Grundrechte schützen und Rechtssicherheit schaffen – Regelungschaos bei Drohneneinsätzen beseitigen
I. Ausgangslage
Drohnen werden bereits heute durch Behörden in vielen Anwendungsbereichen eingesetzt.
Ein rechtssicherer Einsatz von Drohnen durch Behörden ist derzeit jedoch nicht möglich; denn
die vormalige Bundesregierung hat eine EU-Regelung fehlerhaft in deutsches Recht umgesetzt. Zusätzlich herrscht ein Regelungswirrwarr bei den Ermächtigungsgrundlage zur Nutzung von Drohen durch die Polizei. Diese stützt sich auf bis zu zehn verschiedene Rechtsgrundlage bei dem Einsatz von Drohnen. Das muss ein Ende haben –einheitliche, verständliche Rechtsgrundlagen zur Nutzung von Drohnen durch Behörden müssen geschaffen werden.
Im Einzelnen:
Seit dem 11. September 2018 ist die Europäische Union für die Regelungen bezüglich der
unbemannten Luftfahrt für alle Gewichtsklassen zuständig. Zum 1. Januar 2021 wurde eine
neue Drohnen-Verordnung1 seitens der EU erlassen, deren Ziel es ist, einen einheitlichen
Rechtsrahmen für den Betrieb von Drohnen innerhalb der EU zu schaffen. Am 17. Juni 2021
wurde dann das neue „Gesetz zur Anpassung nationaler Regelungen an die Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 der Kommission vom 24. Mai 2019 über die Vorschriften und Verfahren für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge“ im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil
I Nr. 32 veröffentlicht und damit der neue § 21 k LuftVO geschaffen.
Der Betrieb von Drohnen durch Behörden ist nach diesem neu geschaffenen § 21 k LuftVO
generell erlaubnisfrei, wenn diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben eingesetzt werden. Der Behördenbegriff ist in der maßgeblichen Norm in Form des § 21 k LuftVO jedoch weiter gefasst als
im EU-Recht vorgesehen. Denn nach dem EU-Recht sollten die Behörden und Organisationen
nur dann erlaubnisfrei Drohnen fliegen dürfen, wenn sie Sicherheitsaufgaben übernehmen,
sogenannte BOS. Nach dem Gesetzeswortlaut der LuftVO hingegen sind auch Baubehörden,
Umweltbehörden und andere Behörden umfasst. Das bedeutet, dass die derzeitige Bundesregelung in § 21 k LuftVO EU-rechtswidrig ist, weil nach EU-Recht Behörden ohne Sicherheitsaufgaben Drohnen gar nicht erlaubnisfrei einsetzen dürfen. Den Fehler bei der Umsetzung des EU-Rechts durch die Große Koalition in der vergangenen Legislaturperiode hat das mittlerweile FDP-geführte Bundesverkehrsministerium erkannt. Im Juli 2022 hat dieses unter dem „Betreff: Mitteilung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr zur Anwendung und Auslegung des Behördenbegriffs und zur geplanten Änderung des § 21k Luftverkehrs-
Ordnung“ Folgendes bekannt gegeben:
„Von § 21k Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) können ausschließlich Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) im engeren Sinne erfasst werden, so die Auffassung der Europäischen Union für Flugsicherheit (EASA). Dies umfasst staatliche und nichtstaatliche Akteure, die spezifische Aufgaben zur Bewahrung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wahrnehmen. Zu den BOS zählen z. B. die Polizeien des Bundes und der Länder, die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW), die Bundeszollverwaltung, die Feuerwehren, die Rettungsdienste, die Katastrophen- und Zivilschutzbehörden von Bund und Ländern einschließlich der mitwirkenden Hilfsorganisationen, sowie die mit Sicherheits- und Vollzugsaufgaben gesetzlich beauftragten Behörden und Dienststellen. Alle anderen Behörden werden von diesem Paragraphen nicht erfasst. Für die 25-Kilogramm-Grenze des § 21k Absatz 1 LuftVO besteht ebenfalls kein Raum mehr. Das BMDV hat dem Luftfahrt-Bundesamt und die Luftfahrtbehörden der Länder diese Auffassung der EASA übermittelt, die ab sofort Anwendung findet. Eine entsprechende kurzfristige Klarstellung in den nationalen Vorschriften ist in Planung.“
Jedoch müssen auch auf Landesebene aufgrund der immer größeren Bedeutung klare Regelungen sowie Vorgaben und Handlungsempfehlungen geschaffen werden. Der Einsatz von Drohnen durch Behörden nimmt nämlich auch in Nordrhein-Westfalen immer weiter zu und wird auch in Zukunft weiter ausgebaut. In der vergangenen Legislaturperiode wurden für die Polizei in Nordrhein-Westfalen Drohnen angeschafft. Sie will dieses Jahr hunderte Drohnenpiloten ausbilden.
BOS sowie von ihnen für den Drohneneinsatz beauftrage Dritte sind nach der EU-Grund-Ver-
ordnung4 von diesen Regelungen ausgenommen, alle anderen Behörden und Dienststellen
jedoch nicht.
Der Überflug eines Wohngrundstückes mit einer Kameradrohne unter Aufsicht von BOS wäre
demnach luftrechtlich zulässig. Darüber hinaus bedarf jedes staatliche Handeln, das in verfassungsrechtlich verbürgte Grundrechte eingreift, nach dem Vorbehalt des Gesetzes einer bundes- oder landesgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Das Erstellen von Bild- und Tonaufnahmen von Personen mittels Drohne durch BOS kann einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und weitere Grundrechte darstellen und bedürfte dann einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Im kommunalen Bereich fehlen bisher jegliche Regelungen neben § 21a Abs. 2 LuftVO.
Die Polizei in Nordrhein-Westfalen wird Drohnen immer häufiger einsetzen, wie aus der Antwort einer Kleinen Anfrage des Abgeordneten Dr. Werner Pfeil hervorgeht. Der Antwort ist zudem zu entnehmen, dass sich die Polizei auf bis zu zehn Rechtsgrundlagen stützt, um Drohnen einzusetzen. Explizite sowie klar verständliche Regelungen zum Einsatz von Drohnen finden sich nicht. Diese sind aber aufgrund der besonderen Eingriffsintensität von leisen und kompakten Drohnen in Grundrechte von Betroffenen geboten. Dies gilt auch für Einsätze von Behörden ohne Sicherheitsaufgaben, denn der Datenschutz spielt hier eine wichtige Rolle:
In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Werner Pfeil teilte die Landesregierung mit, dass das Erstellen von Bild- und Tonaufnahmen von Personen mittels Drohnen durch die Kommunen einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstelle und daher einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürfe.
Diese Aspekte führen dazu, dass Drohnen nur bedingt rechtssicher eingesetzt werden können
- die Normenstruktur ist für alle Beteiligte schwer verständlich und kaum handhabbar. In Zeiten
fortscheitender Technik und Digitalisierung muss jedoch auch das Recht dementsprechend
angepasst werden. Einen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung hingegen nicht.
Im Katastrophenschutz haben die Hilfsorganisationen selbst einen Leitfaden für die Anwendung von Drohnen entwickelt. Dieser sollte 2022 evaluiert werden, was allerdings noch nicht erfolgt ist. Das Rote Kreuz als eine der großen Hilfsorganisationen hat eine eigene Dienstvorschrift des DRK zum „Einsatz von Drohnen im Bevölkerungsschutz“ im Jahr 2019 veröffentlicht, die das DRK-Präsidium auf der Grundlage der „Empfehlungen für Gemeinsame Regelungen zum Einsatz von Drohnen im Bevölkerungsschutz, herausgegeben durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe“10im November 2019 beschlossen hat.
Doch auch große wie kleine Hilfsorganisationen benötigen einen klaren gesetzlichen Rahmen
für Ihre Drohnenflüge: Denn die Unterscheidung, wann eine Hilfsorganisationen wie das DRK
innerhalb von Gemeinden mit Sicherheitsaufgaben betraut ist und wann nicht, ist für die erlaubnisfreie Nutzung von Drohnen wesentlich. Daher bedarf es auch in dieser Konstellation einer klaren gesetzlichen Abgrenzung.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
•Der rechtssichere Einsatz von Drohnen schützt die Grundrechte der Bürgerinnen und
Bürger, schafft Sicherheit und erleichtert die Aufgabenwahrnehmung von Behörden im
Land Nordrhein-Westfalen.
•Behörden mit und ohne Sicherheitsaufgaben müssen zur Erfüllung ihrer Aufgaben technisch auf dem neusten Stand sein sowie adäquat ausgerüstet werden.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
•verbindliche Handlungsempfehlungen für den Einsatz von Drohnen und die Verwendung
der damit gewonnenen Daten für Behörden mit und ohne Sicherheitsaufgaben in Nord-
rhein-Westfalen zu schaffen.
•taugliche und einfache Ermächtigungsgrundlagen für den rechtssicheren Einsatz von
Drohnen und die Verwendung und Speicherung von Daten aus dem Drohneneinsatz für
Behörden in Nordrhein-Westfalen zu schaffen.
•ein einheitliches Konzept für den Einsatz von Drohnen im Katastrophenschutz zu erarbeiten.
•eine Strategie zu entwickeln, um Bürgerinnen und Bürger über den Einsatz von Drohnen
und deren Auswirkungen zu informieren.