Drohnenstrategie für Nordrhein-Westfalen: klare Regeln für Nutzung, Kontrolle und Abwehr – Nordrhein-Westfalen braucht ein Drohnengesetz

I. Ausgangslage

Drohnen sind längst kein Nischenphänomen mehr. Sie finden breite Anwendung: militärisch, im zivilen Bereich, bei Unternehmen, bei Sicherheitsbehörden, aber auch durch kriminelle oder staatliche Akteure aus dem Ausland.

Aktuelle Vorfälle in Europa zeigen die sicherheitspolitische Brisanz: In der Ukraine sind Drohnen längst ein zentrales Instrument moderner Kriegsführung geworden, immer wieder kommt es zu Übergriffen auch auf zivile Infrastrukturen. Mehrere europäische Staaten melden immer wieder Überflüge von Drohnen über Kritischer Infrastruktur, militärischen Einrichtungen, Regierungs- und Behördengebäude, Häfen, Verkehrsknotenpunkten, Industrieanlagen und Flughäfen. Doch Drohnen unbekannter Halter überfliegen nicht nur das europäische Ausland, sondern überfliegen auch das Bundegebiet und Nordrhein-Westfalen. Woher solche Drohnen stammen, ob und wie sie ausspähen, welche Daten sie sammeln und wer dahintersteckt, ist unbekannt. Im vergangenen Jahr sind in Nordrhein-Westfalen 232 Fälle von Drohnensichtungen polizeilich erfasst worden, die Tendenz ist steigend.

Diese Beispiele machen deutlich: Drohnen stellen eine reale Bedrohung für die äußere und innere Sicherheit dar. Sie können zur Spionage, Sabotage oder zur Gefährdung von Menschen in dicht besiedelten Räumen genutzt werden. Die bestehenden Regelungen zur Drohnenabwehr sind unzureichend, Kompetenzen sind unklar und die Verantwortung wird zwischen Bundeswehr und Bundespolizei hin- und hergeschoben. Auf Bundesebene fehlt es an einer Überarbeitung des Luftsicherheitsgesetzes und der Verabschiedung eines KRITIS-Dachgesetzes, sodass dringender Handlungsbedarf besteht, der auch in anderen Bundesländern erkannt worden ist. Erst kürzlich kündigten Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sowie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an, ein Drohnenabwehr-Gesetz auf den Weg zu bringen, sowie ergänzend ein bayrisches Drohnenzentrum einzurichten. Die CSU möchte in Bayern ein eigenes Landesgesetz, in welchem der Polizei die rechtliche Möglichkeit gegeben wird, Drohnen sehr schnell und selbstständig abschießen zu dürfen.

Neben der internationalen und bundesweiten Dimension rückt zunehmend die Frage in den Blick, wie auch staatliche Stellen in Nordrhein-Westfalen ihrerseits Drohnen einsetzen. Die FDP-Fraktion hat bereits in ihrer Großen Anfrage (Drs. 18/9013) auf erhebliche Rechtsunsicherheiten hingewiesen. Die Antwort der Landesregierung (Drs. 18/10805) bestätigt, dass keine einheitliche Gesetzesgrundlage für behördliche Drohneneinsätze besteht und somit keine Handlungsgrundlagen für Landesbehörden, sowie kommunalen Behörden existieren. Dabei werden Drohnen in der nordrhein-westfälischen Verwaltungspraxis durchaus vielfältig eingesetzt: Kommunale Bau- und Umweltbehörden nutzen Drohnen zur Überwachung von Bauvorhaben, Gewässern, Abfalltransporten und Naturschutzgebieten. Ein klarer Rechtsrahmen für Datenerhebung, Speicherung und Löschung fehlt jedoch. Straßenverkehrsbehörden setzen Drohnen bereits für Verkehrszählungen ein – ohne präzise Regelung, wie mit den Aufnahmen umzugehen ist. Polizeiliche Drohnennutzung ist zwar grundsätzlich im Polizeigesetz abgedeckt, wirft aber Fragen nach Transparenz, Verhältnismäßigkeit und offener Erkennbarkeit auf. Derzeit verfügt die Polizei NRW über mehr als 200 Drohnen mit Videoaufzeichnung. Katastrophenschutz und Feuerwehren orientieren sich zwar an bundeseinheitlichen Vorgaben (EGRED 2), die aber lediglich Empfehlungen darstellen und den Gesetzesvorbehalt nicht erfüllen.

Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (4 CE 23.2267 vom 15.02.2024) hat klargestellt, dass die Nutzung von Drohnen ohne spezielle Rechtsgrundlage rechtswidrig sein kann. Diese Rechtsauffassung ist auch auf Nordrhein-Westfalen übertragbar. Damit droht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger ein Zustand, in dem Behörden faktisch im „rechtsfreien Raum“ operieren.

Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf Sicherheit gegenüber äußeren Gefahren durch Drohnen, zugleich aber auch auf Schutz ihrer Privatsphäre und informationellen Selbstbestimmung gegenüber staatlicher Überwachung mittels Drohnen.

Wir fordern deshalb eine „Drohnen-Strategie Nordrhein-Westfalen“ mit einem entsprechenden Landesgesetz, das sowohl die friedliche Nutzung von Drohnen datenschutz- und grundrechtskonform durch Behörden, als auch die Erkennung und die Abwehr von feindlichen Drohnen durch die Polizei im Land regelt.

II. Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • eine eigene Strategie zur Drohnenerkennung und -abwehr für Nordrhein-Westfalen zu entwickeln
  • die Polizei mit ausreichend Mitteln und Personal auszustatten, um eine flächendeckende Drohnenerkennung und -abwehr sicherzustellen
  • einen Gesetzentwurf für ein Drohnengesetz Nordrhein-Westfalen vorzulegen, der die Voraussetzungen, Befugnisse, Grenzen und Kontrollmöglichkeiten für Drohneneinsätze durch Behörden und Sicherheitsbehörden festlegt, den Schutz der Privatsphäre und der informationellen Selbstbestimmung garantiert, sowie die rechtssichere Abwehr unbefugter Drohnennutzung durch die Polizei regelt.
  • zu prüfen, inwieweit die Beschaffung moderner Laser-Drohnenabwehrsysteme – darunter der Hersteller EOS oder Rafael - kurzfristig die Effektivität der Drohnenabwehr erhöhen kann, und hierfür ein transparentes Beschaffungsverfahren einzuleiten.
  • kurzfristig die rechtlichen Voraussetzungen sowie die Zuständigkeiten zwischen Bundeswehr und Polizeien eindeutig zu klären, um im Bedarfsfall eine rechtssichere Unterstützung der Länderpolizeien durch die Bundeswehr beim Ausschalten von Spionageund Sabotagedrohnen sicherzustellen.