Auftragsvergaben und Kosten für Bilddokumentation und Social Media im Kontext von Terminbegleitungen des Ministerpräsidenten – Was finanzierte das Landespresse- und Informationsamt der Landesregierung?

Das Landespresse- und Informationsamt der Landesregierung informiert interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie die Medien regelmäßig über die Arbeit der Landesregierung, es bereitet die auswärtigen Pressetermine des Ministerpräsidenten vor, begleitet ihn dabei und bereitet sie anschließend für Medienvertreter und die allgemeine Öffentlichkeit auf, beispielsweise für die sozialen Medien. Außerdem werden Pressekonferenzen sowie anderweitige presserelevante Veranstaltungen und Events dort konzipiert und organisiert. Insbesondere die Darstellung von politischen Ereignissen in Social Media nimmt einen immer größeren Raum ein.

Weit vor der diesjährigen Landtagswahl hat das nordrhein-westfälische Innenministerium routinemäßig an seine langjährigen „Hinweise zur Aufgabenerfüllung im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen“ erinnert. Hierin wird auf das staatliche Neutralitätsgebot und die gebotene besondere Zurückhaltung in Vorwahlzeiten hingewiesen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zieht ferner bei der Öffentlichkeitsarbeit von Staatsorganen eine eindeutige Grenze. Ihnen ist von Verfassungswegen versagt, sich in amtlicher Funktion im Hinblick auf Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren und sie unter Einsatz staatlicher Mittel zu unterstützen oder zu bekämpfen bzw. die Entscheidung des Wählers durch Werbung zu beeinflussen. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus dieser Verpflichtung, sich jeder parteiergreifenden Einwirkung auf die Wahl zu enthalten, insbesondere für die Vorwahlzeit das Gebot äußerster Zurückhaltung und das Verbot jeglicher mit Haushaltsmitteln betriebener Öffentlichkeitsarbeit in Form von sogenannten Arbeitsberichten, Leistungsberichten und Erfolgsberichten (siehe BVerfG, Urteil vom 02.03.1977 - 2 BvE 1/76).

Der Bericht des Kölner Stadtanzeigers vom 3. Juni 2022 über die Unterstützung des Social-Media-Wahlkampfes des CDU-Spitzenkandidaten Hendrik Wüst wirft Fragen hinsichtlich der Rolle des Landespresse- und Informationsamtes vor allem in Wahlkampfzeiten auf.

Bei Durchsicht einiger Beiträge in sozialen Netzwerken ist zumindest fraglich, warum diese offenbar auf ihre Öffentlichkeitswirksamkeit hin ausgelegten Termine, die nach öffentlich zugänglichen Quellen häufig vor allem ein Besichtigungstermin mit dem Ministerpräsidenten gewesen sind, ausgerechnet in der heißen Wahlkampfphase stattgefunden haben. Diese Frage stellt sich beispielsweise beim „Ehrenpatentreffen mit Zwillingen im Gelsenkirchener Zoo“ oder beim „Fototermin im Krefelder Schwimmbad“.

Diese Art der Termine ist dem Vernehmen nach von professionellen Fotografen oder sogar gleich ganzen Kamerateams begleitet worden, um hochwertiges Bildmaterial anzufertigen, die den Ministerpräsidenten, der zugleich Spitzenkandidat seiner Partei gewesen ist, in den sozialen Medien gekonnt in Szene zu setzen. Auffällig ist zudem, dass selbst in der heißen Wahlkampfphase immer wieder sogenannte Crosspostings zwischen dem Instagram-Profil der Staatskanzlei (land.nrw) und dem Parteiprofil des CDU-Spitzenkandidaten Hendrik Wüst (hendrik.wuest) stattgefunden haben.

Durch eine vollständige und ausführliche Beantwortung der nachfolgenden Fragen sollte die Landesregierung die Gelegenheit nutzen, die öffentlich aufgeworfenen Fragen zur Rolle des Landespresseamtes schlüssig einzuordnen und aufzuklären.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele einzelne Einsätze externer Fotografen, Videografen und Kamerateams hat es in der gesamten 17. Wahlperiode jeweils für die Ministerpräsidenten zur Begleitung ihrer Termine, bitte unter Angabe der jeweiligen Ereignisdaten und Einsatzorte, gegeben?
  2. Wie hoch sind für die vorgenannten Terminbegleitungen der Ministerpräsidenten jeweils einzeln die durch die Beauftragung externer Fotografen, Videografen und Kamerateams im Haushalt der Staatskanzlei entstandenen vollständigen Kosten?
  3. In jeweils welchen vergaberechtlichen Verfahren ist die Auswahl der zuvor genannten externen Dienstleister für die einzelnen Beauftragungen erfolgt?
  4. Nach jeweils welchen sachlichen und fachlichen bzw. sonstigen Kriterien ist die Auswahl der zuvor genannten externen Dienstleister für die konkreten Beauftragungen erfolgt?
  5. Wie viele eigene Beschäftigte hat es in der 17. Wahlperiode in der Staatskanzlei jeweils jährlich in den Jahren 2017 bis 2022 gegeben, die sich dienstlich fotografierend oder filmend bei Terminbegleitungen der Ministerpräsidenten betätigt haben?

Ralf Witzel