Jetzt klares Bekenntnis für den Verzicht auf eine Rohstoffabgabe abgeben und auf smartes Rohstoffmanagement setzen.

I.          Ausgangslage

Trotz beständiger öffentlichen Beteuerungen, den Industriestandort Nordrhein-Westfalen erhalten und stärken zu wollen, lässt die Landesregierung ihren Worten keine Taten folgen. Ganz im Gegenteil: Das Energieangebot wird mit dem vorgezogenen Kohleausstieg verknappt, Bürokratieabbau und Digitalisierungsfortschritt pausieren, neue Pflichten und finanzielle Belastungen für Bürger und Wirtschaft sind geplant.

In einer Zeit der Umbrüche und des wirtschaftlichen Abschwungs befindet sich die grüne Wirtschaftspolitik der Landesregierung aus CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Blindflug, dem Industrieland NRW droht der Absturz.

Nordrhein-Westfalen muss um- und neugebaut werden, wenn wir unseren Wohlstand erhalten und unsere Wirtschaft mit einem starken Mittelstand und einer starken Industrie wettbewerbs- und zukunftsfähig aufstellen und erhalten wollen. Straßen, Brücken und Schienen müssen erneuert werden, Stromleitungen und Wasserstoffpipelines gebaut, neuer Wohnraum geschaffen und für eine erfolgreiche Energiewende zahlreiche Gebäude saniert sowie Windräder und PV-Anlagen errichtet werden.

Leider muss festgestellt werden, dass in Nordrhein-Westfalen aber zu wenig investiert wird – und das schon seit Jahren. Die Investitionsquote als Summe aller Bruttoanlageinvestitionen in Hoch- und Tiefbauten, Maschinen, Anlagen, IT-Ausrüstungen, Fahrzeuge sowie immaterielle Anlagen wie Software, Patente, Lizenzen und Urheberrechte (neue Anlagen) liegt mit einem Anteil von 17,2 Prozent des BIP deutlich unter der Investitionsquote aller anderen westdeutschen Bundesländer mit 24,2 Prozent.

Zur niedrigen Investitionsquote kommt erschwerend hinzu, dass Engpässe bei Baumaterialien und im Handwerk sowie eine hohe Inflation mit steigenden Heiz- und Strompreisen nunmehr zu explodierenden Baukosten und Bauzinsen sowie steigenden Verbraucherpreisen geführt haben.

Der Wohnungsbau befindet sich im freien Fall. Die Zahl der Baugenehmigungen ist eingebrochen. Die genehmigte Wohnfläche in geplanten Wohngebäuden war im zweiten Quartal 2023 um 35,1 Prozent niedriger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. In Nichtwohngebäuden war die genehmigte Wohnfläche sogar um 40,2 Prozent niedriger als von April bis Juni 2022.

Die Stimmung im Bauhauptgewerbe ist auf Talfahrt. Der Auftragsmangel hat inzwischen den höchsten Stand seit rund 15 Jahren erreicht und sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen werden schlecht bewertet. Viele Bauprojekte rutschen daher zurzeit in die Unwirtschaftlichkeit. Der Traum von den eigenen vier Wänden rückt für viele Menschen in weite Ferne.

In dieser Phase ist die Landesregierung bisher nicht öffentlich von ihren Plänen abgerückt, die Baukosten durch die Einführung einer Abgabe auf Kies und Sand weiter zu verteuern. Die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum würde durch diese neue zusätzliche Abgabe weiter ausgebremst. Die Sanierung von Straßen und Brücken und der Bau von Windkraftanlagen würden verteuert. Die Bürgerinnen und Bürger sowie die öffentliche Hand, als größter Auftraggeber von Bauprojekten, müssten als Endabnehmer dafür die Kosten tragen.

II.       Handlungsbedarf

Die Sachverständigen-Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz zur geplanten Rohstoffabgabe (APr 18/330) hat nochmals die erheblichen Zweifel an den Teuerung- und Belastungsplänen der Landesregierung unterstrichen:

Eine Rohstoffabgabe ist verfassungsrechtlich höchst zweifelhaft. Eine Ausgestaltung als Sonderabgabe ist verfassungskonform nicht möglich. Eine Erhebung als Gebühr scheidet aus, da die Eigentumsnutzung nicht ohne weitere Voraussetzungen einer Gebührenpflicht unterworfen werden kann. Für eine spezielle landesrechtliche Steuer fehlt die Zuständigkeit des Landes.

Eine Rohstoffabgabe bringt keinen ökologischen Vorteil: Durch die Rohstoffgewinnung verursachten Eingriffe werden ökologisch zumindest kompensiert bzw. häufig überkompensiert durch Renaturierung und Wiedernutzbarmachung. CO2-Einsparungen fallen nicht an, wenn zur Bedarfsdeckung Rohstoffe weniger vor Ort und sondern von weiter weg antransportiert werden müssen.

Mit der Einführung einer landeseigenen Rohstoffabgabe plant die Landesregierung einen Sonderweg in Deutschland und schafft eigene Wettbewerbsnachteile für Rohstoffindustrie in Nordrhein-Westfalen. Die mit einer Rohstoffabgabe belasteten Produktionsstätten in Nordrhein-Westfalen sind umgeben von abgabefreien Produktionsstätten in den Nachbarbundesländern. Bei sonst gleichen Ausgangsbedingungen würde die Rohstoffabgabe die Wettbewerbssituation der NRW-Betriebe erheblich senken und diese in ihrer Existenz gefährden.

Bauen darf nicht künstlich noch teurer gemacht werden. Zinssteigerungen, erhöhte energetische Anforderungen und die Unsicherheit über das weitere Vorgehen der Politik sorgen für ein Umfeld, in dem Investoren auf der Bremse stehen.

Die Landesregierung muss jetzt ein deutliches Zeichen dafür setzen, allgemein auf alle zusätzlichen Abgaben zu verzichten, die potentiell preissteigernd wirken oder eine ungebührliche Belastung für den Industriestandort Nordrhein-Westfalen bedeuten. Daher muss es schnellstens ein Bekenntnis geben, insbesondere von den Plänen der Erhebung einer zweckgebundenen oder nicht zweckgebundenen Rohstoffgabe wie der Kiessteuer abzurücken. Statt Bauen künstlich weiter zu verteuern, muss der Einsatz von Recycling-Rohstoffen stärker angereizt werden, um den Bedarf an heimischen Rohstoffen dauerhaft zu senken.

III.      Beschlussfassung

Der Landtag stellt fest:

  • Bauen darf nicht künstlich verteuert werden. Zinssteigerungen, erhöhte energetische Anforderungen und die Unsicherheit über das weitere Vorgehen der Politik sorgen für ein Umfeld, in dem Investoren auf der Bremse stehen.
     
  • Eine landeseigene Rohstoffabgabe ist verfassungsrechtlich höchst zweifelhaft. Eine Ausgestaltung als Sonderabgabe ist verfassungskonform nicht möglich. Eine Erhebung als Gebühr scheidet aus, da die Eigentumsnutzung nicht ohne weitere Voraussetzungen einer Gebührenpflicht unterworfen werden kann. Für eine spezielle landesrechtliche Steuer fehlt die Zuständigkeit des Landes.
     
  • Eine Rohstoffabgabe bringt keinen ökologischen Vorteil: Durch die Rohstoffgewinnung verursachten Eingriffe werden ökologisch zumindest kompensiert bzw. häufig überkompensiert durch Renaturierung und Wiedernutzbarmachung. CO2-Einsparungen fallen nicht an, wenn zur Bedarfsdeckung Rohstoffe weniger vor Ort, sondern von weiter weg antransportiert werden müssen.
     
  • Eine landeseigene Rohstoffabgabe schafft Wettbewerbsnachteile für die Rohstoffindustrie in Nordrhein-Westfalen. Die mit einer Rohstoffabgabe belasteten Produktionsstätten in Nordrhein-Westfalen sind umgeben von abgabefreien Produktionsstätten in den Nachbarbundesländern. Bei sonst gleichen Ausgangsbedingungen senkt die Rohstoffabgabe die Wettbewerbssituation der NRW-Betriebe erheblich und gefährdet diese in ihrer Existenz gefährden.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • allgemein auf alle zusätzlichen Abgaben zu verzichten, die potentiell preissteigernd wirken oder eine ungebührliche Belastung für den Industriestandort Nordrhein-Westfalen bedeuten.
     
  • speziell auf die Erhebung zweckgebundener oder nicht zweckgebundener Rohstoffgaben wie der Kiessteuer zu verzichten.
     
  • ein konsequentes, wissenschaftlich fundiertes Rohstoff-Monitoring und eine umfassende Rohstoffstrategie auf Landesebene einzuführen, um die Versorgung mit heimischen Rohstoffen bedarfsgerecht zu sichern und klimagerecht auszugestalten.
     
  • den Einsatz von nachhaltigen Baustoffen und Bauweisen für die öffentliche Auftragsvergabe verbindlicher auszugestalten. Regionale Bauprodukte mit dem Vorteil kurzer Wege und regionaler Wertschöpfung sowie Recycling-Baustoffe und CO2-einsparende Logistikkonzepte müssen zukünftig gemeinsam eine größere Rolle bei der öffentlichen Auftragsvergabe spielen.
     
  • für die Verwendung von Recycling-Baustoffen eine Zulassungspflicht für öffentliche Auftragsgeber zu prüfen, die nur unter klar definierten Ausnahmen aufgehoben werden darf.