Die Kultur- und Kreativwirtschaft in Nordrhein-Westfalen weiter unterstützen – durch Crowdfunding-Plattformen!
I. Ausgangslage
Der Kunst- und Kulturbetrieb in Nordrhein-Westfalen musste zusammen mit der Kulturwirtschaft in den letzten drei Jahren herausfordernde Zeiten durchstehen. Nach den harten Einschränkungen der Corona-Pandemie und der angespannten Energieversorgungslage des letzten Winters haben sich Kultureinrichtungen, kulturelle Infrastruktur und Kulturschaffende noch nicht vollends erholt.
Um die Vielfalt und Lebendigkeit dieser Szene zu erhalten, sind Hilfsprogramme von Seiten des Bundes und des Landes zur Unterstützung eingeleitet worden. Zeitgleich bleiben jedoch alte Probleme wie eine andauernde Projektfinanzierung, bürokratische Förderprozesse und mangelnde Digitalisierung in diesem Kontext bestehen. Diese vielfältige Problemlage lässt sich nicht zeitnah lösen.
Damit die besondere Vielfalt der nordrhein-westfälischen Kultur- und Kreativwirtschaft mit ihrer hohen Qualität nicht weiter einbricht, gilt es neue Strategien zur Unterstützung zu entwickeln. Um dabei sowohl die künstlerische Szene von innen heraus zu stärken als auch neue Förderer einzubinden, bietet sich eine kulturelle Crowdfunding-Plattform an: Beim Crowdfunding unter- stützt eine Vielzahl von Menschen ein (kulturelles) Projekt finanziell und ermöglicht auf diese
Weise dessen Umsetzung. Der Initiator entwickelt ein Projekt und stellt es auf einer digitalen Crowdfunding-Plattform vor. Damit es für die Unterstützer einen Anreiz zur Mitfinanzierung gibt, werden unterschiedlichste Gegenleistungen angeboten. Die Förderer werden so an das Zustandekommen des Projekts gebunden. Ob ein Projekt realisiert wird, wird direkt durch die Crowd entschieden.
Crowdfunding wäre dabei mehr als nur ein Finanzierungsmittel, denn jede Künstlerin und jeder Künstler ist ihr/sein eigener Unternehmer. Crowdfunding qualifiziert, indem es betriebswirtschaftliches Know-how und Handwerkszeug vermittelt und professionelles Audience Development ermöglicht: Projektinitiatoren müssen sich beim Crowdfunding bereits zu Projektstart mit Zielgruppenanalyse, Kommunikation und Marketing, Werbung und PR für ihr Projekt auseinandersetzen. Eine NRW-weite Crowdfunding-Plattform würde dabei helfen, das Projekt der Öffentlichkeit sichtbar zu machen und für Aufmerksamkeit zu sorgen. In einer Folgefinanzierung könnte Crowdfunding zudem als Erfolgsnachweis dienen und die Verhandlungsposition bei möglichen Investoren und Unterstützern erheblich verbessern.
Das Prinzip des Crowdfundings ist in Nordrhein-Westfalen nicht unbekannt. Über das Kompetenzzentrum Kreativwirtschaft des Landes „creative.nrw“ steht in Zusammenarbeit mit der bundesweiten Crowdfunding-Plattform „startnext“bereits eine entsprechende Plattform zur Verfügung. Damit sollen Ideen und Projekte aus der Kultur- und Kreativwirtschaft gebündelt und branchenübergreifend bekannt gemacht werden. Verantwortlich dafür ist das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (MWIKE). Über das Ministerium für Kultur und Wissenschaft (MKW) wird dieses Projekt bisher nicht beworben.
Eine landesweite Crowdfunding-Plattform kann dazu beitragen, die Kulturszene Nordrhein-Westfalens noch sichtbarer und erfahrbarer zu machen. Zusätzlich lässt sich dadurch das Potenzial einer der kreativsten Regionen Europas ausbauen. Perspektivisch liegt in der Kombination von Crowdfunding und öffentlicher Förderung erhebliches Potential zur Steigerung der Qualität und zum Erfolg der geförderten Projekte: Kultur- und Kreativschaffende können den Förderern belegen, dass es einen Markt und eine Crowd für das entsprechende Vorhaben gibt. Für Nordrhein-Westfalen bedeutet eine eigene Kultur-Crowdfunding-Plattform neben einer Förderung des positiven Images in der Kreativszene auch Bürgernähe und Transparenz.
Gleichzeitig wird die Kulturszene in ihrer Breite und Vielfalt über die verschiedenen Sparten hinweg gestärkt. Akteurinnen und Akteure erhalten so bestmögliche Bedingungen für die qualitative Weiterentwicklung ihres Programms. Damit lassen sich deren Angebote für ein möglichst großes und vielfältiges Publikum erschließen.
Dies kann insbesondere der Freien Szene nutzen, in der mit viel Engagement und häufig unter angespannten finanziellen Bedingungen gearbeitet wird. Bis die Absicht der Landesregierung, die soziale Lage von Künstlerinnen und Künstlern zu verbessern oder der Freien Szene den Zugang zur Landesförderung zu erleichtern, realisiert wird, kann eine Crowdfunding-Plattform die Kulturschaffenden in ihrer Arbeit unterstützen. Ebenso könnte damit der Kulturszene im ländlichen Raum geholfen und für größere Aufmerksamkeit gesorgt werden. Auch die kulturelle Infrastruktur würde davon profitieren ebenso wie die Digitalisierung voranschreiten würde.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
- Der Kunst- und Kulturbetrieb in Nordrhein-Westfalen benötigt weiterhin Unterstützung.
- Die Unterstützung des Kunst- und Kulturbetriebs darf und kann sich nicht in der reinen öffentlichen Förderung erschöpfen.
- Es bedarf dabei neuer innovativer Wege der Unterstützung.
- Kulturelles Crowdfunding ist bürgerschaftliches Engagement und ermöglicht Partizipation und Identifikation durch eine enge Bindung zwischen Geldgeber und Projekt.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
- die Crowdfunding-Plattform „creative.nrw“des Kompetenzzentrums Kreativwirtschaft insbesondere für strukturbildende Maßnahmen der Freien Szene in Nordrhein-Westfalen zu öffnen.
- diese Öffnung mit geeigneten Kommunikations- und Marketingmaßnahmen zu begleiten.
- entsprechende Beratungs- und Schulungsangebote zur erfolgreichen Durchführung von Crowdfunding-Kampagnen anzubieten.
- die Crowdfunding-Plattform in Ergänzung zu bestehenden Förderprogrammen der Kulturbranche einzubinden. Über Planung und Realisierung dieser NRW-weiten Crowdfunding-Plattform regelmäßig den Ausschuss für Kultur und Medien im Landtag zu informieren.