Das erste Fusionskraftwerk soll in Nordrhein-Westfalen stehen – Jetzt die Weichen für die Energieversorgung der Zukunft stellen

I.          Ausgangslage 

Die Kernfusion gilt als eine der vielversprechendsten Energiequellen der Zukunft. Sie beschreibt den Prozess, bei dem leichte Atomkerne zu schwereren verschmelzen und dabei enorme Energiemengen freisetzen – ein Vorgang, der auch im Inneren der Sonne abläuft. Damit eröffnet die Fusionstechnologie die Möglichkeit, saubere, sichere und nahezu unbegrenzt verfügbare Energie zu erzeugen. Aus einem Gramm Fusionsbrennstoff kann so viel Energie gewonnen werden wie aus elf bis dreizehn Tonnen Steinkohle oder Öl. Im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen entstehen dabei keine klimaschädlichen Treibhausgase und aufgrund der physikalischen Eigenschaften der Reaktion sind unkontrollierte Kettenreaktionen ausgeschlossen. Der entstehende Abfall ist nur geringfügig radioaktiv und über kurze Zeiträume aktiv.

Die für die Kernfusion benötigten Brennstoffe – insbesondere Deuterium und Lithium – sind weltweit in Wasser und Gestein nahezu unbegrenzt vorhanden. Damit bietet die Fusionsenergie langfristig die Aussicht auf eine verlässliche, klimaneutrale und wirtschaftlich tragfähige Energiequelle, die eine Antwort auf den steigenden Strombedarf der Zukunft gibt. Sie kann helfen, die Stromversorgung zu stabilisieren und Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wenn Wind- und Solaranlagen witterungsbedingt nicht genügend Energie liefern. Die Kernfusion steht dabei nicht in Konkurrenz zum Ausbau der erneuerbaren Energien, sondern ergänzt diesen perspektivisch sinnvoll, sie kann den Ausbau der Erneuerbaren Energien um eine grundlastfähige und planbare Komponente erweitern und damit insbesondere in der Post-Energiewende-Zeit einen wichtigen Beitrag zur Stabilität und Resilienz des Energiesystems leisten.

Mit der Einsetzung der sogenannten Zukunftskommission durch Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers im Jahr 2008 hat die damalige Landesregierung bereits einen wichtigen Impuls für die strategische Ausrichtung Nordrhein-Westfalens auf zentrale Zukunftsfragen gegeben. Unter dem Vorsitz von Lord Ralf Dahrendorf legte die Kommission im April 2009 ihren Bericht „NRW 2025“ vor, in dem sie ausdrücklich eine Intensivierung der Forschung im Bereich der Kernfusion empfahl. Sie erkannte schon damals das Potenzial dieser Technologie für eine sichere, saubere und zukunftsfähige Energieversorgung. Die heutigen Entwicklungen knüpfen somit an eine bereits vor über anderthalb Jahrzehnten angelegte strategische Orientierung des Landes an und bieten die Chance, diese früh formulierte Vision nun in konkrete politische und technologische Schritte umzusetzen.

Die Fusionsforschung hat seitdem und insbesondere in den vergangenen Jahren international erhebliche Fortschritte erzielt. Der Nachweis, dass bei einem Fusionsprozess mehr Energie freigesetzt wurde, als zuvor eingesetzt werden musste, gelang im Dezember 2022 an der National Ignition Facility in den Vereinigten Staaten. Auch in Europa wurden mit dem Joint European Torus (JET) in Großbritannien und dem Wendelstein 7-X in Greifswald wichtige Meilensteine erreicht. Parallel dazu entwickeln weltweit über 50 Unternehmen, darunter auch deutsche Start-ups wie Marvel Fusion, Focused Energy oder Gauss Fusion, technologische Konzepte für kommerzielle Fusionskraftwerke. Das Münchner Start-up Proxima Fusion warb jüngst 130 Millionen Euro ein, um damit zentrale Elemente eines Fusionskraftwerks auf Stellarator-Basis fertigzustellen. Eine Rekordfinanzierung, da das Kapital die größte private Investition in die Kernfusion in Europa darstellt.

Diese Entwicklungen zeigen, dass der Übergang von der Grundlagenforschung hin zur industriellen Anwendung in greifbare Nähe rückt. Auf der anderen Seite zeigt sich beim Blick auf Regionen außerhalb Europas, dass der Wettlauf im vollen Gange ist. In den USA hat der Öl- und Gaskonzern Eni einen ersten Stromvertrag mit Commonwealth Fusion Systems abgeschlossen. Hierbei wurde vereinbart, Strom im Wert von einer Milliarde US-Dollar von einem Fusionskraftwerk zu kaufen. Zudem hat die Regierung der USA und das US-Energieministerium DOE bereits 2024 Maßnahmen und Investitionen zur Beschleunigung der Fusionsenergieentwicklung vorgestellt. Mit einer Fusionsenergiestrategie und 180 Millionen USD (167,4 Mio. EUR) sollen Forschung sowie internationale und öffentlich-private Partnerschaften im Bereich Fusionsenergie gefördert werden. Auch China verdeutlicht seine Ambitionen in der Fusionsforschung und in der Stärkung der eigenen Fusionsenergieindustrie. China investiert massiv in die Kernfusion, mit dem Ziel, bis 2035 einen industriellen Prototyp zu schaffen und bis 2050 kommerzielle Kraftwerke zu betreiben. Die Förderung ist staatlich und umfasst erhebliche öffentliche Investitionen, die bis 2025 mehr als 6 Milliarden US-Dollar für den CFETR (China Fusion Engineering Test Reactor) betrugen und sich in den 2020er Jahren insgesamt auf über 12 Milliarden US-Dollar belaufen könnten. Im Osten von China wird allein für 570 Millionen Dollar ein Fusionsforschungspark errichtet. Europa und Deutschland dürfen nicht den Anschluss verlieren. Nordrhein-Westfalen kann hierbei einen wichtigen Beitrag leisten.

Als führender Industriestandort mit hoher Energienachfrage und einer dichten Forschungslandschaft ist Nordrhein-Westfalen prädestiniert, eine Schlüsselrolle bei der Erforschung und Anwendung dieser Zukunftstechnologie zu übernehmen. Das Forschungszentrum Jülich leistet mit seinem Institut für Plasmaphysik bereits heute herausragende Beiträge zur europäischen Magnetfusionsforschung im Rahmen des EUROfusion-Verbundes. Auch an den Universitäten Münster, Bochum und Düsseldorf sowie am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik in Aachen bestehen wesentliche Kompetenzen in den Bereichen Plasmaphysik, Materialforschung und Lasertechnologie, die für den technologischen Fortschritt der Fusion von zentraler Bedeutung sind. Neben weiteren Alternativen bietet insbesondere das Rheinische Revier mit seinen im Strukturwandel entstehenden Flächen geeignete Standorte für neue Großforschungsprojekte und industrielle Anwendungen. Die Nutzung dieser Chancen könnte dazu beitragen, die Region langfristig zu einem Zentrum für Zukunftsenergie und Hochtechnologie zu entwickeln.

Auch aus praktischen Gründen ist eine Stärkung und Ansiedlung der Fusionstechnologie in Nordrhein-Westfalen sinnvoll. Der Strombedarf in Deutschland und insbesondere in Nordrhein-Westfalen wird in den kommenden Jahren deutlich ansteigen. Der industrielle Strukturwandel, die fortschreitende Digitalisierung und die Transformation hin zu einer emissionsärmeren Wirtschaft und Gesellschaft führen dazu, dass immer größere Energiemengen benötigt werden. Schon heute zeigt sich, welch immense Strommengen einzelne Großunternehmen verbrauchen: Allein der Chemiekonzern BASF benötigt am Standort Ludwigshafen rund 5,3 Terawattstunden (TWh) pro Jahr, was etwa einem Prozent des gesamten deutschen Stromverbrauchs entspricht. Auch in Nordrhein-Westfalen werden bestehende Industrieunternehmen – insbesondere in den Bereichen Chemie, Stahl, Zement, Maschinenbau und Halbleiterproduktion – künftig mehr elektrische Energie benötigen, um fossile Prozesse durch klimaneutrale Alternativen zu ersetzen.

Hinzu kommt der rapide steigende Strombedarf durch digitale Infrastrukturen und Anwendungen künstlicher Intelligenz. Rechenzentren haben in Deutschland bereits einen Anteil von knapp vier Prozent am gesamten Stromverbrauch – Tendenz stark steigend. Nach Berechnungen des Branchenverbands Bitkom wird der Stromverbrauch von Rechenzentren bis 2030 um bis zu 57 Prozent zunehmen. Besonders in Nordrhein-Westfalen, wo sich zunehmend datenintensive Forschungseinrichtungen und Unternehmen ansiedeln, wird dieser Trend spürbar. So wird allein der Energiebedarf des Hochleistungsrechners JUPITER am Forschungszentrum Jülich im Mittel etwa 11 Megawatt betragen. Mit der geplanten Ansiedlung neuer Rechenzentren großer Technologieunternehmen wie Microsoft in Nordrhein-Westfalen wird der zusätzliche Strombedarf weiter erheblich wachsen. Diese Entwicklungen verdeutlichen, dass der Energiebedarf in den kommenden Jahrzehnten nicht nur konstant bleiben, sondern in nahezu allen Sektoren weiter zunehmen wird.

Vor diesem Hintergrund kommt der Entwicklung neuer, leistungsfähiger und zugleich klimaneutraler Energiequellen eine zentrale Bedeutung zu. Die Fusionsenergie kann hierbei langfristig einen entscheidenden Beitrag leisten – als verlässliche, grundlastfähige und nahezu unbegrenzt verfügbare Stromquelle innerhalb eines nachhaltigen, stabilen und resilienten Energiesystems. Sie bietet die Möglichkeit, den steigenden Strombedarf einer hochindustrialisierten und digitalisierten Gesellschaft zu decken, ohne dabei Abhängigkeiten von fossilen Energieträgern zu verstärken oder die Versorgungssicherheit zu gefährden. Darüber hinaus birgt die Entwicklung der Fusionsenergie das Potenzial, auch einen globalen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Denn Fusionskraftwerke könnten auch dort eingesetzt werden, wo der Ausbau von Wind-, Wasser- oder Solarenergie aufgrund geographischer, wirtschaftlicher oder politischer Bedingungen nur eingeschränkt möglich ist. Der Export dieser Technologie wäre somit nicht nur ein erheblicher wirtschaftlicher Gewinn für Nordrhein-Westfalen und Deutschland, sondern auch ein wirksames Instrument internationaler Klimapolitik.

Um das Potenzial der Fusionsenergie voll zu entfalten, bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund und Ländern. Öffentliche Förderung und gezielte Investitionen in Forschung, Entwicklung und Infrastruktur können – ergänzt durch privates Kapital und unternehmerische Initiative – einen starken wirtschaftlichen Impuls auslösen. Die Fusionsforschung hat längst die Schwelle von der reinen Grundlagenwissenschaft zur anwendungsorientierten Technologie überschritten und zahlreiche Start-ups sowie Industrieunternehmen stehen bereit, diese Entwicklung marktwirtschaftlich zu begleiten. Wenn Bund und Land gemeinsam einen verlässlichen politischen und finanziellen Rahmen schaffen, kann daraus ein dynamisches Fusionsökosystem entstehen, das weit über die Energieerzeugung hinauswirkt: Neue Wertschöpfungsketten, hochwertige Arbeitsplätze in Wissenschaft, Industrie und Handwerk sowie zusätzliche Steuereinnahmen sind die Folge. Nordrhein-Westfalen kann so nicht nur wissenschaftlicher, sondern auch industrieller Motor einer aufstrebenden Zukunftsbranche werden und sich als international wettbewerbsfähiger Standort für Hochtechnologie und nachhaltige Energiegewinnung profilieren.

II.           Handlungsbedarf

Bereits im Juni 2024 veröffentlichte die ehemalige Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger, das Förderprogramm Fusion 2040 und formulierte die klare Absicht, die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Energiegewinnung aus Kernfusion zu schaffen. Mit dem am 1. Oktober 2025 veröffentlichten „Aktionsplan der Bundesregierung – Deutschland auf dem Weg zum Fusionskraftwerk“ hat die neue Bundesregierung nun endgültig die Weichen für eine neue Phase der Fusionsforschung und -entwicklung in Deutschland gestellt. Auf Basis der bisherigen Fördermaßnahmen verfolgt das neu zuständige Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) das klare Ziel, das weltweit erste Fusionskraftwerk sowie die notwendige industrielle und wissenschaftliche Infrastruktur in Deutschland zu errichten. Dafür sollen in der laufenden Legislaturperiode Fördermittel in Höhe von über zwei Milliarden Euro bereitgestellt werden. Als wirtschaftlich größtes und energieintensivstes Bundesland, das dank seiner starken Forschungslandschaft bereits entscheidende Beiträge in der Grundlagenforschung geleistet hat, muss Nordrhein-Westfalen angesichts dieser Ankündigung klar den Anspruch formulieren, dass das erste Fusionskraftwerk und auch ein Großteil der Fördergelder in unser Bundesland gehören.  

Der Aktionsplan sieht darüber hinaus vor, neben einer deutlichen Stärkung der Forschungsförderung und einem neuen Regulierungsrahmen im Strahlenschutzgesetz, den Aufbau eines umfassenden Fusionsökosystems in Deutschland voranzutreiben. Dazu gehören insbesondere neue Kompetenz- und Exzellenzzentren (Hubs), in denen wissenschaftliche und industrielle Expertise gebündelt und für die Entwicklung von Fusionskraftwerken nutzbar gemacht werden soll. Zusätzlich soll auch der Auf- und Ausbau von Forschungsinfrastrukturen und Technologiedemonstratoren mit weiteren Mitteln aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität unterstützt werden. Bereits bis Ende des ersten Quartals 2026 sollen die Förderbekanntmachungen veröffentlicht werden. Für eine erfolgreiche Förderzusage wird es unabdingbar sein, dass die Standorte sich einerseits mit überzeugenden wissenschaftlichen, infrastrukturellen und industriellen Voraussetzungen, andererseits aber auch mit einem klaren politischen Bekenntnis und Handlungsleitfaden bewerben.

Damit entsteht ein erheblicher zeitlicher Handlungsdruck für Nordrhein-Westfalen, seine Kompetenzen zu bündeln und den Anspruch als führende Region der Fusionsforschung  aktiv geltend zu machen. Andere Bundesländer haben den Ernst der Lage bereits erkannt und konkrete Initiativen gestartet, um sich im bundesweiten Wettbewerb zu positionieren. Bayern hat bereits im Jahr 2023 einen umfassenden Masterplan Kernfusion verabschiedet und verfügt mit dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching, den Unternehmen Marvel Fusion, Proxima Fusion und Gauss Fusion sowie weiteren Forschungsinstitutionen über eine herausragende Ausgangslage und bringt sich frühzeitig als Standort für eines der geplanten Kompetenzzentren sowie das erste Fusionskraftwerk in Stellung.

In Sachsen wurden etwa zeitgleich mit der Ankündigung des BMFTR die Etablierung eines landesweiten Kompetenznetzwerkes zu Zukunftstechnologien der Kernfusion, SAXFUSION, verkündet. Ziel ist es, die Fusionsenergie als saubere, sichere und grundlastfähige Energiequelle voranzubringen, Kompetenzen strategisch auszubauen und die Ergebnisse für Industrie und Gesellschaft nutzbar zu machen. Das Vorhaben wird vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) koordiniert, die Co-Leitung liegt beim Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS). Weitere sächsische Forschungseinrichtungen sind beteiligt, und die Europäische Union sowie der Freistaat Sachsen fördern das Projekt mit rund 2,4 Millionen Euro aus dem Just Transition Fund (JTF).

Auch Hessen hat sich klar positioniert. Ministerpräsident Boris Rhein hat bereits im Sommer 2025 bei einem Spitzentreffen am ehemaligen Kernkraftwerkstandort Biblis die laserbasierte Kernfusion als Schlüsseltechnologie bezeichnet und angekündigt, Hessen zu einem Leitstandort für Spitzenforschung und Entwicklung in diesem Bereich zu machen. In Biblis soll eine Demonstrationsanlage entstehen, die später zu einem Fusionskraftwerk ausgebaut werden könnte. Das Land will dazu Wirtschaft und Forschung eng vernetzen und einen technologieoffenen Energiemix voranbringen, um Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit zu gewährleisten.

Diese Beispiele zeigen: Der Wettbewerb um Fördermittel, Forschungseinrichtungen und Standortentscheidungen ist in vollem Gange. Nordrhein-Westfalen verfügt zwar über ein herausragendes wissenschaftliches und industrielles Fundament – insbesondere mit dem Forschungszentrum Jülich, den Universitäten Münster, Bochum und Düsseldorf sowie dem Fraunhofer-Institut für Lasertechnik in Aachen –, doch ohne ein rasches, abgestimmtes und strategisches Vorgehen droht das Land, im nationalen und internationalen Vergleich an Einfluss zu verlieren. Bislang scheint der schwarz-grünen Landesregierung in dieser Hinsicht eindeutig der politische Wille zu fehlen: Eine landesweite Strategie, einen Masterplan, Forschungsförderung oder auch nur das Wort „Kernfusion“ sucht man in Koalitionsvertrag, Anträgen und Gesetzestexten der Landesregierung vergeblich.

Der Aktionsplan des Bundes fordert ausdrücklich die Mitwirkung der Länder bei der Umsetzung und Vernetzung von Forschung, Ausbildung und Industrie. Um diese Chance zu nutzen und Nordrhein-Westfalen als führenden Standort im entstehenden Fusionsökosystem zu verankern, Bundesfördermittel erfolgreich einzuwerben und das  erste Fusionskraftwerk hier in Nordrhein-Westfalen zu errichten, ist jetzt entschlossenes Handeln der Landesregierung erforderlich. Es gilt, die vorhandenen wissenschaftlichen Kompetenzen und industriellen Strukturen zu bündeln, eine landesseitige Koordination aufzubauen und die Fördervoraussetzungen so zu gestalten, dass sich Nordrhein-Westfalen erfolgreich um eines der geplanten Kompetenzzentren bewerben und als führender Standort für zukünftige Fusionsforschung und -entwicklung profilieren kann.

III.          Beschlussfassung 

Der Landtag stellt fest: 

  • Die Energiegewinnung aus Kernfusion eröffnet als saubere, sichere und nahezu unbegrenzt verfügbare Technologie ein enormes Potenzial für eine klimaneutrale, zuverlässige und wirtschaftlich tragfähige Energieversorgung. Sie ergänzt den Ausbau der erneuerbaren Energien um eine grundlastfähige Komponente und kann langfristig zu einer sicheren und unabhängigen Energieversorgung beitragen.
     
  • Nordrhein-Westfalen verfügt mit seiner starken industriellen Basis und Forschungslandschaft über herausragende Kompetenzen in der Fusionsforschung und eine gute Ausgangsposition, um eine führende Rolle bei der Entwicklung, Anwendung und industriellen Umsetzung von Fusionstechnologien einzunehmen.
     
  • Gleichzeitig fehlt es bislang an einem klaren politischen Bekenntnis der Landesregierung zur Fusionstechnologie. Nordrhein-Westfalen droht, im Vergleich mit anderen Bundesländern, die die Fusionstechnologien bereits politisch unterstützen, zurückzufallen, solange die Landesregierung nicht entschlossen handelt, um die eigenen Potenziale zu bündeln und im entstehenden nationalen Wettbewerb um Fördermittel, Forschungseinrichtungen und Standorte eine führende Rolle einzunehmen.
     
  • Angesichts des von der Bundesregierung ausgegebenen Ziels, das weltweit erste Fusionskraftwerk in Deutschland zu errichten, muss der hiesige Anspruch lauten: Das erste Fusionskraftwerk soll in Nordrhein-Westfalen stehen.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, 

  • sich klar zu Kernfusionstechnologie und ihren Potentialen zu bekennen und sich aktiv für die angekündigten Fördermittel und Programme des Bundes zu bewerben, um Nordrhein-Westfalen zu einem international führenden Hochtechnologiestandort für die Fusionsenergie zu entwickeln.
     
  • klar den Anspruch zu erheben, dass Nordrhein-Westfalen als wirtschaftlich führendes und energieintensivstes Bundesland mit seiner starken industriellen und wissenschaftlichen Basis der Standort für das  erste Fusionskraftwerk sein muss.
     
  • in landesseitiger Vorbereitung dazu einen Masterplan „Kernfusion in Nordrhein-Westfalen“ zu entwickeln, der eine strategische Gesamtplanung für Forschung, Entwicklung und industrielle Anwendung der Fusionsenergie im Land beinhaltet, darunter fallen zentrale Maßnahmen wie
     
    • die Einsetzung einer unabhängigen Expertenkommission, die unter Einbindung von Wissenschaft, Industrie, Start-ups und Verbänden Handlungsempfehlungen für eine Landesstrategie Kernfusion erarbeitet,
    • die Einrichtung einer landesweiten Koordinierungsplattform, über die Aktivitäten von Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Förderinstitutionen gebündelt und der Austausch mit dem Bund und der Europäischen Union organisiert werden,
    • den Aufbau eines landesseitigen Fusionsclusters, beispielsweise im Rheinischen Revier in Anbindung an das Forschungszentrum Jülich, um dort Forschung, Entwicklung und industrielle Umsetzung zu vernetzen, Fördermittel zielgerichtet zu nutzen und einen Beitrag zum Strukturwandel zu leisten,
    • die Schaffung landeseigener Forschungs- und Innovationsförderprogramme für Fusions- und verwandte Schlüsseltechnologien (z. B. Materialforschung, Lasertechnik, Plasmaphysik), um Bundes- und EU-Förderprogramme gezielt zu ergänzen.
       
  • sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass der im Aktionsplan der Bundesregierung vorgesehene spezifische Rechtsrahmen im Strahlenschutzgesetz geschaffen und zügig umgesetzt wird, um Investitionssicherheit für Forschung und Industrie zu gewährleisten.

  • sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die im Aktionsplan vorgesehene Ausbildungs- und Fachkräfteoffensive zügig gestartet und durch entsprechende landespolitische Maßnahmen flankiert wird, etwa durch neue Studiengänge, Professuren und Weiterbildungspartnerschaften mit der Industrie.
     
  • sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Maßnahmen zur Akzeptanzförderung und Öffentlichkeitsarbeit zur Fusionsenergie bundesweit koordiniert und durch das Land unterstützt werden, um frühzeitig Transparenz, Information und gesellschaftliche Akzeptanz sicherzustellen.
     
  • sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die im Aktionsplan vorgesehenen internationalen Kooperationen und Partnerschaften aktiv begleitet und mit den bestehenden Netzwerken nordrhein-westfälischer Stakeholder verknüpft werden.