Gebäudeenergiegesetz: Für smarten Klimaschutz, den sich alle leisten können!
I. Ausgangslage
Das Bundeskabinett hat sich auf eine Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) geeinigt,
das durch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unter Führung des
grünen Ministers Robert Habeck und vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung
(BMWS) unter Führung der sozialdemokratischen Ministerin Geywitz ausgearbeitet wurde.
Sowohl durch den liberalen Koalitionspartner wie auch durch unzählige Experten ist dringen-
der Überarbeitungsbedarf im nun laufenden parlamentarischen Verfahren angemeldet und an-
gemahnt worden. Auch die Bundesländer haben im Bundesrat Änderungsbedarf hinterlegt.
In seiner bisherigen Form ist das Gesetz zu bürokratisch, zu teuer und kontraproduktiv für
Klimaschutz und Wohlstand.
Statt eines innovationsfreundlichen, technologieoffenen Ansatzes für die Dekarbonisierung des Gebäudebestandes wird ein Verbotsansatz gewählt, der kaum Zeit und Spielräume für eine kostengünstige Umstellung auf klimafreundliche Heizmethoden zulässt. Eigentümer von Bestandsgebäuden und Verbraucher erwarten hohe Kosten, die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen gerät in Gefahr.
Um die gesteckten Klimaschutzziele zu den geringstmöglichen Kosten zu erreichen, brauchen
wir das effizienteste Instrument: Die sektorübergreifende Bepreisung von CO2-Emissionen im
Rahmen des europäischen Emissionshandels. Der Ausstoß von jeder Tonne CO2 wird mit
einem Preis belegt und die maximale Menge an CO2, die Bürger und Unternehmen für die
Erreichung der Klimaziele ausstoßen dürfen, ist europaweit gedeckelt. Der Handel mit Emissionszertifikaten ermöglicht eine freie Preisbildung am Markt und garantiert, dass dort CO2
eingespart wird, wo es am günstigsten möglich ist.
Setzt man konsequent auf CO2-Preis und Emissionshandel, wird der Betrieb von Heizungen
mit CO2-Ausstoß entsprechend teurer, der Betrieb von Heizungen ohne bzw. mit einem geringeren CO2-Ausstoß relativ günstiger. Jeder Hauseigentümer kann mit steigendem Preis für CO2 selbst entscheiden, welche individuelle Heizlösung für das eigene Gebäude am kostengünstigsten ist. Unternehmen haben ebenfalls einen Anreiz, unterschiedliche technische Lösungen zur Einsparung von CO2 für unterschiedliche Arten von Gebäuden zu entwickeln. Der Wettbewerb um die besten Lösungen zur CO2-Vermeidung bietet als dynamisches Entdeckungsverfahren die besten Voraussetzungen für weitere technische Innovationen.
Gesetzliche Festlegungen oder Verbote von bestimmten Technologien sind bei einer konsequenten CO2-Bepreisung mit Emissionshandel nicht erforderlich, da die maximale Menge an CO2 gedeckelt ist. Detaillierte, sich auf einzelne Technologien beziehende ordnungsrechtliche Eingriffe erhöhen hingegen die Kosten für Klimaschutz, da diese einen Wettbewerb um die beste Technologie zur CO2-Vermeidung aushebeln. Dadurch haben Unternehmen keinen Anreiz mehr in unterschiedliche technische Lösungen zur kostengünstigsten Vermeidung von CO2 zu investieren.
Das Verbot von bestimmten Heiztechniken verkennt, dass die Bestandsgebäude sehr unter-
schiedlich sind und es deshalb für unterschiedliche Gebäudetypen unterschiedlicher Heiztechnik bedarf, um klimafreundliches Heizen zu ermöglichen ohne Eigentümer und Verbraucher
finanziell zu überlasten.
- Heizungsmarkt und Herausforderungen in Nordrhein-Westfalen -
Mehr als 70 Prozent der Wohngebäude in Nordrhein-Westfalen werden derzeit mit Erdgas und
Öl beheizt. Fernwärme kommt auf einen Anteil von 6,6 Prozent. Elektrowärmepumpen machen
3,4 Prozent aus. Die Zahlen verdeutlichen, dass mit den bisherigen geplanten Vorgaben des
GEG in seiner bisherigen Form nicht nur erhebliche Kosten, sondern auch ein erheblicher
zeitlicher Anpassungsdruck auf den Heizungsmarkt in Nordrhein-Westfalen zukommt.
Beim Neubau entscheiden sich Hauseigentümer und Bauträger bereits heute ganz ohne staatliche Verbote für klimafreundliche Heizungen. Über zwei Drittel der neu gebauten Wohnungen
in Deutschland und Nordrhein-Westfalen werden ganz oder teilweise mit erneuerbaren Energien beheizt (70,7 Prozent). In der Erwartung zunehmender Stromversorgung aus erneuerbaren Energien kommen in mehr als der Hälfte der neuen Wohngebäude Wärmepumpen als primäre Heizenergiequelle zum Einsatz. Da Neubauten hohe energetische Standards einhalten müssen, sind Wärmepumpen hier auch besonders effizient.
Für Bestandsgebäude ist der Wechsel der Heiztechnik in der Regel deutlich schwieriger. Damit
eine Wärmepumpe hier einen hohen Wirkungsgrad erreichen kann, bedarf es sehr häufig um-
fassender energetischer Sanierungen, vom Fenstertausch, über den Heizungstausch bis zur
Dämmung von Fassade, Dach und Keller. Davon wäre ein Großteil des Gebäudebestandes in
Deutschland betroffen. Sanierungsarbeiten und Einbau von Wärmepumpen sind aufwendig
und teuer. Trotz staatlicher Zuschüsse werden viele Eigentümer die Kosten dafür nicht alleine
tragen können. In einigen Fällen übersteigen die Sanierungskosten den Wert des Gebäudes.
Für den ohnehin in vielen Städten angespannten Mietwohnungsmarkt wäre es zudem sozialer
Sprengstoff, wenn Mieten zur Finanzierung von teuren Sanierungen deutlich erhöht und Mieter
in größerem Umgang aus ihren Wohnungen ausziehen müssten, damit umfangreiche Sanierungen überhaupt möglich werden.
Die Akzeptanz für Klimaschutz kann nur aufrechterhalten werden, wenn Energie und Wärme
für Eigentümer, Mieter und Unternehmen bezahlbar bleiben. Bei der Einhaltung der Klima-
schutzziele im Gebäudesektor ist auf praktikable gesetzliche Vorgaben zu achten.
Statt den Klimaschutz im Gebäudebereich durch Verbote und Subventionen unnötig zu erschweren und zu verteuern, schlagen wir Freien Demokraten vor, die nationale CO2-Bepreisung für Brennstoffe in den Bereichen Wärme und Verkehr in ein echtes Emissionshandelssystem zu überführen, das eine freie Preisbildung am Markt ermöglicht. Um die höheren Kosten für Verbraucher abzumildern, sollen die Einnahmen aus dem Emissionshandel in Form eines Klimageldes in gleicher Höhe an alle Bürger zurückgezahlt werden. Davon würden insbesondere Menschen mit geringem Einkommen überproportional profitieren.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
•Eine sinnvolle Klimaschutzpolitik setzt auf wirtschaftliche Anreize statt auf Verbote und
Sanktionen. Was sich rechnet, setzt sich auf dem Markt ohne gesetzlichen Zwang
durch.
•Durch den CO2-Emissionshandel besteht ein effizientes Anreizsystem, CO2 dort einzusparen, wo dies es am günstigsten möglich ist.
•Die Ergänzung des CO2-Emissionshandels durch Verbote und gesetzliche Vorgaben für bestimmte Technologien ist teuer und wirkungslos. Denn auf diese Weise erzielte CO2-Einsparungen führen innerhalb des CO2-Emissionshandels lediglich dazu, dass an anderer Stelle mehr CO2 ausgestoßen werden darf. Unter dem Strich wird keine einzige Tonne CO2 weniger emittiert.
•Die Klimaschutzziele im Gebäudesektor sind primär über den Emissionshandel mit Pro-Kopf Klimageld zu erreichen und nicht über detaillierte, sich auf einzelne Technologien beziehende ordnungsrechtliche Eingriffe. Marktwirtschaftliche Steuerungsinstrumente sind einer zentralstaatlich vorgegebenen Technologiemikroplanung immer überlegen.
•Schwerwiegende und verpflichtende Eingriffe in das private Eigentum der Bürgerinnen
und Bürger verbieten sich grundsätzlich.
•Im Wärmemarkt gibt es keine „One-fits-all“-Lösung. Die Wärmepumpe ist gut, aber sie
ist nicht die einzige Lösung. Energie aus Wind oder Sonne, Wasserkraft, Biogas, Wasserstoff, Holz und Geothermie zur Wärmeversorgung sind möglich.
•Eine Wärmewende ohne soziale Kälte mit echter Wahlfreiheit bei der Heizung und an-
gemessener finanzieller Unterstützung sichert die Akzeptanz beim Klimaschutz ohne
Kostenschock.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
•sich im Bundesrat für eine umfassende Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) einzusetzen, um darin die Bilanzierung von CO2 in den Mittelpunkt zu stellen und zur Erreichung der Klimaschutzziele technologieoffen alle Maßnahmen und technischen Lösungen zuzulassen, die zur Vermeidung von CO2 beitragen.
•sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass Eigentümerinnen und Eigentürmer bei den entstehenden Modernisierungskosten durch verschärfte Vorgaben des GEG nicht alleingelassen werden und Investitionen in innovative und klimafreundliche Gebäudetechnik sowie ihr Betrieb durch finanzielle und steuerliche Anreize besser gefördert werden. Nur so schaffen wir Akzeptanz für Klimaschutz.
•im Bundesrat auf eine Stärkung des Quartiersansatzes im GEG hinzuwirken, um diesen
als gleichwertige Bilanzierungsmöglichkeit im GEG weiterzuentwickeln.
•sich im Bundesrat dafür einzusetzen, die Effizienzvorgaben im GEG im Zuge einer ziel-
konsistenten, sektorübergreifenden CO2-Bepreisung auf das europäische Mindestmaß
zu reduzieren.
•sowohl auf Bundes- und europäischer Ebene darauf hinzuwirken, klimapolitische Doppelregulierungen abzubauen und die Emissionseffizienz in den Mittelpunkt der klimapolitischen Betrachtung des Gebäudesektors zu rücken.
•sich dafür einzusetzen, dass alle rechtlichen, technischen und bürokratischen Hürden für die Verbreitung von Mieterstrommodellen abgebaut werden, damit Mieterinnen und Mieter von klimafreundlich erzeugtem Strom auf Mehrparteienhäusern und in Quartieren profitieren können.
•sich auf Bundesebene für eine volle Kompatibilität des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) mit dem neuen EU-ETS 2 für die Bereiche Verkehr, Gebäude und andere Emittenten einzusetzen.
•sich für einen frei am Markt bildenden CO2-Preis einzusetzen.
•sich auf Bundesebene für eine Preisstabilitätsreserve zum Schutz vor übermäßigem
Preisanstieg unter Nutzung der Flexibilitätsoptionen der EU-Lastenverteilungsverordnung einzusetzen.
•sich für ein aus den BEHG-Einnahmen finanziertes Klimageld für alle als Sozialausgleich einzusetzen.
•den Ausbau der Fernwärmenetze in den Kommunen zu fördern.
•dazu beizutragen, die Erfolgsbedingungen einer klimafreundlichen technischen Infrastruktur zu schaffen, statt Bürgerinnen und Bürgern detaillierte Vorgaben für ihre Heizungskeller macht.
•Städte und Gemeinden in die Lage zu versetzen, jetzt schnell eine kommunale Wärmeplanung zu erarbeiten und zusätzlich unter Einbeziehung der Kommunen die Umsetzung einer integrierten und sektorübergreifenden Energieplanung auf kommunaler Ebene zu prüfen, bei der auf sektor- und gebietsscharfe CO2 –Reduktionsvorgaben verzichtet wird.
•einen Masterplan für das breitflächige Hochfahren der Wasserstoffwirtschaft in Nord-
rhein-Westfalen auf Basis der Wasserstoff-Roadmap des Landes zu entwickeln.