Einführung eines Ideen-Wettbewerbs für die NRW-Justiz zum Einsatz von Informationstechnologie (IT) und Künstlicher Intelligenz (KI) in Nordrhein-Westfalen.
I. Ausgangslage
Der Einsatz von Informationstechnologie (IT) und Künstlicher Intelligenz (KI) in der Justiz in NRW ist notwendig, um die Funktionsfähigkeit der Justiz auch für die Zukunft zu sichern. Während die E-Akte nur ein erster Schritt im Bereich der Digitalisierung ist, geht die Diskussion im Bereich der Verwendung von KI schon viel weiter.
Die Arbeiten an der kommenden KI-Verordnung (KI-VO) der EU sind in vollem Gange. Nach seinem In-Kraft-Treten wird das Gesetz die Entwicklung und Verwendung von KI in der gesamten EU regeln. Da es sich um eine Verordnung handelt, werden die Regelungen unmittelbar in den Mitgliedsstaaten wirksam sein. Eines Umsetzungsaktes in nationales Recht bedarf es nicht. Der Entwurf zur Verordnung ist im April 2021 von der EU-Kommission vorgelegt worden. Vorrangig geht es darum, einen europäischen Rechtsrahmen für KI zu schaffen. Die Abgeordneten des EU-Parlaments haben Ende April 2023 eine Einigung über den Entwurf zur geplanten KI-Verordnung erzielt.
Tatsächlich ist die Entwicklung im Bereich KI und Digitalisierung rasant und die Anwendungsmöglichkeiten in der Justiz sind nur rudimentär bekannt. Aus einer Kleinen Anfrage ist bekannt, dass die von den Bundesländern zu fertigende gemeinsame Liste möglicher KI-Projekte noch nicht zusammengestellt ist. Auch hat der NRW Justizminister einen Think-Tank Anfang März 2023 zusammengestellt, um selber Ideen zu generieren. Der Think Tank besteht aus zwei Richterinnen.
Andere Bundesländer gehen da einen etwas anderen Weg. Der Richterbund Hessen und IBM Deutschland haben den eJustice Cup Hessen 2022 ins Leben gerufen, um die Digitalisierung und die Anwendung von KI in der Justiz voranzutreiben und die Gerichte fit für die digitale Zukunft zu machen. Ziel des Projekts ist es, an den Gerichten und in den Staatsanwaltschaften eine Kultur der Innovation unter Einsatz neuer Technologien zu etablieren. Der eJustice Cup Hessen 2022 steht unter der Schirmherrschaft des hessischen Staatsministers der Justiz.
Im Rahmen des Wettbewerbs hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, ihre Ideen einer Fachjury vorzustellen, die aus 60 Vorschlägen zunächst eine Shortlist entwickelt hat und in einem Finale den Sieger kürte. Viele der sehr guten Vorschläge kamen von Praktikern aus der Justiz.
Auch die Sächsische Staatskanzlei (SK) und der landeseigene IT-Dienstleister Sächsische Informatik Dienste (SID) richteten 2023 einen Wettbewerb zum Einsatz von künstlicher Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung aus. Bei diesem sogenannten „Thingkaton“traten sechs Teams an, die für die sächsische Verwaltung KI-basierte Lösungsansätze entwickelten und der Fachjury vorstellten. Alle Teams konnten mit durchdachten Lösungen und funktionalen
Prototypen überzeugen, die nun für die Praxis weiterentwickelt werden.
Ein solcher erfolgreicher Ideenwettbewerb wie in Hessen und in Sachsen ist für den Bereich der Justiz nun auch durch das Land Nordrhein-Westfalen als jährlich stattfindendes Format durchzuführen. Der Wettbewerb kann neben dem NRW Think-Tank, der aus zwei Richterinnen besteht, durchgeführt werden. Und der Wettbewerb kann auch neben den bisherigen Diskussionen im E-Justice-Rat und den Veranstaltungen im Richterbund durchgeführt werden, denn die besten Ideen kommen aus der Mitte derjenigen, die täglich im Beruf stehen und mit den immer gleichen Problemlagen konfrontiert sind. Die jährliche Ausrichtung ist angesichts der rasant fortschreitenden Entwicklung im IT- und KI-Bereich erforderlich und sorgt für einen kontinuierlichen Zufluss an neuen Ideen zur Digitalisierung der Justiz.
Es ist schon heute absehbar, dass sich ab dem Jahre 2025 massive Personalprobleme für die Justiz ergeben werden. Die ersten Babyboomer gehen im Jahre 2025 in den Ruhestand, dieser Trend wird sich in den Folgejahre massiv fortsetzen. Es gibt zu wenig Nachwuchs, der diese Lücke auffüllen könnte. Um diesen Personalrückgang auszugleichen, sind neue IT- und KI-Lösungen in der Justiz erforderlich, die es den Richtern und Richterinnen, den Rechtspflegern und Rechtspflegerinnen, den Staatsanwälten und Staatsanwältinnen sowie Amtsanwälten und Amtsanwältinnen, den Gerichtsvollziehern und Gerichtsvollzieherinnen, den Wachtmeistern und Wachtmeisterinnen sowie den Geschäftsstellenmitarbeitern und Geschäftsstellenmitarbeiterinnen erlaubt, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. Dabei wissen die oben genannten aus ihrer täglichen Arbeit selbst am besten, welche digitalen Anwendungen ihnen die tägliche Arbeit erleichtern und ihre Effizienz steigern.
Dieses Potential müssen wir nutzen. Ein Ideenwettbewerb, der es allen Mitgliedern der Justiz und auch Dritten ermöglicht, aus der täglichen Praxis digitale Verbesserungsvorschläge einzubringen, ist dafür die ideale Plattform. Andere Bundesländer machen dies bereits vor.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
um den Einsatz von Informationstechnologie (IT) und Künstlicher Intelligenz (KI) in der Justiz in Nordrhein-Westfalen voranzubringen, bedarf es der Ideen der vielen Praktiker, die als Richter und Richterinnen, als Rechtspfleger und Rechtspflegerinnen, als Staatsanwälte und Staatsanwältinnen sowie Amtsanwälten und Amtsanwältinnen, als Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen, als Wachtmeister und Wachtmeisterinnen sowie als Geschäftsstellenmitarbeiter und Geschäftsstellenmitarbeiterinnen in Nordrhein-Westfalen tätig sind.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
einen jährlich stattfindenden Ideenwettbewerb zum Einsatz von Informationstechnologie (IT) und Künstlicher Intelligenz (KI) sowie zur Fortentwicklung der Digitalisierung in der Justiz in NRW zu etablieren, der sich insbesondere an Praktiker aus der Justiz wendet. Die durch diesen Wettbewerb aufgenommenen Digitalisierungsideen werden ausgewertet und bei ihrer Eignung durch die Justiz umgesetzt.