Gesetz zur Einführung digitaler Bürgerbeteiligung

A Problem

Das Sammeln von Unterschriften ist ein fester Bestandteil von Volksinitiativen und Volksbegehren sowie von Einwohneranträgen und Bürgerbegehren. Nachdem die Initiatorinnen und Initiatoren die Unterschriften gesammelt haben, muss der Staat jeweils prüfen, ob die Unterzeichnenden beteiligungsberechtigt sind. Diese Überprüfung erfolgt durch ein aufwändiges Verfahren. Erst danach wird das Parlament oder die Kommunalvertretung mit dem Anliegen befasst, oder es kommt zu einer direkten Entscheidung durch die Bürgerinnen und Bürger. Eine Möglichkeit zur digitalen Unterstützung von Volksinitiativen und Volksbegehren, Einwohneranträgen und Bürgerbegehren sehen die einschlägigen Gesetze in Nordrhein-Westfalen bislang nicht vor.

Bisher muss der Staat die eingereichten Unterschriften in einem aufwändigen und kostspieligen Verfahren weitgehend analog prüfen. Die Beschäftigten der Verwaltung vergleichen die Namen der Unterzeichnerin und Unterzeichner mit dem örtlichen Melderegister. Die Verwaltung muss dann ihrerseits den Unterschriftenbogen mit Unterschrift und ihrem Siegel bestätigen. Laut Schätzungen von kommunalen Praktikerinnen und Praktikern nimmt die Prüfung von 100 Unterschriften etwa 100 bis 150 Minuten Arbeitszeit in Anspruch. Nach Schätzungen der Landesregierung hat die Überprüfung der 200.000 Unterschriften der Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“ das Land rund 240.000 Euro gekostet. 

B Lösung

Volksinitiative und Volksbegehren, Einwohnerantrag und Bürgerbegehren sind ein fester Bestandteil unserer Demokratie. Um die Beteiligung und damit das Vertrauen in die Demokratie zu erhöhen, müssen diese Instrumente auch in digitaler Form genutzt werden können. Das Verfahren soll vereinfacht werden: Bürgerinnen und Bürger, die eine Volksinitiative und Volksbegehren, einen Einwohnerantrag oder ein Bürgerbegehren unterstützen wollen, sollen dies künftig auch digital tun können – in Form einer elektronischen Zeichnung. Diese kann bequem über das eigene Endgerät erfolgen, etwa mittels der Deutschland-ID des Personalausweises oder der Elster-ID. Bürgerinnen und Bürger der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums haben mit der eID-Karte ebenfalls die Möglichkeit, elektronisch zu zeichnen.

Für die Bürgerinnen und Bürger hat das viele Vorteile: Auf diese Weise können sich mehr Menschen beteiligen, besonders Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Die politische Debatte gewinnt an Qualität, wenn die Diskussion online und offline stattfinden kann. Die Initiatorinnen und Initiatoren gewinnen mehr Zeit, die sie in gezielte Informationsveranstaltungen investieren können. Unsere Demokratie wird wiederstandfähiger gegen äußere Einflüsse wie Naturkatastrophen, extreme Wetterlagen oder eine Pandemie.

Auf der anderen Seite kann der Staat erhebliche Kosten sparen.

Mit dem „Gesetz zur Einführung digitaler Bürgerbeteiligung“ wird die Beteiligung der Bevölkerung am demokratischen Prozess durch die Einführung einer elektronischen Zeichnung für die Instrumente auf Landes-, Gemeinde- als auch auf Kreisebene innovativer, unkomplizierter und kostengünstiger.

  • Die herkömmlichen Unterschriftbögen werden durch digitale Verfahren ergänzt. Die Unterstützung eines entsprechenden Anliegens kann damit zukünftig durch eine elektronische Zeichnung über ein Onlineportal des Landes erfolgen.
  • Volksinitiativen und Volksbegehren: Die Vertrauenspersonen können eine elektronische Zeichnung ermöglichen. Die „freie Unterschriftensammlung“ wird ergänzt durch eine neue „elektronische Zeichnung“. Beide Arten sind gleichberechtigt. Für die Durchführung stellt das Land ein Onlineportal zur Verfügung.
  • Einwohner- und Bürgerbeteiligung auf Gemeinde- und Kreisebene: Für den Einwohnerantrag und das Bürgerbegehren normieren wir ebenfalls die Möglichkeit einer elektronischen Zeichnung.
  • Flexibilität bei der Ausgestaltung sowie Gewährleistung des Datenschutzes durch entsprechende Rechtsverordnungsermächtigung: Die zuständigen Ministerien (Ministerium des Inneren, Ministerium für Kommunales) regeln die Form des Onlineportals und das Verfahren zur Prüfung der Authentizität der elektronischen Zeichnung.
  • Andere Bundesländer, EU-Mitgliedsstaaten und die europäische Union selbst haben bereits derartige Möglichkeiten zur digitalen Beteiligung bei direktdemokratischen Instrumenten geschaffen.

Bei der Einführung dieser digitalen Beteiligungsformaten kann Nordrhein-Westfalen auf die Beispiele aus anderen Staaten und Bundesländern zurückgreifen. Die Beteiligungsplattform beteilung.nrw.de kann eine gute Grundlage bieten und für die Implementierung des Gesetzes weiterentwickelt werden. Die Kosten trägt das Land. Dabei sind offene Standards und Schnittstellen von besonderer Bedeutung. Denn diese garantieren, dass auch andere Bundesländer  in ähnlicher Weise wie Nordrhein-Westfalen ihre Beteiligungsformate digitalisieren können.

C Alternativen

Keine.

D Kosten

Den durch die Errichtung und den Betrieb des Online-Portals entstehenden Kosten stehen im Rahmen der Prüfung des Beteiligungsrechts zu erwartende Einsparungen gegenüber. Mehraufwendungen für die Kommunen entstehen nicht.

+++ Gegenüberstellung von Seite 3 bis Seite 20 via Download (PDF) sicht- und abrufbar +++

Begründung

Allgemeiner Teil

Unsere Demokratie steht unter Druck. Sie wird gleichermaßen von der Gleichgültigkeit vieler und dem Extremismus einiger herausgefordert. Es ist daher von zentraler Bedeutung, die liberale Demokratie aktiv zu gestalten, sie fortzuentwickeln und entschieden zu verteidigen. Die Digitalisierung ist eine der größten Chancen unserer Zeit. Wie wir diesen Wandel gestalten, wird unser Leben nachhaltig prägen. Auch die staatlichen Strukturen und unsere Gesellschaft müssen gezielt digitalisieren werden – mit dem Ziel, die individuellen Chancen für jede und jeden zu erweitern.

Was früher ausschließlich persönlich und vor Ort möglich war, lässt sich heute digital erledigen. Ob Bankgeschäfte, Einkäufe oder Unterhaltung – vieles kann bequem von jedem beliebigen Ort mit einem digitalen Endgerät abgewickelt werden. Die Digitalisierung kann auch unserer Demokratie wichtige Impulse geben. Besonders die Formen der direkten Demokratie bergen hier erhebliches Potenzial.

Das Sammeln von Unterschriften ist ein fester Bestandteil der Volksinitiativen und Volksbegehren sowie der Einwohneranträge und Bürgerbegehren. Nachdem die Initiatorinnen und Initiatoren die Unterschriften gesammelt haben, muss der Staat jeweils prüfen, ob die Unterzeichnenden beteiligungsberechtigt sind. Diese Überprüfung erfolgt durch ein aufwändiges Verfahren. Erst danach wird das Parlament oder die Kommunalvertretung mit dem Anliegen befasst, oder es kommt zu einer direkten Entscheidung durch die Bürgerinnen und Bürger.

Mit dem Gesetzentwurf soll das Verfahren vereinfacht werden: Bürgerinnen und Bürger, die einen Einwohnerantrag, ein Bürgerbegehren, eine Volksinitiative oder ein Volksbegehren unterstützen möchten, sollen dies künftig auch digital tun können – in Form einer elektronischen Zeichnung. Diese kann bequem über das eigene Endgerät erfolgen, etwa mittels der Deutschland-ID des Personalausweises oder der Elster-ID. Bürgerinnen und Bürger der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums haben mit der eID-Karte ebenfalls die Möglichkeit, elektronisch zu zeichnen.

Die Möglichkeit zur digitalen Teilnahme unterstützt drei wesentliche Ziele:

  • Die elektronische Zeichnung ermöglicht eine breitere Beteiligung.
  • Sie spart erhebliche Kosten beim Staat.
  • Sie stärkt die politische Teilhabe, da direkte demokratische Beteiligungsmöglichkeiten

es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, sich stärker und unmittelbarer in die politische Willensbildung einzubringen, was wiederum die Akzeptanz politischer Entscheidungen insgesamt erhöht.

Damit die Bürgerinnen und Bürger ihre elektronische Zeichnung einreichen können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:

Für die elektronische Zeichnung gelten dieselben Standards wie für die analoge Unterschrift. Die Unterstützerinnen und Unterstützer müssen sich individuell elektronisch ausweisen können, beispielsweise mit der Deutschland-ID des Personalausweises oder der Elster-ID. Zudem muss die Zeichnung in gesicherter Form erfolgen. Das Stimmgeheimnis muss gewahrt bleiben, und der Datenschutz muss umfassend gewährleistet sein.

Die elektronische Zeichnung ermöglicht eine breitere Beteiligung

Wenn die Sammlung der Unterschriften auch digital durch elektronische Zeichnungen erfolgen kann, ergeben sich für die Bürgerinnen und Bürger zahlreiche Vorteile:

  • Mehr Menschen können sich beteiligen. Bisher müssen Unterstützerinnen und Unterstützer persönlich zu einem Stand gehen, um zu unterschreiben. Arbeitszeiten passen oft nicht, manche Personen können aufgrund körperlicher Einschränkungen den Stand nicht erreichen, und andere haben Vorbehalte, in der Öffentlichkeit – etwa in der Fußgängerzone – zu unterschreiben.
  • Die politische Debatte gewinnt an Qualität. Bürgerinnen und Bürger können sich intensiver informieren, bevor sie über eine Unterstützung entscheiden, wenn sie dies bequem am Computer tun. Denn die politische Diskussion findet heute sowohl analog als auch digital statt.
  • Für die Initiatorinnen und Initiatoren von Einwohneranträgen, Bürgerbegehren, Volksinitiativen und Volksentscheiden wird die Organisation einfacher. Sie erhalten mehr Optionen für die Sammlung der Unterstützungsbekundungen und können gezielter priorisieren. So können sie zusätzliche Informationsangebote schaffen.
  • Die Demokratie wird widerstandsfähiger gegenüber äußeren Einflüssen. Naturkatastrophen, extreme Wetterlagen oder eine Pandemie können die herkömmliche Unterschriftensammlung erheblich beeinträchtigen oder unmöglich machen. Besonders die kalte Jahreszeit stellt direktdemokratische Beteiligungsmöglichkeiten regelmäßig vor große Probleme.
  • Der Datenschutz wird erhöht. Bei der herkömmlichen Unterschriftensammlung können die persönlichen Daten der anderen Unterstützerinnen und Unterstützer auf demselben Bogen eingesehen werden. Eine elektronische Zeichnung schützt die Privatsphäre der Beteiligten besser.
  • Die Umwelt wird geschützt. Die traditionelle Sammlung erfordert eine große Menge Papier für Unterschriftenbögen. Bei der elektronischen Zeichnung entfällt dieser Papieraufwand, und wertvolle Ressourcen können anderweitig genutzt werden.

Elektronische Zeichnungen sparen erhebliche Kosten beim Staat

Sobald die Initiatorinnen und Initiatoren Unterschriften gesammelt haben, muss der Staat überprüfen, ob diese authentisch sind. Dieser Prozess ist sehr aufwändig: Die Beschäftigten der Verwaltung vergleichen die Namen der Unterzeichnenden mit dem örtlichen Melderegister.

Nur wenn die Personen die gesetzlichen Anforderungen erfüllen und beteiligungsberechtigt sind, wird die Unterschrift als gültig anerkannt. Anschließend bestätigen die Beschäftigten der Verwaltung den Unterschriftenbogen mit eigener Unterschrift und einem Siegel.

Wenn sich die Bürgerinnen und Bürger jedoch eigenständig mittels elektronischer Zeichnung authentifizieren (etwa mit der Deutschland-ID des Personalausweises), entfällt dieser aufwändige Arbeitsschritt für den Staat vollständig.

Die FDP-Landtagsfraktion hat die Landesregierung befragt, welche Arbeitszeit und Lohnkosten bei der herkömmlichen Prüfung analoger Unterschriften entstehen.

Zwar sind den Kommunen die exakten Kosten nicht bekannt, aber acht befragte Kommunen schätzen, dass die Prüfung von 100 Unterschriften etwa 100 bis 150 Minuten in Anspruch nimmt.

Ein Beispiel aus dem Jahr 2019 zeigt die Kosten für das Land bei der Prüfung einer Volksinitiative. Die Initiative „Aufbruch Fahrrad“ reichte rund 200.000 Unterschriften ein. Dabei fielen folgende Kosten an:

  • Die Beschäftigten der Landesverwaltung benötigten schätzungsweise 5.200 Arbeitsstunden, um die Unterschriften zu prüfen.
  • Das entspricht etwa drei Vollzeitkräften, die ein Jahr lang ausschließlich mit der Prüfung von Unterschriften beschäftigt wären.
  • Für Sach- und Lohnkosten gab das Land nach eigener Schätzung 240.000 Euro aus.
  • Demnach verursacht jede geprüfte Unterschrift Kosten in Höhe von etwa 1,40 Euro.

Im Vergleich zu anderen verfügbaren Zahlen scheint die Bearbeitung dieses Fallbeispiels kostengünstig gewesen zu sein. Das Bundesland Berlin ließ die Kosten für die Prüfung analoger Unterschriften überprüfen.

  • Jährlich müssen dort etwa 200.000 Unterschriften manuell geprüft werden.
  • Die Kosten pro geprüfte Unterschrift belaufen sich laut Kostenrechnung der letzten Jahre auf zwei bis drei Euro pro Unterschrift.
  • Insgesamt entstehen dadurch Kosten von rund 400.000 bis 600.000 Euro pro Jahr.

Durch die Digitalisierung der Unterschriftensammlung ist zu erwarten, dass die Anzahl von eingereichten Begehren steigen wird, was auf Seiten besonders der kommunalen Verwaltungen zusätzlichen Aufwand auslösen kann (Auswertung, Vorbereitung von Stellungnahmen etc). Um eine effiziente Bearbeitung der digital eingereichten Bürgerbegehren zu gewährleisten, muss den Kommunen eine technische Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden, die eine digitale Verarbeitung, Verwaltung und Auswertung der Begehren ermöglicht.

Die Beteiligungsplattform beteilung.nrw bietet für diese Backoffice-Komponente einen guten Ansatzpunkt und sollte in diese Richtung weiterentwickelt werden. Die Kosten trägt das Land.

Stärkung der Akzeptanz politischer Entscheidung

Die Möglichkeit, sich direkt an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen, stärkt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Demokratie. Indem ihnen durch elektronische Zeichnungen der Zugang zu direktdemokratischen Verfahren erleichtert wird, können sich mehr Menschen aktiv in die politische Willensbildung einbringen. Diese direkte Beteiligung schafft das Gefühl, dass politische Entscheidungen nicht „über die Köpfe hinweg“ getroffen werden, sondern dass jede Stimme zählt. Dadurch wird nicht nur die Legitimität des Verfahrens gestärkt, sondern auch die Akzeptanz der getroffenen Entscheidungen in der breiten Öffentlichkeit erhöht. Menschen, die sich aktiv einbringen können, stehen politischen Ergebnissen tendenziell aufgeschlossener gegenüber, weil sie das Verfahren als fair und transparent empfinden.

Der Einsatz der Deutschland-ID gewährleistet die Richtigkeit der abgegebenen Unterstützungsbekundungen. Im Gegensatz zu Systemen, in denen die Daten von den Unterstützerinnen und Unterstützern manuell eingegeben werden (z.B. selbst eingerichtete Systeme), verhindert die Deutschland-ID, dass Unstimmigkeiten oder Abweichungen zwischen den Eintragungen und dem Melderegister auftreten. Das Verfahren bietet dadurch eine höhere Genauigkeit und Verlässlichkeit.

Zusätzlich sorgt die Nutzung der Deutschland-ID für eine gesteigerte Akzeptanz in der Öffentlichkeit, da die Bürgerinnen und Bürger mehr Vertrauen in die Korrektheit, Echtheit und den Umfang der gesammelten Unterstützung haben. Die digitale Verifikation vermittelt Sicherheit und Transparenz, was entscheidend zur breiten Anerkennung des Verfahrens beiträgt.

Allerdings nutzen nicht alle Bürgerinnen und Bürger die Deutschland-ID. Zudem gibt es in unserer Gesellschaft nach wie vor eine so genannte „Digitale Kluft“ zwischen jenen, die mit digitalen Technologien intuitiv und ganz natürlich umgehen, und jenen, die weitgehend analog leben wollen. Bei der Einführung digitaler Beteiligungsformaten ist daher wichtig, dass sich auch diese Personen weiterhin beteiligen können. Deswegen soll die digitale Unterschriftensammlung die bisherige analoge Unterschriftensammlung lediglich ergänzen.

Auf den Erfahrungen anderer Bundesländer und Staaten aufbauen

Einige Bundesländer haben bereits wertvolle Erfahrungen mit der elektronischen Zeichnung bei Volksinitiativen und Bürgerbegehren gesammelt, auf die wir in Nordrhein-Westfalen aufbauen können.

Der Innensenat des Landes Berlin hebt die Vorteile wie folgt hervor: „Herauszuheben ist insbesondere die zu erwartende deutliche Entlastung der Ämter für Bürgerdienste aufgrund des voraussichtlich weitgehenden Wegfalls händischer Unterschriftenprüfungen“. Die Bürgerämter hätten dann mehr Zeit, sich um die Belange der Bürgerinnen und Bürger zu kümmern.

In Schleswig-Holstein ist es bereits möglich, Unterstützung für landesweite Volksinitiativen digital zu sammeln. Im „Volksabstimmungsgesetz“ regelt der § 6a die Online-Eintragung. Im Jahr 2021 hat die Landesregierung – unter Mitwirkung der FDP – die notwendige Rechtsverordnung verabschiedet und das entsprechende Onlineportal freigeschaltet.

Auch für Nordrhein-Westfalen bedarf es einer Anbindung an ein Onlineportal. Als Vorbild kann auch das Serviceportal des Landes Schleswig-Holstein dienen. Auf dieser Plattform können Bürgerinnen und Bürger ihre Anliegen einbringen, die anschließend von anderen unterstützt werden können. Zur Authentifizierung nutzen die Unterstützerinnen und Unterstützer beispielsweise die Deutschland-ID des Personalausweises oder die Elster-ID.

Diese Erfahrungen bieten wertvolle Anknüpfungspunkte für eine digitale Lösung in Nordrhein-Westfalen. Erst kürzlich berichtete das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung in der Presseinformation 540/07/2024 über die Einführung des Portals „Beteiligung NRW“. Es erscheint daher sinnvoll und sachgerecht, auch die digitale Beteiligung an Volksinitiative und Volksbegehren und sowie Einwohneranträgen und Bürgerbegehren über das Portal „Beteiligung NRW“ zu ermöglichen.

Diese Plattform bietet bereits die Grundlage für eine digitale Bürgerbeteiligung und könnte durch eine Erweiterung zur Implementierung der in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen genutzt werden. Eine erweiterte Nutzung dieser bestehenden Infrastruktur könnte die Effizienz und Reichweite der digitalen Bürgerbeteiligung erhöhen und Synergien mit bereits bestehenden Systemen schaffen. Dabei sind offene Standards und Schnittstellen von besonderer Bedeutung. Denn diese garantieren, dass auch andere Bundesländer in ähnlicher Weise wie Nordrhein-Westfalen ihre Beteiligungsformate digitalisieren können.

Wie die digitalen Verfahren ausgestaltet werden und die Authentizität der elektronischen Zeichnungen gewährleistet wird, überantwortet der Landtag den zuständigen Ministerien durch Verordnungsermächtigung in § 33 VIVBVEG, und den §§ 25, 26 GO NRW sowie §§ 22, 23 KrO NRW.

Auch im Ausland gibt es einige Beispiele aus der Praxis.

Die Europäischen Kommission hat mit der Europäischen Bürgerinitiative ein ähnlich gelagertes Instrument zur Beteiligung der Bürgerschaft geschaffen. Zwar hat sie eine andere Stellung im Gesetzgebungsverfahren. Die digitale Infrastruktur der EU-Kommission kann jedoch beispielhaft sein.

Lettland und Finnland nutzen die digitale Unterstützungssammlung bereits. Ähnlich wie bei der Europäischen Bürgerinitiative können staatliche Portale zur Unterschriftensammlung genutzt werden. Die Bürgerinnen und Bürger identifizieren sich mit der online ID-Nummer ihrer Bank.

In der Schweiz nutzt das Kanton Schaffhausen seit 2021 ein Äquivalent der Deutschland-ID, um die lokale Demokratie mit den digitalen Instrumenten weiterzuentwickeln. Andere Kantone diskutieren diesen Weg unter dem Schlagwort „E-Collecting“.

Zu Artikel 1 – Änderungen des Gesetzes zu Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid

Zu §§ 1, 6, 11 und 18b – Ermöglichung der elektronischen Zeichnung, Datenschutz, Verweis auf Verordnungsermächtigung

Die neue Fassung von § 6 Absatz 2 ermöglicht eine elektronische Zeichnung für Volksinitiativen und Volksbegehren. Die Formulierung orientiert sich an § 6a des Volksabstimmungsgesetzes von Schleswig-Holstein, welcher ebenfalls die so genannte „Online-Eintragung“ regelt. Art. 67 Absatz 2 Satz 1 der Landesverfassung NRW steht dem nicht entgegen (vgl. zum parallel formulierten Art. 48 Abs. 1 Satz 3 Verfassung des Landes Schleswig-Holstein: Schulz in: Becker/Brüning/Ewer/Schliesky, Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, 1. Auflage 2021, Art. 48, Rdnr. 29; zur Entbehrlichkeit der eigenhändigen Namenszeichnung vgl. BVerwG NVwZ, 2021, 1061 (1064)). Aus dem Zusammenhang zu Absatz 2 Satz 2 („Beteiligungsrechts im Sinne des § 1 des Landeswahlgesetzes“) ergibt sich, dass nicht nur die Unterschrift, sondern die Eintragung insgesamt inklusive der weiteren Angaben nach § 1 Absatz 3 Nummer 4 (i.V.m. § 18a Absatz 1 Satz 2) VIVBVEG elektronisch zu erfassen sind (vgl. Friedersen in PdK Schleswig-Holstein, Gesetz über Initiativen aus dem Volk, Volksbegehren und Volksentscheid, Erl. zu § 6a).

Das digitale Verfahren soll die Abgabe von Unterstützungsbekundungen vereinfachen und die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, sich einfacher an Volksinitiativen und Volksbegehren zu beteiligen. Dies trägt zur Modernisierung und Vereinfachung des demokratischen Beteiligungsverfahrens bei und erleichtert es den Bürgerinnen und Bürgern, sich aktiv einzubringen.

Die bisher bestehenden Regelungen betreffen die sogenannte „freie Unterschriftensammlung“ für Volksinitiativen und Volksbegehren, bei der Initiatorinnen und Initiatoren mit analogen Unterschriftsbögen öffentlich für ihr Anliegen werben. Mit den hier vorgeschlagenen Änderungen wird diese traditionelle Form der Unterschriftensammlung um die Möglichkeit der elektronischen Zeichnung ergänzt.

Die Vertrauenspersonen der Initiativen haben künftig die Möglichkeit zu veranlassen, dass die Unterschrift durch eine elektronische Zeichnung ersetzt werden kann. Das Land stellt hierfür eine Onlineplattform zur Verfügung, die es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, ihre Unterstützung digital und sicher zu erklären.

Mit Blick auf den Datenschutz wird eine klare Rechtsgrundlage geschaffen, die es erlaubt, die im Rahmen der Online-Eintragung erfassten personenbezogenen Daten für die Überprüfung an die Meldebehörden weiterzuleiten. Damit wird sichergestellt, dass die Überprüfung der Beteiligungsberechtigung der Unterzeichnenden ordnungsgemäß und datenschutzkonform erfolgt. Das für Inneres zuständige Ministerium wird per Verordnung ermächtigt, die Details der Aufbewahrung und Vernichtung dieser personenbezogenen Daten zu regeln, um den Schutz der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen.

Zu § 31 – Kosten

Anders als bei der traditionellen Unterschriftensammlung, für deren Kosten teilweise die Initiatorinnen und Initiatoren aufkommen, trägt das Land bei der elektronischen Zeichnung die Kosten für die Bereitstellung und den Betrieb des Onlineportals.

Zu § 33 – Rechtsverordnungsermächtigung

Mit der Änderung des § 33 wird das Innenministerium ermächtigt und verpflichtet, durch eine Rechtsverordnung die Details zur Nutzung des landeseigenen Onlineportals und der elektronischen Zeichnung zu regeln. Dabei sind drei wesentliche Voraussetzungen zu erfüllen:

  • Gleichwertigkeit der formalen Anforderungen: Für die elektronische Zeichnung müssen die gleichen formalen Anforderungen gelten wie für die herkömmliche Unterschriftensammlung. Dadurch wird sichergestellt, dass die Integrität des Verfahrens gewahrt bleibt und die Anforderungen an die Validität der Unterstützungserklärungen einheitlich sind.
  • Elektronische Identifikation: Die Unterstützerinnen und Unterstützer müssen sich elektronisch identifizieren können. Hierfür stehen beispielsweise die Deutschland-ID des Personalausweises oder die Elster-ID zur Verfügung. Dies gewährleistet eine sichere und nachvollziehbare Identifizierung der Unterzeichnenden.
  • Sichere Durchführung der Zeichnung: Die elektronische Zeichnung muss unter sicheren Bedingungen erfolgen. Das Stimmgeheimnis ist zu wahren, und der Datenschutz ist einzuhalten, um die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger zu schützen und das Vertrauen in das Verfahren zu fördern.

Zu Artikel 2 – Änderung der Gemeindeordnung

Zu §§ 25 und 26 – Einwohnerantrag und Bürgerbegehren auf Gemeindeebene

Mit dieser Änderung wird die Möglichkeit der elektronischen Zeichnung auch auf Gemeindeebene für den Einwohnerantrag und das Bürgerbegehren eingeführt. Zudem wird eine gesetzliche Grundlage für die Verarbeitung der dabei erhobenen personenbezogenen Daten geschaffen, um den Anforderungen des Datenschutzes gerecht zu werden.

Die Verordnungsermächtigung des für Kommunales zuständigen Ministeriums wird erweitert, und das zuvor eingeräumte Entschließungsermessen durch eine Verpflichtung zum Verordnungserlass ersetzt. Das Ministerium legt weitere Regeln für die Durchführung des Einwohnerantrags fest, insbesondere hinsichtlich der Gewährleistung der Authentizität der elektronisch übermittelten Zeichnung. Es erscheint sachlich geboten, dass sowohl die elektronische Zeichnung von direktdemokratischen Elementen auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene über das Portal „Beteiligung NRW“ erfolgt und dieselbe technische Infrastruktur (Softwarelösung) genutzt wird.

Zu Artikel 3 – Änderung der Kreisordnung

Zu §§ 22 und 23 – Einwohnerantrag und Bürgerbegehren auf Kreisebene

Die Möglichkeit der elektronischen Zeichnung wird auch für die direktdemokratischen Elemente des Einwohnerantrags und Bürgerbegehrens auf Kreisebene geregelt.

Zu Artikel 4 – Inkrafttreten

Um den erforderlichen Vorlauf für die Errichtung des Online-Portals zu ermöglichen, soll das Gesetz am 1. Januar 2027 in Kraft treten.