Clankriminalität in NRW: Lagebild weiter ausbauen, Polizei und Staatsanwälte stärken, Statussymbole einziehen!

I. Ausgangslage

Nordrhein-Westfalen ist eine der Hochburgen der Clankriminalität in Deutschland. In der jüngsten Vergangenheit ist der bedrückende Eindruck entstanden, dass das Ausmaß der Gewalt eine neue Dimension erreicht hat: Im Juni 2023 bekämpften sich in Castrop-Rauxel über fünf Tage hinweg konkurrierende kriminelle Clans syrischer und libanesischer Herkunft auf offener Straße mit äußerster Brutalität. Ein ähnliches Bild zeigte sich in der Essener Innenstadt, als sich –ebenfalls im Juni 2023 –etwa 100 Männer vor einem Restaurant heftig angingen und prügelten.

Unterdessen lähmt sich die NRW-Landesregierung aus CDU und Grünen selbst, die Clankriminalität entschieden zu bekämpfen. Stattdessen führt die Koalition lieber theoretische Debatten über Definitionsbestimmungen des Begriffs Clankriminalität bzw. dessen Wortbedeutung. Das Problem der Clankriminalität werde nach den Worten der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Verena Schäffer zudem ohnehin nur „aufgebauscht“.

Dazu passt, dass der grüne Koalitionspartner das bundesweit etablierte polizeiliche „Lagebild Clankriminalität“ nicht weiterführen möchte. Notwendig ist jedoch vielmehr eine Weiterentwicklung des „Lagebilds Clankriminalität “durch die Landesregierung: In der Vergangenheit war Clankriminalität von türkisch-libanesischen Täterstrukturen dominiert. Die Tumulte zwischen verfeindeten libanesischen und syrischen Clans im Juni 2023 offenbaren jedoch eine veränderte Lage. Schon seit einiger Zeit sind in den von libanesisch-türkischen Clan-Kriminellen dominierten Milieus verstärkt Täter syrischer Herkunft festzustellen. Im Lagebild 2021 des Lan-
deskriminalamtes Nordrhein-Westfalen rangierten Tatverdächtige mit syrischer Abstammung schon an dritter Stelle hinter Deutschen und Libanesen. Aufgrund ihrer gestiegenen Bedeutung für den Bereich der Organisierten Kriminalität ist daher zu prüfen wie die neuen Täterstrukturen in das Lagebild Clankriminalität aufzunehmen sind.

Doch anstatt die Bekämpfung der Clankriminalität mit Nachdruck durchzusetzen, zeigt sich die Landesregierung lieber bei Fototerminen in der Düsseldorfer Altstadt oder bei Durchsuchungen von Shisha-Bars. Dabei ist die Liste der durchzuführenden Maßnahmen lang und duldet keinen Aufschub. 

Bezeichnend für die aktuelle Lage ist, dass selbst der Bund Deutscher Kriminalbeamter durch ihren Landesvorsitzenden Oliver Huth ein Ende der Ankündigungspolitik fordert. Denn die zu
geringe Personalausstattung, insbesondere im Bereich der Kriminalpolizei, bringt die Beamtinnen und Beamten an ihre Belastungsgrenzen. Die Landesregierung ist aufgerufen, die Polizei in den besonders von Clankriminalität betroffenen Kreispolizeibehörden mit zusätzlichen Kräften zu verstärken. Denn zum Werkzeugkasten für die effektive Bekämpfung der Clankriminalität gehört eine gute personelle und sachliche Ausstattung der Polizei. Ohne eine Stärkung des Personalapparats droht Nordrhein-Westfalen den Kampf gegen Organisierte Kriminalität zu verlieren.

Auch Justizminister Limbach ergreift nicht die als längst notwendig angesehenen und anerkannten Maßnahmen: Die Staatsanwaltschaften müssen insgesamt aber auch im Speziellen für den Bereich der Clan-Kriminalität massiv verstärkt werden. Allerdings zeigt sich der Justizminister auf diesem Feld ebenfalls wenig entschlossen: Fehlen doch mehr als 120 Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen, die für die polizeiliche Aufklärungsarbeit ebenso notwendig sind wie für die Beschlagnahme von Vermögenswerten. Der deutsche Richterbund kritisierte jüngst, dass diese 120 Stellen längst nicht ausreichten, es müssten 200 neue Planstellen für ganz Nordrhein-Westfalen geschaffen werden.

Unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung sind viele richtige Schritte unternommen worden, um die Clankriminalität einzudämmen. Die stetigen Kontrollen durch die Polizei und Ordnungskräfte haben die zuvor vielfach nahezu ungestört operierenden Clans aufgeschreckt und ihre Geschäftstätigkeit empfindlich gestört. Unser Dank gilt den mutigen Beamten und Einsatzkräften, die mit hohem Einsatz und eigenem Risiko im Kampf gegen Organisierte Kriminalität für unsere Sicherheit sorgen. Die von Innenminister Reul ausgerufene Strategie der 1.000 Nadelstiche ist jedoch an ihre Grenzen gestoßen und muss nicht nur mit spürbar mehr
Ressourcen bei der Polizei und Justiz hinterlegt, sondern auch dringend weiterentwickelt werden: Denn das effizienteste Mittel im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität ist die Vermögensabschöpfung.

Im Jahre 2021 ermittelten die Behörden wegen 5.462 Straftaten gegen Clanmitglieder. In nur 29 (!) Strafverfahren wurden vermögensabschöpfende Maßnahmen gegen Clanmitglieder in Höhe von 10,2 Millionen Euro durchgeführt. Das ist eine überaus geringe Anzahl von Sicherstellungen - und angesichts der Einnahmen der Familienclans in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro inakzeptabel.

Dabei hat die schwarz-grüne Landesregierung mit der Strafprozessordnung (StPO) des Bundes den notwendigen Werkzeugkasten an der Hand, um die Organisierte Kriminalität effektiv zu bekämpfen. Die StPO ermöglicht die umfassende Sicherstellung kriminellen Vermögens, also auch die Beschlagnahme von Vermögensgegenständen wie Luxusautos, Uhren und weiterer Statussymbole.

Darüber hinaus müssen die Ermittlungseinheiten besser miteinander vernetzt werden. Wir wissen: Der Informationsaustausch funktioniert nicht so, wie er könnte und wie er müsste. Gerade die Finanzämter für Steuerstrafsachen sind intensiver in die Ermittlungsprozesse einzubinden,  denn sie wissen, ob Clanmitglieder überhaupt offiziell Einkünfte erzielen, aus denen sie ihre Statussymbole finanzieren könnten.

Im Jahr 2018 wurde dieses Problem durch die schwarz-gelbe Vorgängerregierung erkannt und in Zusammenarbeit der Bereiche Innen, Justiz und Finanzen wurden 58 Stellen geschaffen, um eine schlagkräftige Sondereinheit aufzubauen. Diese Task Force NRW setzte sich aus Steuerfahndern, Polizisten, Staatsanwälten und IT-Spezialisten zusammen und bestand im Jahr 2022 aus 18 Polizeibediensteten, 53 Personen aus dem Bereich der Steuerfahndung sowie zwei Oberstaatsanwälten und einer Staatsanwältin. Diese Einheit muss auch innerhalb des neu geschaffenen Landesfinanzkriminalamts (LFK) weiter ausgebaut und verstärkt werden, um der Clankriminalität effizient die Stirn bieten zu können.

II. Beschlussfassung:

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • das „Lagebild Clankriminalität“auch für die nachfolgenden Jahre weiterzuschreiben sowie insbesondere fortzuentwickeln, indem die aktuellen Entwicklungen in der Organisierten Kriminalität in den Lagebericht einbezogen werden.
     
  • inkriminiertes Vermögen umfassend sicherzustellen und die Sicherstellungsmaßnahmen auch auf Vermögensgegenstände wie Luxusautos, Uhren und weitere Statussymbole zu erweitern. Dafür ist die ressortübergreifende Task Force zur Bekämpfung von Finanzierungsquellen Organisierter Kriminalität und Terrorismus tätigen Ermittlerinnen und Ermittler weiter zu stärken und die Task Force schneller auszubauen.
     
  • die Polizei und insbesondere die Kriminalpolizei im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität umgehend zu verstärken und im Bereich der Justiz die offenen Staatsanwaltsstelle schnellstmöglich zu besetzen.
     
  • die Ermittlungsbehörden insgesamt derart miteinander zu vernetzen, dass ein Informationsaustausch zwischen den Einheiten sichergestellt wird. In diesen Informationsaustausch sind insbesondere die Finanzämter für Steuerstrafsachen einzubeziehen.