Einfach Bauen statt Mieten regulieren: Mit einer Bauwende für neue Wohnungen, bezahlbare Mieten und mehr Wachstum für alle
I. Ausgangslage
Wohnen ist in den Augen nicht weniger die „soziale Frage“ der heutigen Zeit. In vielen Städten und Gemeinden sind die lokalen Mietmärkte angespannt. Besonders hart leiden darunter diejenigen, die auf dem Wohnungsmarkt flexibel sein müssen – junge Familien mit Platzbedarf, ältere Menschen, die ihren Raumbedarf verkleinern wollen, oder Fachkräfte, Auszubildende und Studierende, die neu in eine Stadt ziehen. Sie treffen in ihrer Wohnungssuche vielerorts auf ein unzureichendes Angebot und dadurch hohe Mieten, die letztlich im Kern ein Ausdruck von Wohnungsknappheit sind.
Den Mangel an Wohnraum löst man nicht, indem man ihn verwaltet und reguliert, sondern indem mehr Wohnraum geschaffen wird. Das Bauen muss günstiger, einfacher und schneller werden – dann steigt auch das Angebot und die Mietmärkte können sich entspannen.
Viele mögliche Instrumente werden diskutiert und müssen insbesondere an ihrer Wirksamkeit, für mehr Investitionen in den Wohnungsbau zu sorgen, gemessen werden. Neben der Landesförderung, kommunalen und genossenschaftlichen Investitionen gilt es dabei insbesondere die vielen privaten Vermieter, private Bauträger und Immobilienfamilienunternehmen in den Blick zu nehmen, da sie in besonderer Weise Verantwortung für Wohnungsangebote übernehmen.
Mietpreisbremse ist eine Neubaubremse
In Nordrhein-Westfalen droht sich die Situation aktuell weiter zu verschärfen. Denn die Regierung aus CDU und Grünen hat eine massive Ausweitung der Mietpreisregulierung in Nordrhein-Westfalen beschlossen. Statt bislang 18 Kommunen sollen künftig 57 Kommunen mit rigiden Preisbeschränkungen belegt werden.
Jüngst haben die Wirtschaftsweisen in ihrem Jahresgutachten die Mietpreisregulierung scharf kritisiert: Mietpreisbremse und Kappungsgrenzen würden die Ursachen der Wohnungsknappheit nicht lösen. Eine zu restriktive Regulierung würde die privaten Investitionen verringern und behindere eine effiziente Nutzung von Wohnraum. In ihrem Sondervotum hob die Wirtschaftsweise Prof. Veronika Grimm hervor, dass die Regulierung auf diese Weise den Mangel an Wohnraum sogar verschärfe. Die Politik habe sich mit der Einführung der Preisregulierung in eine „Interventionsspirale“ hineinbegeben: Denn eigentlich sollte die Mietpreisbremse ein vorläufiges Werkzeug sein und schnellstmöglich auslaufen.
Auch CDU/CSU haben im Deutschen Bundestag regelmäßig die Nachteile der Mietenregulierung für die Investitionspolitik moniert. „Gegen steigende Mieten brauchen wir nicht mehr Regulierung, sondern mehr Wohnungsbau. Es nutzt nichts, an den Symptomen herumzudoktern, sondern wir müssen an die Ursachen ran. Wir müssen mehr, schneller und kostengünstiger bauen“, erläuterte etwa der baupolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion Jan-Marco Luczak.
In einer Plenardebatte des Landtags äußerte sich Ministerin Scharrenbach noch im Dezember 2024 ebenfalls skeptisch: „Frau Abgeordnete Freimuth hat es richtig gesagt, wie übrigens alle Wissenschaftler, egal ob sie von der Hans-Böckler-Stiftung, von der Heinrich-Böll-Stiftung, von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit oder von der Konrad-Adenauer-Stiftung kommen. Alle sagen Ihnen unisono: So wie die Mietpreisbremse konfiguriert worden ist, taugt sie nicht, weil sie nicht wirkt.“
Besonders die nun vorgesehene Verschärfung der Kündigungssperrfrist greift erheblich in das Privateigentum ein. Wird eine bisherige Mietwohnung in einem Mietshaus in Eigentum umgewandelt, wären die Neueigentümer künftig gezwungen, bis zu acht Jahre zu warten, bevor sie ihre Immobilie selbst nutzen können. Eine derart lange Kündigungssperrfrist erschwert es vielen, ihre Wohnsituation an veränderte Lebensumstände anzupassen.
Bauwende: Einfach Bauen statt Wirtschaft drosseln
Es herrscht große Einigkeit, dass nur mehr Wohnungsbau – Neubau und im Bestand – wirksam Wohnungsmangel und hohe Mieten verhindern kann. Von der Landesebene muss daher ein starker Impuls für die Bauwirtschaft ausgehen. Um diese „Bauwende“ erfolgreich einzuleiten, muss das Bauen einfacher, günstiger und schneller werden.
Startpunkt ist die Vereinfachung: Praktikerinnen und Praktiker benötigen mehr Freiheit, ihre Bauprojekte auf ihre Bedarfe und Vorstellungen auszurichten. Ein neuer Gebäudetyp E würde ihnen hierfür die nötigen Spielräume geben, indem er einfaches und experimentelles Bauen ermöglicht. Zugleich sollte das Bauordnungsrecht klar auf Sicherheitsstandards konzentriert werden. Auch die Zuständigkeiten und Regeln im föderalen Gesamtkomplex müssen dringend überprüft und miteinander harmonisiert werden, damit die Baupolitik konsistenter wird.
Die Reduzierung der Baukosten ist ein entscheidender Hebel, um den Wohnungsbau anzukurbeln. Der Umbau und die Umnutzung bestehender Gebäude müssen deutlich attraktiver werden: Beim Umbau sollen auch neue Bauteile lediglich den Standards entsprechen müssen, die beim Neubau galten (Oldtimer-Regelung). Außerdem muss das Nutzungsrecht liberalisiert werden.
Ebenso gilt es, die Steuer- und Abgabenlast für Bauvorhaben und Wohnen zu senken, um Investitionen nicht länger zu hemmen. Nordrhein-Westfalen gehört zu den Bundesländern mit den höchsten Grund- und Grunderwerbsteuersätzen. Ein zentraler Kostentreiber ist zudem teures Bauland, das Investitionen erschwert. Um dem entgegenzuwirken, müssen Kommunen einfacher Flächen freigeben. Auch der Zugang zu Konversionsflächen muss erleichtert werden. Gleichzeitig sollen ungenutzte oder wenig genutzte Landesflächen systematisch identifiziert und für den Wohnungsbau freigegeben werden.
Ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren ist notwendig, damit dringend benötigte Bauprojekte zügig umgesetzt werden können. Digitale Prozesse bieten hier enorme Potenziale, insbesondere durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Kommunale Bauämter sollten ihre bewährten Verfahren und effizienten Ansätze transparent machen, sodass andere Kommunen von diesen Good-Practice-Erfahrungen profitieren und darauf aufbauen können. Nach einer angemessenen Frist sollte eine Baugenehmigung „automatisch“ erfolgen.
Oft fokussiert sich die öffentliche Diskussion über bezahlbares Wohnen auf die Nettokaltmieten. Dabei lässt sich seit Jahren ein voranschreitender Anstieg der Wohnnebenkosten feststellen. Es ist besorgniserregend, dass die schwarz-grüne Landesregierung besonders hier weiter an der Kostenschraube dreht. Ob das Grundsteuer-Chaos oder eine Gebührenordnung für Abwasser, die einen doppelten Inflationsausgleich zulässt – CDU und Grüne belasten sowohl Eigentümer als auch Mieter immer weiter.
Die Bauwirtschaft ist ein wichtiger Teil der Gesamtwirtschaft: Das Baugewerbe macht sechs Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung aus. Vorleistungen durch Lieferanten eingerechnet steigt der Anteil um rund die Hälfte. Eine Steigerung der Bauinvestitionen um zehn Prozent würde laut Berechnungen des IW Köln das Bruttoinlandsprodukt um rund ein Prozent erhöhen.
Mehr Investitionen in den Wohnungsbau würden demnach nicht nur den Wohnungsmangel bekämpfen, sondern wäre auch ein wichtiger Beitrag zu einer dringend benötigten Wirtschaftswende, die Ausbildungs- und Arbeitsplätze schafft und sichert. Nordrhein-Westfalen profitiert von mehr Investitionen in den Wohnungsbau doppelt – mehr Wohnraum zur Miete und im Eigentum, und mehr Wertschöpfung, Wachstum und Wohlstand.
II. Beschlussfassung
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
- auf eine weitere Regulierung der Mieten durch die so genannte Mietpreisbremse, die abgesenkte Kappungsgrenze und die scharfe Kündigungssperrfrist in Nordrhein-Westfalen zu verzichten.
- sich gegenüber einer neuen Bundesregierung gegen Instrumente der harten Preisbegrenzung einzusetzen, da sie Investitionen in den Wohnungsbau ersticken und dadurch das Angebot weiter verknappen.
- die Grunderwerbsteuer schrittweise auf 3,5 Prozent abzusenken.
- die Wohnnebenkosten zu senken etwa durch die Einführung eines flächenbasierten Grundsteuermodells und eine faire Abgabenordnung für Abwassergebühren ohne doppelten Inflationsausgleich.
- die Pläne für einen „Kies-Euro“ endgültig aufzugeben, da eine derartige Sonderabgabe auch verarbeitete Bauprodukte wie Beton, Mörtel, Putz und Asphalt weiter verteuern würde.
- bestehende Instrumente wie „Bau.Land.Leben“ und „NRW.Urban“ weiter zu stärken, um Kommunen bei der Bodenpolitik zu unterstützen, die Aktivierung von Konversionsflächen und ungenutzten oder untergenutzten Landesflächen zu beschleunigen.
- sich für eine Ausweitung der Sonder-AfA einzusetzen, damit die steuerliche Abschreibung des Mietwohnungsbaus auch für den Neubaustandard EH55 ohne QNG-Siegel möglich wird.
- sich bei der Bundesregierung für ein praxistaugliches Anwendungsschreiben zu der Son- der-AfA und der degressiven AfA einzusetzen und in der Länderabstimmung positiv zu begleiten. Die Bauwirtschaft wartet dringend auf diese Klarstellungen.
- die Baunormen zu vereinfachen und zu erleichtern durch die Einführung des Gebäudetyps E und die damit verbundenen Möglichkeiten zum einfachen und experimentellen Bauen.
- sich beim Bund für eine Reform des Bauvertragsrechts einsetzen, die mehr vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere zur Absenkung technischer Anforderungen bei bloßen Komfortstandards ermöglicht.
- sich in der Bauministerkonferenz dafür einsetzen, dass nur solche DIN-Normen zu technischen Baubestimmungen der Länder erhoben werden, die der Gefahrenabwehr dienen.
- bei der Bauministerkonferenz auf eine weitere Harmonisierung der 16 Landesbauordnungen hinzuwirken, damit besonders länderübergreifendes Bauen einfacher und unbürokratischer wird.
- eine Umbauoffensive zu ermöglichen, indem bei Bestandsgebäuden auch neue Bauteile lediglich den Standards entsprechen müssen, die beim Neubau galten (Oldtimer-Regelung) und dem Parlament bis Mitte des Jahres 2025 eine Vorlage zur Änderung der Bauordnung vorzulegen.
- die Vorgaben zur Nutzungsänderung im städtischen Bereich zu erleichtern und zu liberalisieren. Wenn eine Kommune nicht innerhalb eines Monats widerspricht, gilt eine neue Nutzung für die Dauer von zwei Jahren als genehmigt.
- das digitale Genehmigungsverfahren schnell und vollumfänglich bis Ende 2025 in allen Kommunen einzuführen (Bauportal.NRW) samt einer Dialogfunktion und einer KI-gestützten Vorprüfung. Die Kosten dafür trägt das Land.
- ein kommunales Benchmark-Verfahren einzuführen und die Dauer von Genehmigungsverfahren je Kommune transparent darzustellen, um Good-Practice-Beispiele für effiziente Verfahren sichtbar zu machen und Unterstützungs- und Änderungsnotwendigkeiten zu ermöglichen.
- eine „automatische“ Baugenehmigung nach Fristablauf einzuführen. In 14 von 16 Bundesländern gilt heute bereits diese „Genehmigungsfiktion“.