zukunft Flucht und Arbeitsmigration stärker voneinander zu trennen.  

Nicht zuletzt als Konsequenz aus dem Terroranschlag vom Berliner Breitscheidplatz 2016 durch Anis Amri hat Nordrhein-Westfalen seine Rückführungspolitik insbesondere gegenüber Gefährderinnen und Gefährdern, aber auch Straftäterinnen und Straftätern gezielt intensiviert und ausgebaut. Diese aufwendige, aber erfolgreiche Arbeit gilt es fortzusetzen.  

Wesentliche Grundlage für die erfolgreiche Migrations- und Integrationspolitik in Nordrhein-Westfalen ist der Grundkonsens der demokratischen Fraktionen bei der Auseinandersetzung in diesem sensiblen Themenfeld. Die offene Gesellschaft braucht die Durchsetzung klarer Regeln, aber auch die Empathie, sich mit den Bedürfnissen der unterschiedlichen Betroffenen auseinanderzusetzen. Durch den Verzicht auf polarisierte Debatten gelingt die Sachauseinandersetzung in unserem Bundesland besser als anderswo. Der Stil der Politikgestaltung in diesem Themenfeld in Nordrhein-Westfalen kann Vorbild für eine gelingende Migrations- und Integrationspolitik im Bund sein.  

II.  Beschlussfassung  

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,  

  • sich weiterhin als Vorbild und Motor auf Bundesebene insbesondere in Fachministerkonferenzen und im Bundesrat dafür einzusetzen, reguläre Migration zu stärken und irreguläre Migration zu reduzieren,
  • die Arbeit der Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung zu evaluieren und weiter auszubauen,
  • mit eigenen Initiativen daran mitzuwirken, dass gut integrierte Menschen einen dauerhaften und rechtssicheren Status erlangen und Kettenduldungen beendet werden,  
  • Initiativen zu unterstützen oder einzuleiten, die perspektivisch eine stärkere Trennung von humanitärer Aufnahme und Arbeitsmigration erreichen,  
  • den Dialog mit dem Partnerland Ghana zu einer dauerhaften Migrationspartnerschaft fortzuentwickeln, 
  • weiterhin die Rückführung Ausreisepflichtiger insbesondere von Straftäterinnen und Straftätern und Gefährderinnen und Gefährdern konsequent zu verfolgen, 
  • sich für einen gesellschaftlichen Konsens einzusetzen, auf dessen Basis eine geregelte Migrations- und Integrationspolitik wesentlich zum Gelingen unserer Gesellschaft beiträgt.