Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten – Nordrhein-Westfalen muss im Bundesrat zustimmen

I. Ausgangslage

Für mehr Ordnung und Verbindlichkeit in der Migrationspolitik müssen wir die Einwanderung
von Arbeitskräften von unseren humanitären Verpflichtungen zur Aufnahme von Schutzbedürftigen unterscheiden und irreguläre Migration reduzieren. Denn nicht jeder Mensch, der zu uns kommt, kann bleiben. In diesem Zusammenhang stellt das Konzept sicherer Herkunftsstaaten ein wichtiges Instrument dar. Die aktuellen Herausforderungen für Bund, Länder und Kommunen bei der Durchführung von Asylverfahren und bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zeigen den Handlungsbedarf auf.

Für sichere Herkunftsstaaten wird grundsätzlich angenommen, dass dort aufgrund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse keine Verfolgung zu befürchten ist. Artikel 16a Absatz 3 Grundgesetz regelt, dass durch ein Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, entsprechende Staaten bestimmt werden können. Für Asylsuchende aus diesen Ländern sind beschleunigte Verfahren nach § 29a des Asylgesetzes und in der Regel eine Ablehnung des Asylantrags als „offensichtlich unbegründet“ vorgesehen.

Damit sollen Asylanträge, die von vornherein sehr geringe Erfolgsaussichten haben, schneller
entschieden werden, so dass im Falle einer Ablehnung auch die Rückkehr schneller erfolgen
kann. Neben den Mitgliedstaaten der EU sind derzeit die Westbalkan-Staaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien sowie Ghana und Senegal als sichere Herkunftsstaaten eingestuft. Die Verknüpfung der Einstufung der Westbalkan-Staaten als sichere Herkunftsländer mit der Westbalkan-Regelung zur legalen Einwanderung für Arbeitskräfte mit einem Arbeitsplatzangebot hat zu einem erheblichen Rückgang der Asyl- suchenden aus diesen Staaten geführt und damit gezeigt, dass auf diesem Weg irreguläre Migration drastisch reduziert werden kann.

Im Sinne einer geordneten Migrationspolitik sollte deshalb eine Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsländer verbunden werden mit Migrationsabkommen, die nicht nur Rücküberstellungen erleichtern, sondern auch eine Möglichkeit eröffnen, legal als Arbeitskraft nach Deutschland zu kommen.

Am 18. Januar 2019 beschloss der Deutsche Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung Georgiens, der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und
der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten (Bundestag Drs. 19/5314). Die Abstimmung im Bundesrat wurde jedoch am 15. Februar 2019 abgesetzt und seitdem nicht wieder auf die Tagesordnung genommen. Diese Vertagung erfolgte, da die in mehreren Bundesländern an der Regierung beteiligten Grünen die Initiative ablehnten und eine Zustimmungsmehrheit nicht zu erwarten war. Da für den Bundesrat der Grundsatz der Diskontinuität nicht gilt, könnte eine Abstimmung theoretisch aber wieder angesetzt werden und in der Folge eine Zustimmung erreicht werden.

Bei der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs
der Länder am 10. Mai 2023 wurde vereinbart, zeitnah einen Gesetzentwurf zur Einstufung
nach Artikel 16a Absatz 3 Grundgesetz insbesondere für Georgien und Moldau vorzulegen.
Ein entsprechender Gesetzentwurf bedarf ebenfalls der Zustimmung des Bundesrats. Daher
sollte Nordrhein-Westfalen frühzeitig seine Bereitschaft zur Zustimmung signalisieren.

II. Beschlussfassung

Der Landtag stellt fest:

Eine Einstufung als sichere Herkunftsstaaten ist ein wichtiges Instrument, um irreguläre Migration aus diesen Ländern deutlich zu reduzieren. Sie entlastet Bund, Länder und Kommunen bei der Durchführung von Asylverfahren mit sehr geringen Erfolgsaussichten und bei der Unterbringung und Versorgung der entsprechenden Asylsuchenden.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

•einem Gesetzentwurf zu der bei der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 10. Mai 2023 vereinbarten Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten im Bundesrat zuzustimmen,

•einer Einstufung der Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten im Bundesrat ebenfalls zuzustimmen,

•darauf hinzuwirken, dass entsprechende Gesetzentwürfe im Bundesrat zeitnah beraten
werden,

•sich auf Bundesebene darüber hinaus für ein regelmäßiges und geordnetes Verfahren
einzusetzen, mit dem eine Einstufung sicherer Herkunftsländer geklärt werden kann.