Attraktivitätssteigerung und Modernisierung des Jura-Studiums – NRW braucht den integrierten Bachelor im Studium der Rechtswissenschaften

I. Ausgangslage

Seit Monaten verspricht die Landesregierung, einen Gesetzesentwurf zur Einführung eines integrierten Bachelors der Rechtswissenschaften vorzulegen. Doch nichts geht vorwärts. Stattdessen werden die Studentinnen und Studenten ohne Nennung eines Zeitplans immer weiter vertröstet. Das ist nicht akzeptabel, denn erprobte und evaluierte Modelle eines Bachelors der Rechtswissenschaften gibt es bereits an verschiedenen Universitäten in Deutschland wie auch in Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen als moderner Studienstandort sollte gleichziehen und einen einheitlichen integrierten Bachelorabschluss im Studium der Rechtswissenschaften einführen. Etwaige Änderungen im Gesetz über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (JAG NRW), in dem Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Landeshochschulgesetz) und in den Prüfungsordnungen der Universitäten sollten zeitnah landesweit gleiche Studienbedingungen für Studierende im Fach der Rechtswissenschaften schaffen.

Im Einzelnen:

Beim Treffen der Justizminister der Länder am 10. November 2022 in Berlin wurde auf Initiative des Landes Hessen über die „Einführung eines (integrierten) ‚Bachelor of Laws‘-Abschlusses (LL.B.)“ in bundesweiter Umsetzung gesprochen. Die Justizministerinnen und Justizminister der Länder konstatierten, dass die Attraktivität des rechtswissenschaftlichen Studiums erhöht werden müsse und in diesem Zusammenhang über die Einführung des integrierten Bachelors diskutiert werde. Es wurden jedoch keine weiteren konkreten Schritte vereinbart, um den integrierten Bachelor einzuführen. Stattdessen übergaben die Justizminister die Thematik an den Koordinierungsausschuss Juristenausbildung –verbunden mit der Bitte, die Thematik eines integrierten ‚Bachelor of Laws‘-Abschlusses zum Gegenstand seiner Beratungen und eines regelmäßigen Erfahrungsaustausches zu machen und dabei insbesondere die unterschiedlichen Ausgestaltungen in den Blick zu nehmen. Seit dem „liegt“ die Sache, ohne dass es weitere erkennbare Entwicklungen gegeben hat.

Unabhängig von der noch laufenden Beratung des Koordinierungsausschusses auf Bundesebene steht dem Engagement einzelner Bundesländer in dieser Sache aber nichts im Wege. Der Koalitionsvertrag der schwarzen-grünen Landesregierung sieht die Einführung des integrierten Bachelors vor. In der 7. Sitzung des Rechtsausschusses des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 18. Januar 2023 teilte der Minister der Justiz Dr. Limbach zudem mit, dass eine Änderung des JAG NRW beabsichtigt sei, um die Einführung eines Bachelors der Rechtswissenschaften einheitlich für Nordrhein-Westfalen zu regeln. Bis heute hat die Landesregierung aber weder einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes erarbeitet noch einen Zeitplan genannt.

Im Sinne der Studierenden der Rechtswissenschaften in Nordrhein-Westfalen ist dies nicht zu akzeptieren, denn für die Studentinnen und Studenten der Rechtswissenschaften ist die Einführung eines integrierten Bachelors von wesentlicher Bedeutung. Bis heute steht am Ende des Studiums ausschließlich die sehr umfangreiche erste juristische Staatsprüfung. Wer diese Prüfung endgültig nicht besteht, hat in der Universität über Jahre hinweg zwar Leistungsnachweise erbracht, steht aber am Ende ohne einen Abschluss und damit ohne eine berufliche Qualifikation da. Damit werden Studentinnen und Studenten der Rechtswissenschaft gegenüber solchen anderer Studienfächer schlechter gestellt. Darüber hinaus gehen dem Arbeitsmarkt gut ausgebildete junge Menschen verloren, wenn diese ohne Abschuss die Universität verlassen. Der integrierte Bachelor hingegen eröffnet Karrierewege und Studienkombinationen z.B. über Masterstudiengänge in andere Disziplinen.

Der integrierte Bachelor steigert die Attraktivität des Jura-Studiums. Denn wer das Jura-Studium begonnen und erfolgreich bis zur Examenszulassung absolviert hat, ist nicht mehr ausschließlich auf das Examen als alleinigen Abschluss festgelegt, sondern kann den Bachelor erlangen. Studierende haben so die Chance, sich interdisziplinär ausbilden zu lassen; denn der integrierte Bachelor erkennt die akademischen Leistungen der Studentinnen und Studenten an. Im Inland ist juristische Expertise ohne Examina in Unternehmen, insbesondere Versicherungen oder Behörden gefragt. Im nahen luxemburgischen und französischen Ausland ist ein Berufseinstieg mit Bachelor of Law nicht ungewöhnlich. Zudem gilt aber weiterhin, dass bestimmte Berufsbilder nicht ohne die Examina erreicht werden können. Studentinnen und Studenten, die Richter/-innen, Staatsanwälte/-innen oder Rechtsanwälte/-innen werden möchten, benötigen neben den Examina auch den entsprechenden Vorbereitungsdienst. Der integrierte Bachelor ergänzt somit die klassischen juristischen Werdegänge.

Das Land Berlin verleiht den LL.B. seit 2020. Andere Länder ziehen nach: An den Universitäten Hamburg, Bremen und Leipzig soll der LL.B. in den nächsten Jahren eingeführt werden. An der Universität Trier wird der integrierte Bachelor der Rechtswissenschaft zum Wintersemester 2023/2024 eingeführt. Auch in Nordrhein Westfalen gibt es einen Bachelorabschluss, der in das Studium der Rechtswissenschaften integriert ist. So hat die Universität zu Köln im Rahmen ihres Studiengangs „Deutsch-Französischer Bachelorstudiengang Rechtswissenschaften“ einen integrierten Bachelor eingeführt. Konkret bedeutet dies, dass die Studierenden zunächst – gemeinsam mit den Studierenden des Studiengangs „Rechtswissenschaft mit Abschluss 1. Juristische Prüfung“–die gesamte Zwischenprüfung in Köln zu absolvieren haben. Nach Abschluss der Zwischenprüfung wird dann eine Bachelorarbeit an der Universität zu Köln geschrieben, die gleichzeitig Schwerpunktseminararbeit für den Bereich der Rechtswissenschaft ist und als solche auch für die Zulassung zum 1. Staatsexamen anerkannt wird.

Diesen Weg eines integrierten Bachelors gilt es nun auf Landesebene gemeinsam mit den Universtäten vorzubereiten. Die notwendigen Änderungen im Hochschulgesetz und im JAG NRW müssen zeitnah umgesetzt werden. Das Land Nordrhein-Westfalen sollte im Sinne der Studierenden den Ankündigungen und Versprechungen zeitnah Taten folgen lassen.

II. Beschlussfassung

Der Landtag stellt fest:

  • Die Einführung eines landesweiten integrierten Bachelors der Rechtwissenschaften erkennt die akademischen Leistungen der Studierenden während ihres Studiums bis zur
  • Examenszulassung an und stellt eine sinnvolle Modernisierung des Studiums der Rechtswissenschaften dar.
  • Die Einführung des integrierten Bachelors in Rechtswissenschaften ist für viele Studentinnen und Studenten ein qualifizierter Abschluss und schafft somit Karrieremöglichkeiten in Kombination mit einem Masterstudium in einer ergänzenden Disziplin oder im Arbeitsmarkt unmittelbar.
  • Eine weitere Verzögerung einer landesweiten Regelung nimmt jungen Menschen Sicherheit und Chancen.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • zeitnah einen Zeitplan und einen Gesetzentwurf zur Änderung des JAG NRW für die kurzfristige landesweite Einführung eines integrierten Bachelors der Rechtswissenschaften vorzulegen und
  • im Austausch mit den Hochschulen eine praktikable Einführung mit Blick auf das Hochschulgesetz und die Studien- und Prüfungsordnungen der Universitäten sicherzustellen.