Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen – Steuerpflichtige nicht massenhaft in Klageverfahren zwingen

I. Ausgangslage

Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2018 ist die Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage für die Erhebung der Grundsteuer erforderlich geworden. Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Möglichkeit der Länderöffnungsklausel anders als beispielsweise unsere Nachbarländer Hessen und Niedersachsen nicht genutzt, um zu einem einfacheren und gerechteren Grundsteuermodell zu kommen. Damit kommt nun automatisch das sog. Scholz-Modell zur Anwendung. Dieses strebt eine möglichst genaue Wertermittlung für 6,7 Mio. Immobilien in Nordrhein-Westfalen an und erfordert daher eine komplexe und streitanfällige Datenerhebung, an der viele Bürger verzweifeln.

An der Verfassungsmäßigkeit der reformierten Grundsteuer bestehen jedoch starke Zweifel. In seinem Gutachten für den Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg hat beispielsweise Jura-Professor Gregor Kirchhof die Verfassungswidrigkeit des Scholz-Modells prognostiziert. Im Einzelnen führt Professor Kirchhof unter anderem aus, dass das Bewertungssystem für bebaute Grundstücke weiterhin zu kompliziert und dem Gesetzgeber keine gleichheitsgerechte Vereinfachung gelungen sei. Dies sei aber ausdrücklicher Auftrag des Bundesverfassungsgerichts gewesen. Die vielen Parameter würden sich nicht zu einem folgerichtigen Bewertungssystem verbinden.

Ein weiterer Streitpunkt ist der in einem Wertmodell sachlich nicht zu begründende Rabatt für Genossenschaftswohnungen, der erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel aufwirft. § 15 Abs. 4 Grundsteuergesetz NRW sieht einen pauschalen Steuerrabatt von 25 Prozent zu Gunsten von Genossenschaftswohnungen vor. Das führt dazu, dass in einem Mehrfamilienhaus mit teilweise genossenschaftlichen und teilweise privat vermieteten Wohnungen, die Mieter der Genossenschaft einen geringeren Grundsteuerbetrag tragen müssen als diejenigen, die bei einem nicht-genossenschaftlichen Vermieter gemietet haben. Für diese Ungleichbehandlung gibt es keinen sachlichen Grund. Denn die Einnahmen aus der Grundsteuer dienen im Kern der Bereitstellung der öffentlichen kommunalen Infrastruktur. Ob der Eigentümer einer Liegenschaft eine Genossenschaft ist oder ein sonstiger privater Vermieter, darf für die steuerliche Belastung keinen Unterschied machen.

Millionen von Grundstückseigentümern in Nordrhein-Westfalen werden bald ihre Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes erhalten. Da diese Bescheide bis dato weder einen Vorbehalt der Nachprüfung noch einen Vorläufigkeitsvermerk enthalten, müssen die betroffenen Steuerpflichtigen zur Wahrung ihrer Rechte gegen die Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes Einspruch einlegen. Werden die Einsprüche dann vom Finanzamt zurückgewiesen, können die Betroffenen ihre Rechtsposition nur wahren, indem sie bei den zuständigen Finanzgerichten Klage erheben. Dieses Vorgehen kostet die Steuerzahler Zeit und Geld und belastet zugleich die Finanzverwaltung mit unzähligen Einsprüchen sowie die Justiz mit gerichtlichen Massenverfahren.

Lösungsvorschlag:

Die von den Finanzämtern des Landes Nordrhein-Westfalen ausgestellten Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes sollten erst dann unwiderruflich Bestandskraft erhalten, wenn die Verfassungsmäßigkeit des neuen Grundsteuermodells geklärt ist.
Damit die Bevölkerung von Nordrhein-Westfalen zukünftig gleichmäßig und rechtmäßig besteuert wird, ist es daher erforderlich, dass sämtliche der Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes gemäß § 164 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen. Wenn der Bundesfinanzhof oder das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit dieser Bescheide festgestellt hat, sind sie von Amts wegen durch die Finanzämter zu ändern.

Verzichtet die Landesregierung auf diese Anordnung, so sind die Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen gezwungen, ein Einspruchs- und Klageverfahren zur Wahrung der eigenen Rechte durchzuführen. Das benachteiligt diejenigen Bevölkerungsanteile, die nicht über die entsprechende Rechtskenntnis oder aber nicht über die notwendigen Geldmittel verfügen. Darüber hinaus werden die Finanzverwaltung bzw. die Justiz durch eine Vielzahl von Einsprüchen und Gerichtsverfahren personell unnötig belastet.

II. Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, die Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen anzuweisen, sämtliche Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO zu erlassen.