Fünf vor zwölf für die deutsche Wirtschaft – Die Landesregierung muss den Forderungen der Wirtschaftsverbände nachkommen und die Blockade des Wachstumschancengesetzes endlich beenden!
I. Ausgangslage
Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft muss dringend gestärkt werden. Aufgrund real sinkender Wachstumsraten und von schwachen Wachstumsprognosen ist es geboten, deutsche Unternehmen von bestehenden Belastungen zu befreien, um ihre Investitions- und Innovationstätigkeit anzuregen. Mit dem „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz)“(BT-Drucksache 18/8628) schlägt die Bundesregierung ein Paket aus rund 50 Maßnahmen vor, um insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen in den kommen-
den Jahren zu entlasten. Es soll der Förderung von Investitionen und Innovationen dienen, die Wirtschaft in der rezessiven Phase unterstützen und nachhaltiges Wachstum sicherstellen. Dies ist aufgrund der jahrelangen Vernachlässigung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unerlässlich.
Während der Bundestag dem Gesetzesentwurf bereits im November 2023 zustimmte, wird das Wachstumschancengesetz derzeit durch den Bundesrat blockiert. Als Argument wird angeführt, dass das Gesetz die finanzielle Lage der Länder und Kommunen zu stark belaste. Am 24. November 2023 wurde der Vermittlungsausschuss durch den Bundesrat angerufen. Während der ursprüngliche Gesetzesentwurf Entlastungen in Höhe von rund sieben Milliarden Euro vorsah, wurde das Volumen durch eine Einigung der Vermittlergruppen am 9. Februar 2024 nunmehr auf rund drei Milliarden Euro gesenkt.
Gestrichen werden soll insbesondere die bisher vorgesehene Klimaschutz-Investitionsprämie. Die Bundesländer hatten eine Administration der Prämie über die Finanzverwaltungen der Länder abgelehnt. Der Kompromissvorschlag, die Umsetzung der Investitionsprämie analog zur Forschungszulage über eine entsprechende Stelle des Bundes abzuwickeln, wurde von den CDU-geführten Ländern ebenfalls zurückgewiesen. Damit wird von den CDU-Ländern eine Steuererleichterung abgelehnt, die die Wirtschaft besonders begrüßt hat. Die Ministerpräsidenten der CDU stellen ihre finale Zustimmung darüber hinaus unter die Bedingung, dass die Agrardiesel-Subventionen beibehalten werden. So mahnte auch der nordrhein-westfälische Finanzminister Dr. Optendrenk laut dpa-Meldung vom 9. Februar 2024 im Zusammenhang mit den Verhandlungen zum Wachstumschancengesetz eine Lösung für das „Agrardieselproblem“ an. Aufgrund dieser Forderungen gilt die Zustimmung des Vermittlungsausschusses zu dem bestehenden Kompromiss nicht als sicher.
II. Handlungsnotwendigkeiten
Im Entwurf des Jahreswirtschaftsberichts der Bundesregierung 2024 wird nur noch mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,2 Prozent ausgegangen. Gerade in solch wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist es von enormer Bedeutung, den Investitionsstandort Deutschland durch die im Wachstumschancengesetz enthaltenen Entlastungen zu stärken.
Durch die anhaltende Blockade des Landes Nordrhein-Westfalen und weiterer CDU-geführter Länder wird die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes sowie die Zukunft von Industrie und Betrieben aufs Spiel gesetzt. In diesem Zusammenhang erreichte die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder am 18. Februar 2024 ein Brandbrief von 18 Wirtschaftsverbänden, darunter der Bundesverband mittelständische Wirtschaft e.V., der Bundesverband IT-Mittelstand e.V. und der Eigenheimerverband Deutschland e.V. In diesem Brief werden die Regierungschefs dazu aufgefordert, die Blockade des Wachstumschancengesetzes schnellstmöglich aufzuheben, um die dringend notwendige Entlastung des deutschen Mittelstands nicht weiter zu verzögern. Alle politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger sollen auf eine schnellstmögliche Verabschiedung des Gesetzes hinwirken.
Die Verbände betonen, dass der Mittelstand 99 Prozent aller deutschen Unternehmen ausmache und das Rückgrat der hiesigen Wirtschaft bilde. Das Wachstumschancengesetz sei ein „erstes Zeichen der Zuversicht für eine beginnende Entlastungs- und Investitionsoffensive im Mittelstand“. Die anhaltende Blockade verkenne die Dimension der strukturellen wirtschaftlichen Herausforderungen in Deutschland. Parteitaktische Überlegungen dürfen nicht dazu führen, dass verantwortungslos gegenüber der deutschen Wirtschaft gehandelt wird.
In einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz von Anfang Februar 2024 schlägt die Unionsfraktion ein Sofortprogramm zur Stärkung der Wirtschaft vor. „Wir appellieren an Sie und die gesamte Bundesregierung, noch im ersten Quartal des laufenden Jahres wirksame Maßnahmen zu ergreifen, damit die deutsche Wirtschaft schnell aus der Rezession herausfindet“, heißt es in dem Schreiben. Wieso die Union ein Entlastungsprogramm für die Wirtschaft fordert, gleichzeitig aber an der Blockade des Wachstumschancengesetzes festhält, ist nicht nachvollziehbar.
Die schwarz-grüne Landesregierung steht gegenüber Wirtschaft und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Nordrhein-Westfalen in der Pflicht für die besten Rahmenbedingungen für Wachstum und Wohlstand zu sorgen. Die anhaltende Verweigerungshaltung der Union ist damit unvereinbar, nicht zuletzt aufgrund des bereits ausgehandelten Kompromissvorschlags, welcher deutlich geringere steuerliche Entlastungen vorsieht. Das Wachstumschancengesetz bietet die Möglichkeit, durch finanzielle und bürokratische Entlastungen einen ersten Impuls in Richtung eines neuen wirtschaftlichen Wachstumspfads zu setzen. Weitere Strukturreformen sowie die Fokussierung auf eine angebots- statt nachfrageorientierte Politik sollten als Weichen dienen, um der deutschen Wirtschaft zu neuer Stärke zu verhelfen.
III. Beschlussfassung
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
- sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die deutsche Wirtschaft schnell aus der Rezession herausfindet und alle Maßnahmen des Bundes zu unterstützen, die Entlastungen der Wirtschaft vorsehen und Investitions- und Innovationstätigkeit anregen.
- die Blockade gegen das Wachstumschancengesetz zu beenden und sich für eine größtmögliche Entlastungswirkung des Gesetzes für die gesamte Wirtschaft einzusetzen.