Keine klebrigen Finger – Land muss Bundesmittel vollständig weiterleiten
I. Ausgangslage
Im Jahr 2022 hat es unterschiedliche Vereinbarungen der Länder mit dem Bund über die Geflüchtetenfinanzierung gegeben. In der Bund-Länder Vereinbarung vom 7. April 2022 hat der Bund insgesamt 2 Milliarden Euro zugesagt. Dieser Betrag setzt sich aus 500 Millionen Euro zur Unterstützung der Kommunen bei den Kosten der Unterkunft der Geflüchteten aus der Ukraine, weiteren 500 Millionen Euro zur Abgeltung der Kosten, die zur bisherigen Unterstützung der Geflüchteten aus der Ukraine im Bereich der Lebenshaltungskosten angefallen sind sowie einer Milliarde Euro als Beteiligung an den übrigen Kosten im Zusammenhang mit den Geflüchteten aus der Ukraine, etwa für die Kinderbetreuung und Beschulung sowie Gesundheits- und Pflegekosten zusammen.
Für Nordrhein-Westfalen bedeutete das 430,8 Millionen Euro insgesamt. Diesen Betrag hat die damalige Landesregierung den Kommunen in Nordrhein-Westfalen komplett weitergeleitet.
Am 2. November 2022 hat es eine weitere Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gegeben. Hierbei ist vereinbart worden, dass der Bund für das Jahr 2022 weitere 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Der Anteil des Landes an diesen weiteren 1,5 Milliarden Euro für das Jahr 2022 macht 323,1 Millionen Euro aus.
Über die Verwendung dieses Anteils hat der Haupt- und Finanzausschuss auf Grundlage einer Vorlage des Ministeriums der Finanzen vom 19. Dezember 2022 (Vorlage 18/618 Neudruck) entschieden. Darin heißt es:
„Das Land und die Kommunen sind durch die Erfüllung ihrer Aufgaben im Bereich Flucht und Migration gleichermaßen gefordert. […] Angesichts der gemeinsamen Anstrengungen und Lasten muss dem Land und den Kommunen in gleicher Weise die finanzielle Unterstützung des Bundes zugutekommen: […]
•Die Hälfte der Bundesmittel leitet das Land an die Kommunen in pauschalierter Form weiter […]
•Die andere Hälfte der Bundesbeteiligung verbleibt im Landeshaushalt und finanziert die flüchtlingsbezogenen Landesausgaben.“
Die am 2. November 2022 für das Jahr 2022 weitergehend vom Bund zugesagten Mittel in Höhe von 323,1 Millionen Euro hat das Land demnach zur Hälfte einbehalten und den Kommunen somit vorenthalten.
Gleiches war seitens der Landesregierung für die im November 2022 zugesagten Mittel des Bundes für das Jahr 2023 in Höhe von 1,5 Milliarden Euro für die geflüchteten Menschen aus der Ukraine sowie 1,25 Milliarden Euro als allgemeine flüchtlingsbezogene Pauschale beabsichtigt. Aus diesem Grund gab es keine Einigung mit den Kommunalen Spitzenverbänden über die Verteilung der Mittel in Nordrhein-Westfalen in Höhe von über 592 Millionen Euro.
In der Beantwortung einer Kleinen Anfrage (Drs. 18/2585) führt die Landesregierung zur Weiterleitung von Bundesmitteln für die Finanzierung von Aufgaben im Bereich von Geflüchteten dahingehend aus:
„So hat das Land unter anderem bereits seinen Anteil an den vom Bund zur Verfügung gestellten 2 Milliarden Euro für das Jahr 2022 1:1 an die Kommunen weitergegeben und wird die Städte, Gemeinden und Kreise auch an den vom Bund für 2022 und 2023 zusätzlich zugesagten Mitteln im Umfang von 50 Prozent teilhaben lassen.“
In der jüngsten Einigung zwischen Bund und Ländern vom 10. Mai 2023 hat der Bund die Zahlung einer weiteren Milliarde zugesagt, „damit die Länder dabei unterstützt werden, ihre Kommunen zusätzlich zu entlasten und die Digitalisierung der Ausländerbehörden zu finanzieren“.
Ein Einbehalten der Hälfte der Bundesmittel ist ausweislich der veröffentlichten Aussagen der Landesregierung auch für die Bundesmittel für das Jahr 2023 vorgesehen.
Das stößt –nachvollziehbar –bei den Städten, Gemeinden und Kreisen auf Widerspruch.
Aus diesem Grund ist die Landesregierung zu verpflichten, die Mittel des Bundes, die zur Erfüllung der Aufgaben mit Bezug zu Geflüchteten an das Land Nordrhein-Westfalen gezahlt werden, in voller Höhe an die Kommunen weiterzuleiten.
II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
die Bundesmittel sowohl für die noch in 2022 vereinbarten Zahlungen des Bundes für das Jahr 2022 und 2023, als auch die in der Einigung vom 10. Mai 2023 für das Jahr 2023 zusätzlich zugesagten Mittel sowie weiterer möglicher Finanzzusagen des Bundes im Rahmen der nun-
mehr vereinbarten erneuten Gespräche in vollständiger Höhe an die Kommunen weiterzuleiten.