Eingeständnis des Scheiterns bei der Grundsteuerreform nach jahrelanger Blockade jeglicher Veränderung – Die Landesregierung versucht, ihre eigenen Versäumnisse bei der Grundsteuer zu kaschieren und wälzt die Verantwortung auf die Kommunen ab
Nordrhein-Westfalens Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk hat sich am 14. März 2024 gegenüber der Rheinischen Post zu seinen neuerdings angestrebten Änderungen bei der Berechnung der Grundsteuer geäußert. Die Landesregierung erkennt demnach an, dass mit dem Scholz-Grundsteuermodell eine Lastenverschiebung zum Nachteil von Wohngrundstücken einhergeht. Auf diese Verschiebung hatten die Freien Demokraten immer wieder hingewiesen. Das Scholz-Modell war von der schwarz-grünen Landesregierung aber stets verteidigt worden.
Laut der Äußerungen des Finanzministers gibt es nun den Plan, den Kommunen freizustellen, den Hebesatz für die Grundsteuer B abhängig von der Grundstücksart differenziert festzulegen. „Die Kommunen bekommen dadurch mehr Entscheidungsspielraum und können dort, wo es nötig und gewünscht ist, die Sätze so anpassen, dass es nicht zu einer übermäßigen Belastung der Wohnimmobilien kommt“, so der Finanzminister. Da allerdings eine solche Ausdifferenzierung der Hebesätze nach einschlägiger Rechtsauffassung unzulässig ist, erwarte Dr. Optendrenk vom Bundesfinanzminister die Änderung des Grundsteuergesetzes. Falls diese nicht kommen sollte, wolle er dennoch auf Landesebene eine entsprechende Regelung eigenständig schaffen.
Dass die schwarz-grüne Landesregierung massive steuerliche Benachteiligung von Wohngrundstücken bei der Grundsteuer nun beheben will, ist grundsätzlich zu begrüßen. Ob Eigentümer oder Mieter –von der Grundsteuer sind alle Menschen in Nordrhein-Westfalen betroffen. Völlig unverständlich bleibt, warum die Landesregierung die seit Jahren unübersehbaren Probleme des Scholz-Modells erst jetzt erkennt. Die Nutzung der Länderöffnungsklausel für Verbesserungen am Scholz-Modell oder für die Vorlage und Einführung eines eigenen schlüssigen Grundsteuermodells, so wie es etliche andere Bundesländer praktiziert haben, wurde von CDU und Grünen stets abgelehnt. Konstruktive Vorschläge für ein praktikableres Modell ohne derartige Lastenverschiebungen wurden bislang ebenfalls konsequent von CDU, SPD und Grünen abgelehnt. Selbst bei einem Festhalten am Scholz-Modell hätte die Landesregierung von Beginn an, wie die Bundesländer Saarland oder Sachsen, zumindest die Steuermesszahlen mit einem Korrekturfaktor modifizieren können, um die absehbare steuerliche Mehrbelastung von Wohngrundstücken zu verhindern.
Stattdessen verweisen CDU und Grüne in Ermangelung eigener Handlungsfähigkeit und des eigenen Handlungswillens einmal mehr auf die Bundespolitik. Nachdem die Landesregierung bislang keinerlei Veränderungsbedarf am Scholz-Modell erkennen konnte, entzieht sie sich nun mit diesem Manöver ihrer Verantwortung gegenüber Steuerpflichtigen und Kommunen in Nordrhein-Westfalen und riskiert vor Ort einen Flickenteppich von Regelungen, die selbst in direkten Nachbarstädten keiner einheitlichen Handlungslogik mehr folgen.
Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen, äußerte sich am 14. März 2024 daher kritisch gegenüber dem Vorhaben des nordrhein-westfälischen Finanzministers. Im Wortlaut erklärt er:
„Dass das Land die Unwucht bei der Grundsteuer angeht, ist im Grundsatz richtig, die Kommunen haben es seit zwei Jahren gefordert. Nun aber die Aufgabe den Städten und Gemeinden zuzuweisen, kommt völlig überraschend und viel zu spät. Trotz der zahlreichen Warnungen aus der kommunalen Familie hat das Land es nicht für nötig gehalten, rechtzeitig die Lastenverschiebung im Bundesmodell auszugleichen und eine höhere Messzahl für Geschäftsgrundstücke festzusetzen. Ausbaden sollen es jetzt die Kommunen.“
Der Städte- und Gemeindebund kritisiert außerdem, dass den Kommunen nur noch wenige Monate blieben, um die notwendigen Voraussetzungen für die geänderte Berechnung zu schaffen. Außerdem sei zu erwarten, dass die Diskussion über faire Messzahlen nun vor Ort in den Kommunen von privaten Eigentümern und Gewerbetreibenden geführt werde. Dies wäre sowohl der Fall bei einer bundesgesetzlichen Regelung als auch bei einer Lösung auf Landesebene.
CDU und Grüne dürfen ihre eigenen Versäumnisse nicht dadurch kaschieren, dass sie die Verantwortung für eine gerechtere Berechnung der Grundsteuer nun auf die kommunale Ebene abwälzen. Die amtierende Landesregierung wird seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2022, unter anderem im Rahmen von Sachverständigenanhörungen im nordrhein-westfälischen Landtag, von zahlreichen Verbänden vor etlichen ungerechten Folgen des Scholz-Modells gewarnt. Der Bund wird sicherlich bereit sein, auch Änderungen im Bundesgesetz vorzunehmen, insbesondere wenn dies einheitliche Linie der Länder ist. Es bleibt aber festzuhalten, dass jedes Land über die Länderöffnungsklausel schon jetzt und weiterhin die Möglichkeit hat, die Grundsteuer individuell auszugestalten.
Die Grundsteuer betrifft alle Menschen in Nordrhein-Westfalen. Die kurzfristig angekündigten Pläne der Landesregierung stoßen auf große Kritik und viel Unsicherheit in der kommunalen Familie. Der Landtag muss darum im Rahmen einer Aktuellen Stunde über die weiteren Schritte und die Ausgestaltung der Grundsteuer in NRW debattieren.