Investitionen für Wirtschaftswende anreizen und Investitionsprämie wiederbeleben!

I. Ausgangslage

Die aktuelle Konjunktureintrübung mit Wirtschaftsschrumpfung verschärft die strukturellen Herausforderungen am Standort Deutschland und Nordrhein-Westfalen. Durch in der Folge niedrige Investitionsquoten verlangsamt sich die Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft. Investitionen mit dem alleinigen Ziel der CO2-Reduzierung sind nicht wohlstandsfördernd, sondern führen angesichts eines niedrigen Potenzialwachstums vor allem zu Inflationsdruck. Investitionen am Standort Deutschland müssen sich folglich rentieren, damit die Transformation zur Klimaneutralität durch den Privatsektor gelingen kann.

Alle Maßnahmen, die die Rendite von Investitionen steigern, sind förderlich. Denn nur eine im internationalen Vergleich attraktive Renditeerwartung stärkt die Motivation, am Standort Deutschland zu investieren. Andernfalls sind auch die ambitionierten deutschen Klimaziele nicht zu erreichen und es kommt –wie zurzeit –infolge staatlicher Überregulierung sowie von Markteingriffen zu einer Abwanderung bzw. einem Abbau des heimischen Kapitalbestands.

Die Investitionszurückhaltung in Deutschland und Nordrhein-Westfalen ist ein zentrales Problem, ohne dessen Lösung Wirtschaft und Wachstum nicht in Gang kommen werden. Hohe Zinsen, hohe Energiepreise, eine sanierungsbedürftige Infrastruktur und wachsender Fachkräftemangel begrenzen dabei das Potentialwachstum.

Wirtschaftsministerin Mona Neubaur hat in einem Gastbeitrag im Handelsblatt einen „Investitionsbooster“auf Bundesebene vorgeschlagen, der private Investitionen für die klimafreundliche Transformation der Wirtschaft anreizen soll. Jedes Unternehmen, das in eine klimafreundliche Maßnahme investiert, soll als Investitionszulage über den Abschreibungszeitraum eine Steuergutschrift in Höhe von 25 Prozent des Investitionsbetrags erhalten. Die Investitionszulage soll zunächst auf die nächste Steuerfestsetzung angerechnet und ein Differenzbetrag auch dann ausgezahlt werden, wenn die Zulage höher als die zu zahlende Steuer ist.

Förderfähig sollen grundsätzlich alle Maßnahmen sein, die nachweislich über einen längeren Zeitraum zur Senkung von CO2-Emissionen beitragen. Die Ministerin und ihre Co-Autoren, Jens Südekum und Paul Niederstein, taxieren den Mehrbedarf an öffentlichen Mitteln auf mindestens 50 Milliarden Euro pro Jahr. Die Mittel sollen schuldenfinanziert über die Schaffung eines neuen Sondervermögens des Bundes bereitgestellt werden.

Ministerpräsident Hendrik Wüst hat sich positiv zu dem Vorschlag seiner Wirtschaftsministerin geäußert. Der Vorschlag der Ministerin sei „ziemlich deckungsgleich“ mit einem Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vor einigen Wochen. Gut sei daran, dass man wegkomme von der bisherigen Logik, einen großen und gewachsenen Wirtschaftsstandort mit Förderprogrammen zu transformieren und „politisch in eine bestimmte Richtung entwickeln zu wollen“, so der CDU-Politiker. „Es ist klüger, über Steueranreize zu gehen.“ Das sei am Beispiel der USA abzulesen.

Die Finanzierung von Investitionsanreizen sollte in Berlin „mit allen wesentlichen Akteuren besprochen werden“, sagte Wüst weiter. Zunächst müsse die Ampel aber unter sich klären, ob das die Position der Bundesregierung sei. „Wir haben jetzt nicht die Zeit, Monate oder vielleicht Jahre zu warten“, sagte Wüst. Denn Monat für Monat würden derzeit Entscheidungen gegen Investitionen und gegen Arbeitsplätze in Deutschland gefällt.

II. Handlungsbedarf

Der Vorschlag von Ministerin Mona Neubaur für einen „Investitionsbooster“ ist nicht vereinbar mit der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse. Für die Schaffung eines neuen Sondervermögens ist die Änderung des Grundgesetzes mit einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages notwendig. Dies wird insbesondere von der Union-Fraktion im Bundestag abgelehnt. Neubaurs ist politisch damit in keiner Weise mehrheitsfähig und hat keine realistische Chance auf Umsetzung.

Wie der Co-Autor des Gastbeitrags im Handelsblatt Jens Südekum öffentlich bestätigt, handeltes sich dem Konzept des „Investitionsboosters“ um ein maximiertes Konzept der sog. „Investitionsprämie“, die auf Betreiben der Bundesländer –einschließlich der nordrhein-westfälischen Landesregierung –aus dem Entwurf des Wachstumschancengesetzes des Bundes gestrichen wurde.

Im ursprünglichen Gesetzesentwurf des Bundes waren für die Jahre 2024 bis 2029 gewinnunabhängige Prämien für Investitionen vorgesehen, die eine Bewältigung der Energietransformation ermöglichen. So sollten auf Antrag Investitionen von Unternehmen unterstützt werden, die zu einer Minderung des Energieverbrauchs beitragen und somit den Umwelt- und Klimaschutz verbessern. Um förderfähig zu sein, müsse die Energieeffizienz zertifiziert sein, z.B. im Rahmen eines Energieaudits oder innerhalb eines Energie- oder Umweltmanagementsystems. Die Bemessungsgrundlage sollte im Förderzeitraum insgesamt maximal 200 Millionen
Euro pro Anspruchsberechtigtem betragen und die Investitionsprämie 15 Prozent hiervon (d.h. max. 30 Millionen Euro).

Von den Bundesländern ist unter Federführung von NRW-Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk die geplante Investitionsprämie des Bundes insbesondere aufgrund ihres bürokratischen Mehraufwands für die Finanzverwaltungen der Länder abgelehnt worden.

Bei der gemeinsamen internen Abstimmung der Bundesländer zur Investitionsprämie wurde der Lösungsvorschlag für eine unbürokratischere Umsetzung des niedersächsischen Finanzministers Gerald Heere offenbar geschlossen von den Bundesländern mit Regierungsbeteiligung der CDU abgelehnt. Er kommentiert hierzu öffentlich: „Echt ein Jammer. Wir haben Umsetzung über eine Beschleunigungsstelle des Bundes (analog Forschungszulage) vorgeschlagen, doch die CDU-Länder haben die Investitionsprämie als Steuererleichterung einfach blockiert. Obwohl die Wirtschaft sie wollte.“

Neuen Anlauf für Investitionsprämie nehmen

Die Investitionsprämie hat den Vorteil, dass sie, anders als die degressive Abschreibung, sich auch dann positiv auf die Liquidität der Unternehmen auswirkt, wenn diese Verluste machen. Dies ist insbesondere in Rezessionen relevant sowie für junge Unternehmen mit Anlaufverlusten.

Das Einsatzgebiet der Investitionsprämie sollte über den sehr eng umrissenen Bereich der Klimaschutzinvestitionen ausgeweitet werden, so dass Investitionsanreize für die ganze Breite der Wirtschaft gesetzt werden.

Der Sachverständigenrat für die Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (die sog. „Wirtschaftsweisen“) haben in ihrem aktuellen Jahresgutachten an dem Regierungsentwurf zur Investitionsprämie die dort angelegten Berichtspflichten zur Steigerung der Energieeffizienz und zu Einsparkonzepten wegen ihres hohen Bürokratieaufwands für die Unternehmen moniert. Der Rat empfiehlt eine möglichst bürokratiearme Ausgestaltung in Form von standardisierten Nachweisen und automatisierten Überprüfungen. Gleichfalls bietet sich an, die maximale Zahl an möglichen Anträgen im beabsichtigten Förderzeitraum auszuweiten sowie die Bemessungsgrundlage für Anschaffungs- oder Herstellungskosten je Antrag zu senken. So können kleine und mittlere Unternehmen von größerem Planungsaufwand und Bürokratie entlastet werden.

Für den von den Ländern geforderten Abbau von zusätzlicher Steuerbürokratie bei der Investitionsprämie könnte das digitale Antragsverfahren bei der steuerlichen Forschungszulage herangezogen, dem ein geringer administrativer Aufwand und kurze Bearbeitungsdauern attestiert werden.

Verlustverrechnung ausweiten

Für Investitionen mit hohem Risiko (beispielsweise in Forschung und Entwicklung) stellt es einen besonderen Anreiz dar, wenn sich der Staat durch bessere Verlustverrechnung stärker am Investitionsrisiko beteiligt, indem Gewinne und Verluste eher symmetrisch behandelt werden. Bei besserer Verrechenbarkeit von Verlusten wird ein größerer Teil der Gewinne von der hohen Gewinnsteuerbelastung in Deutschland geschützt.

Die im Regierungsentwurf vorgesehene Ausweitung der Verlustverrechnung wurde in der Wirtschaft sehr begrüßt, da dadurch Investitionsanreize für alle Unternehmen verbessert werden können. Der Regierungsentwurf sah vor, den Verlustrücktrag nach § 10d Abs.1 EstG für bis zu drei Jahre und in Höhe von 10 Millionen Euro zuzulassen. Die Ausweitung ist ebenfalls im Vermittlungsausschuss gestrichen worden und bietet sich zur Wiederaufnahme an.

Die Länder stehen genauso wie der Bund in der Verantwortung, mehr für die Entlastungen der Gesamtwirtschaft zu tun als nur der kleinste gemeinsame Nenner. Der Bund wird Deutschland nicht allein zurück auf Wachstumskurs bringen können, es braucht eine Kooperation aller staatlichen Ebenen! Bisher wird die NRW-Landesregierung und die schwarz-grüne Koalition ihrer Verantwortung in keiner Weise gerecht. Dabei ist klar: Eine echte Wirtschaftswende in Deutschland gelingt nur mit größten Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen.

Da Ministerpräsident Wüst und Ministerin Neubaur den dringlichen Bedarf staatlicher Investitionsanreize öffentlich betonen und den Bund nachdrücklich zu weiteren Maßnahmen aufgefordert haben, besteht im Rahmen der weiteren Beratungen zum Wachstumschancengesetz die Chance, die gestrichene Investitionsprämie neu zu beleben, auszuweiten und bürokratieärmer auszugestalten. Gleiches gilt für die Ausweitung der Verlustverrechnung. Sofern dies im laufenden Verfahren nicht gelingt, sollte die Landesregierung umgehend für eine neue Gesetzesinitiative auf Bundesebene werben.

II. Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • die Blockade gegen das Wachstumschancengesetz zu beenden und sich für eine größtmögliche Entlastungswirkung des Gesetzes für die gesamte Wirtschaft einzusetzen.
  • sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die deutsche Wirtschaft schnell aus der Rezession herausfindet und alle Maßnahmen des Bundes zu unterstützen, die Entlastungen der Wirtschaft vorsehen und Investitions- und Innovationstätigkeit anregen.
  • sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative einzusetzen für eine

 

  • bürokratiearme Neuauflage und Ausweitung der Investitionsprämie mit geringem administrativen Aufwand für die Finanzverwaltung nach dem Vorbild der steuerlichen Forschungszulage,
  • Verbesserung der Möglichkeiten der Verlustverrechnung und
  • erleichterte Abschreibungsbedingungen.