Freiheit, Privatsphäre und Innovation: Digitaler Euro im Spannungsfeld von Chancen und Risiken – Die Landesregierung muss ihre Einflussmöglichkeiten bei der Ausgestaltung der digitalen Zentralbankwährung nutzen

I. Ausgangslage

Am 28. Juni 2023 hat die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag zur Einführung des digitalen Euros vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine digitale Form von Geld der Europäischen Zentralbank (EZB). Gemäß den Plänen der Kommission soll der digitale Euro das Bargeld ergänzen, parallel zu nationalen und internationalen privaten Zahlungsmitteln bestehen und wie eine digitale Brieftasche online und offline nutzbar sein.

Derzeit ist Bargeld das einzige gesetzliche Zahlungsmittel im Euro-Währungsgebiet. Zukünftig soll es ergänzt werden um den digitalen Euro, so die Pläne der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank. Der aktuelle Gesetzesentwurf sieht vor, dass das digitale Zentralbankgeld im gesamten Euro-Raum zugänglich sein soll und im Zahlungsverkehr von jedermann akzeptiert werden muss. Die Basisnutzung soll laut Vorschlag der Kommission für Verbraucherinnen und Verbraucher kostenlos sein. Als weiteren Vorteil der geplanten Einführung nennt die Kommission unter anderem eine Stärkung der strategischen Autonomie Europas, denn derzeit dominieren vor allem US-amerikanische digitale Zahlungsanbieter den europäischen Markt.

Die sogenannte Vorbereitungsphase Teil 1 zur Einführung des digitalen Euros endet im Oktober 2025. Die Entscheidung des EZB-Rates über das weitere Vorgehen soll noch im laufenden Jahr erfolgen. Erst nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens der Europäischen Union wird die finale Entscheidung über die Einführung getroffen. Die Vorbereitungsphase Teil 2 – ab November 2025 – sieht die Entwicklung und Umsetzung von Anwendungsfällen für den digitalen Euro vor.

Aktuelle Presseberichte legen darüber hinaus nahe, dass die EU eine Beschleunigung der Einführung des digitalen Euros plane. Grund dafür sei die neue gesetzliche Regulierung von Stablecoins (Kryptowährungen, deren Wert an eine staatliche Währung gekoppelt ist) in den USA.

II. Handlungsnotwendigkeiten

Mit einer möglichen Einführung des digitalen Euros ginge eine grundlegende Veränderung des Zahlungsverkehrs in der Eurozone einher. Klar ist, dass die Europäische Union auch bei digitalen Währungen nicht den Anschluss verlieren möchte. Bei einer richtigen Ausgestaltung könnte die Einführung des digitalen Zentralbankgeldes neben der europäischen Autonomie auch Effizienz- und Kostenvorteile bringen und als Katalysator für neue Finanzinnovationen wirken.

Maßgeblich für eine erfolgreiche Projektrealisierung ist jedoch die richtige Ausgestaltung. Besonders der Schutz der Privatsphäre von Verbraucherinnen und Verbraucher muss für alle beteiligten Akteure höchste Priorität haben. Der Nutzer muss sicher sein können, dass seine Zahlungen nicht durch die EZB oder sonstige staatliche Institutionen überwacht oder eingeschränkt werden können. Zeitgleich müssen äquivalent zu bereits geltenden Vorschriften anderer Zahlungswege Mechanismen geschaffen werden, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen.

Der digitale Euro muss als eine Art digitales Bargeld ausgestaltet werden – inklusive der damit verbundenen Anonymität. Eine mögliche Programmierbarkeit der digitalen Währung und ihrer Einsatzmöglichkeiten ist sowohl für den Zeitpunkt der Einführung als auch für die Zukunft technisch auszuschließen. Es darf keinesfalls dazu kommen, dass der digitale Euro nur für bestimmte Zwecke eingesetzt werden darf oder dessen Nutzung durch fremde Dispositionen eingeschränkt wird.

Banken und Kreditinstitute werden nach aktuellen Prognosen durch die Einführung des digitalen Euros außerdem mit Kosten in relevanter Milliardenhöhe konfrontiert. Eine Studie des Beratungsunternehmens PricewaterhouseCoopers aus dem Jahr 2025 beziffert die hochgerechneten Gesamtkosten für Banken in der Eurozone mit rund 18 Milliarden Euro. Darüber hinaus besteht die Befürchtung, dass durch den digitalen Euro klassische Bankeinlagen oder Zahlungsformen verdrängt werden. Eine Einschränkung des Guthabens in digitalen Euros pro Nutzer könnte dem präventiv entgegenwirken.

Die Entscheidung über den gewollten Zahlungsweg dürfen stets nur die Verbraucher selbst haben. Mit der Einführung des digitalen Euros darf Bargeld weder in seiner Nutzung faktisch oder rechtlich eingeschränkt werden, noch dürfen politische Bestrebungen zur Abschaffung des Bargelds an Fahrt aufnehmen. Es muss das Recht eines jeden rechtstreuen Bürgers sein und bleiben, seine Einkäufe anonym tätigen zu können und dabei weder von staatlicher noch von privater Seite registriert zu werden. Eine staatlich erzwungene Einschränkung der Bargeldnutzung hingegen bedeutet einen Eingriff in die persönliche Freiheit der Bürgerinnen und Bürger. Solchen Eingriffen ist im Rahmen der Einführung des digitalen Euros Einhalt zu gebieten – insbesondere vor dem Hintergrund der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD verankerten „Soll-Vorgabe“, neben dem Bargeld mindestens eine digitale Zahlungsoption zu akzeptieren.

III. Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • das weitere Beratungsverfahren zur Einführung des Digitalen Euros auf EU-Ebene im Rahmen ihrer Einflussmöglichkeiten konstruktiv zu begleiten, denn es kommt auf die konkrete Ausgestaltung des digitalen Zentralbankgeldes an, um neben Effizienz- und Kostenvorteilen einen Digitalisierungs- und Innovationsschub auszulösen und gleichzeitig Privatsphäre und Anonymität sicherzustellen. Dabei sind insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen:

    Der Schutz der Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer hat oberste Priorität.

    Eine mögliche Programmierbarkeit zur Nutzungseinschränkung des digitalen Euros muss von vornherein strikt ausgeschlossen werden.

    Der digitale Euro muss explizit als digitale Ergänzung zum Bargeld konzipiert werden – inklusive der damit einhergehenden Anonymität – und nicht als dessen staatlich verordneter Ersatz.

    Unterschiede bei europaweiten Annahmepflichten von Bargeld und dem digitalen Euro sind sachlich nicht gerechtfertigt und stehen der Vertragsfreiheit entgegen.

    Es dürfen keine Risiken für die Finanzmarktstabilität oder unverhältnismäßigen Kosten für die Kreditinstitute mit der Einführung des digitalen Euros einhergehen.
     
  • sich jeglichen Bestrebungen politischer Akteure zur Abschaffung oder Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit des Bargelds entschieden entgegenzustellen.
  • ihren Beitrag zu einer breiten gesellschaftlichen und politischen Debatte zur geplanten Einführung des digitalen Euros mit seinen Auswirkungen zu leisten.