Analysetool der US-Firma Palantir in Nordhrein-Westfalen im Einsatz – schafft das Innenministerium gläserne Bürger sowie ausufernde Kosten?
Die Polizei in Nordrhein-Westfalen nutzt zur Analyse ihrer Daten seit dem Jahr 2020 die „Datenbankübergreifende Analyse und Recherche“ (DAR) beruhend auf der Software Gotham des US-Unternehmens Palantir. Die Software soll in der Lage sein, Informationen aus verschiedenen Datenbanken miteinander zu verknüpfen, um Fälle von Terrorismus und schwerer Kriminalität zu verhindern. Im Jahr 2019 schrieb das Landeskriminalamt europaweit ein Vergabeverfahren zur Beschaffung dieser Software aus. Die dafür vorgesehene Summe betrug ursprünglich 14 Millionen Euro, wobei offenbar letztendlich 22 Millionen Euro für einen fünfjährigen Einsatz gezahlt wurden. Zunächst erfolgte der bezahlte Einsatz im Testbetrieb, wobei stets der Vorwurf im Raum stand, die Polizei in Nordrhein-Westfalen setze die Software zum „Data Mining“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein. Dies bietet Grund zur Sorge, dass die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen gläsern werden könnten.
Mit dem Gesetz zur Anpassung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen und anderer Gesetze an das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz wurde mit dem § 23 Abs. 6 PolG eine rechtliche Grundlage für den Einsatz der Software geschaffen. Mit dieser Rechtsgrundlage hat die schwarz-gelbe Koalition das unzulässige „Data Mining“ im Sinne der Rechtsprechung normativ ausgeschlossen.
Nach einem Bericht6 des WDR wird der Vorwurf bezüglich des Betreibens von „Data-Mining“ in unzulässiger Weise jedoch weiterhin erhoben. So ist Jürgen Bering, Bürgerrechtler bei der "Gesellschaft für Freiheitsrechte", davon überzeugt: „Die Software ist in der Lage, Data-Mining zu betreiben, also selbst neue Informationen aus den abgefragten Daten zu erzeugen. Das Innenministerium bestreitet, dass die Polizei mit der Software Data-Mining betreibe. Insbesondere geht aus dem Bericht hervor, dass dem Land Nordrhein-Westfalen zudem durch den Einsatz der Software erheblich höhere Kosten entstanden seien als vorgesehen: So seien statt 14 Millionen Euro nunmehr 39 Millionen ausgegeben worden, wobei 2,4 Millionen Euro für Hardware sowie in Summe 13 Millionen Euro für „ergänzende Tätigkeiten anderer Unternehmen“ ausgegeben worden seien. Die Software sei laut Medienberichten „täglich“ im Einsatz.
Die bestehenden Unsicherheiten über den Einsatz der Software im täglichen Betrieb, der Schutz der Grund- und Bürgerrechte sowie die scheinbar ausufernden Kosten erfordern volle Transparenz und Offenheit über Einsatz und Nutzen der Analyse-Software in Nordrhein-Westfalen.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
- Seit wann wird die DAR beruhend auf der Software Gotham des US-Unternehmens Palantir durch die Polizei in Nordrhein-Westfalen genau genutzt? (Ich erbitte einen detaillierten Zeitplan: Beginn/Ende Pilotbetrieb, Start Wirkbetrieb, Ausbaustufen.)
- Wie genau wird DAR seit dem Inkrafttreten der Rechtsgrundlage im Sinne des § 23 Abs. 6 PolG NRW durch die Polizei NRW genutzt? (Ich erbitte eine möglichst detaillierte Aufschlüsselung: Anzahl der Einsätze und beteiligten Behörden/Nutzerarbeitsplätze, zugelassener Nutzerkreis, Art der Dokumentation, Schulung, etc.)
- Welche Straftaten wurden verhütet sowie vorbeugend mit dem Einsatz der Software bekämpft und welche Gefahren wurden im Sinne des § 23 Abs. 6 PolG NRW mit dem Einsatz der Software seit dem Inkrafttreten der Rechtsgrundlage bekämpft bzw. abgewehrt? (Ich bitte um eine Auflistung unterteilt nach Deliktsarten und Gefahren.)
- Welche technischen und personellen Maßnahmen ergreift die Landesregierung, damit es nicht zu einem unzulässigen Einsatz von „Data-Mining“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes kommt?
- Welche Kosten sind durch den Einsatz der Software seit Nutzung im Testbetrieb und auch insbesondere seit dem Inkrafttreten der Rechtsgrundlage unterjährig entstanden bzw. werden perspektivisch dem Land Nordrhein-Westfalen entstehen? (Ich bitte um eine Differenzierung nach den einschlägigen Zeiträumen und Ausgabeposten.)
Marc Lürbke