Berufsanerkennungsverfahren weiter digitalisieren und mit dem Einsatz von KI beschleunigen!
I. Ausgangslage
Der Fachkräftemangel ist eines der größten Wachstumshemmnisse in Deutschland und Nordrhein-Westfalen. Auf der Bundesebene war das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz ein wichtiger Schritt, um mehr ausländische Fachkräfte zu gewinnen. Bund und Länder müssen aber weiter intensiv an einer Wirtschaftswende arbeiten. Der Handlungsdruck ist unvermindert hoch. Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft gehen der deutschen Wirtschaft 2024 Produktionskapazitäten im Wert von 49 Milliarden Euro verloren, weil Fachkräfte fehlen. Nordrhein-Westfalen hebt sich bei dieser Problematik nicht von anderen Bundesländern ab.
So fehlten 2023 nach Berechnungen des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung in unserem Bundesland 80.635 qualifizierte Arbeitskräfte. Laut IHK NRW fehlen sogar über 400.000 Fachkräfte, der überwiegende Teil davon im Bereich der beruflich Qualifizierten. Dies stellt eine erhebliche Herausforderung für die Wirtschaft in unserem Bundesland dar. Um den Fachkräftemangel zu bewältigen, müssen einerseits alle verfügbaren Potentiale im Inland angesprochen werden, andererseits aber auch ausländische Fachkräfte schnell und unbürokratisch zu uns kommen können.
Für die Fachkräfteeinwanderung spielen die Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen eine zentrale Rolle. Seit dem 1. April 2012 ist das Anerkennungsgesetz auf Bundesebene in Kraft. Die Zahlen steigen seitdem an. Im Jahr 2022 wurden bundesweit 54.261 Anerkennungsverfahren beschieden. Dennoch bestehen gerade angesichts der Zunahme der Antragszahlen weiterhin erhebliche Herausforderungen. Verfahren müssen beschleunigt, vereinheitlicht und digitalisiert werden.
Zur Verbesserung von Anerkennungsverfahren hat die vorherige schwarzgrüne-Landesregierung die Zentrale Anerkennungsstelle für Gesundheitsberufe (ZAG) bei der Bezirksregierung Münster eingerichtet, um die Verfahren bei einer Stelle zu bündeln. Diese Stelle bearbeitete 2023 rund dreiviertel aller Berufsanerkennungsverfahren in Nordrhein-Westfalen. Obwohl die ZAG seit der Zentralisierung 2020/21 weiter ausgebaut wurde, kommt es dennoch zu Verzögerungen bei der Antragsbearbeitung. Es kann auch keine persönliche Beratung vor Ort stattfinden.
Für eine Beschleunigung von Anerkennungsverfahren müssen vor allem die Möglichkeiten der Digitalisierung und des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI) besser genutzt werden. Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG)-Projekt „Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen" wurde die Möglichkeit eines zentralen Onlinezugangs für Antragsverfahren zur Berufsanerkennung geschaffen. Bei der ZAG wurde die elektronische Antragstellung zunächst für den
Beruf Ärztin/Arzt umgesetzt. Weitere Heilberufe mit Approbation folgten im Herbst 2024. Bis Ende 2024 sollte eigentlich auch eine Umsetzung für Pflege- und Gesundheitsfachberufe erfolgen, für den zahlenmäßig wichtigsten Bereich der Pflegefachkräfte ist aber offensichtlich weiterhin eine postalische Einreichung erforderlich.
Der Einsatz von KI kann die zuständigen Stellen für die Berufsanerkennung entlasten und so Verfahren beschleunigen. So könnte die Übersetzung ausländischer Lehrpläne mit einem KI-Übersetzungstool den zeitaufwändigen und kostenintensiven Einsatz vereidigter Dolmetscher reduzieren. KI könnte auch bei eingereichten Unterlagen die Plausibilität prüfen. Das bayerische Gesundheitsministerium unterstützt ein entsprechendes Pilotprojekt für ärztliche Abschlüsse mit einem Budget von rund 320.000 Euro. Dabei sollen erste technische Lösungen erarbeitet werden.
Die Landesregierung spricht zwar von großen Chancen beim Einsatz von KI, hinsichtlich der Verfahren der Berufsanerkennung sollen aber zunächst nur gangbare Wege sondiert werden. Hier ist eine schnellere und konsequentere Umsetzung erforderlich. Eine Prüfung der landes- rechtlichen Anforderungen zum Einsatz von KI insbesondere im Hinblick auf Informationssicherheit und Datenschutz sollte umgehend erfolgen. Auf einen bisher unverbindlichen Austausch mit IT-Dienstleistern sollten konkrete Verhandlungen folgen. Die Förderung eines Pilotprojekts wie in Bayern könnte wichtige Impulse für die praktische Umsetzung geben.
II. Beschlussfassung
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- die digitale Antragstellung bei der Zentralen Anerkennungsstelle für Gesundheitsberufe (ZAG) für alle Gesundheitsberufe und insbesondere auch für Pflegefachkräfte zeitnah umzusetzen,
- in Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen Stellen, wie den Kammern, die digitale Antragstellung auch für Berufe außerhalb des Gesundheitswesens einzuführen,
- ein Konzept zum Einsatz von KI für die Verfahren der Berufsanerkennung zu entwickeln,
- die landesrechtlichen Anforderungen zum Einsatz von KI für Verfahren der Berufsanerkennung, insbesondere im Hinblick auf Informationssicherheit und Datenschutz, zu prüfen und darüber innerhalb von sechs Monaten in den zuständigen Fachausschüssen zu berichten sowie ggf. erforderliche Gesetzesänderungen vorzulegen,
- ein Pilotprojekt zum Einsatz von KI für Verfahren der Berufsanerkennung mit Landesmitteln zu fördern.