Keine weiteren Verzögerungen bei der zweiten Abschiebehaftanstalt des Landes – das Land muss die Planungen sowohl für den Standort Mönchengladbach als auch für alternative Standorte vorantreiben
I. Ausganglage
Die Durchsetzung der Ausreisepflicht von Menschen ohne Schutzbedürfnis bzw. Bleiberecht ist wichtig, um die Akzeptanz für unser Asylsystem zu erhalten. Nur so können die begrenzten und zurzeit schon stark beanspruchten Ressourcen für die Integration in die deutsche Gesellschaft auf schutzbedürftige Flüchtlinge und andere Menschen mit Bleibeperspektive konzentriert werden. Dies ist Grundlage dafür, dass wir auch in Zukunft unserer humanitären Verantwortung gerecht werden können. Der Aufenthalt muss durch eine Abschiebung tatsächlich beendet werden, wenn die Betroffenen innerhalb der ihnen gesetzten Frist ihrer Ausreisepflicht nicht freiwillig nachkommen. Dies ist ggf. durch eine sicherzustellen.
Für den Vollzug von Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam steht in Nordrhein-Westfalen derzeit nur die Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige (UfA) Büren im Kreis Paderborn mit 175 Plätzen zur Verfügung. Deren Auslastung ist in den letzten Monaten immer weiter gestiegen. Im dritten Quartal 2025 lag die durchschnittliche Belegung bei 148 Personen. Ein großer Anteil der Abschiebungen auf dem Luftweg wird über den Flughafen Düsseldorf abgewickelt. Daher sollte Abschiebungshaft bzw. Ausreisegewahrsam in einer Liegenschaft in relativer Nähe zum Flughafen vollzogen werden können.
Zum Ausbau der Kapazitäten für eine bzw. ein Ausreisegewahrsam hat die Fraktion der FDP bereits im Dezember 2023 gefordert, eine entsprechende Einrichtung in einer Liegenschaft in Nähe des internationalen Flughafens Düsseldorf einzurichten. Der Antrag „Ausreisepflicht konsequent durchsetzen – Ausreisegewahrsam am Flughafen Düsseldorf einrichten“ (Drs. 18/7203) wurde allerdings am 15. Dezember 2023 von den Koalitionsfraktionen abgelehnt. Seinerzeit vertrat die Landesregierung die Ansicht, dass ein über die Kapazitäten der UfA Büren hinausgehender Bedarf an Unterbringungsplätzen nicht vorhanden sei.
Erst nach dem islamistischen Anschlag in Solingen am 23. August 2024 erfolgte ein Kurswechsel der schwarz-grünen Landesregierung. Mit dem am 10. September 2024 beschlossenen Maßnahmenpaket zu den Bereichen Sicherheit, Migration und Prävention wurde die Schaffung weiterer Haftplätze mit der Planung einer weiteren Abschiebehaftanstalt vorgesehen. Der Bau einer zweiten Abschiebehaftanstalt in Mönchengladbach stellt somit eine wesentliche Säule des Sicherheitspakets dar.
Im Hinblick auf das Finanzvolumen ist die Abschiebehaftanstalt sogar der größte Bestandteil des Sicherheitspakets. Zur Umsetzung wurden im Haushalt 2025 Verpflichtungsermächtigungen im Einzelplan des Ministeriums des Innern von 200 Millionen Euro und in der Allgemeinen Finanzverwaltung von 100 Millionen Euro veranschlagt. Im Haushalt 2026 sollen weitere 50 Millionen Euro als Verpflichtungsermächtigung im Einzelplan des Ministeriums des Innern vorgesehen werden. Diese Mittel sollen der Finanzierung des Kaufs eines Grundstücks und der Anmietung einer noch zu bauenden Einrichtung dienen.
Ein genauer Zeitplan zur Errichtung der Abschiebehaftanstalt wurde von der Landesregierung allerdings bisher nicht kommuniziert. Nur eine für den Neubau nötige Machbarkeitsstudie sei abgeschlossen, weitere Planungs- und Genehmigungsschritte stünden noch aus. Als Standort wurde das Gelände des ehemaligen Joint Headquarters Rheindahlen (JHQ) ausgewählt. Mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) wurde über einen Kauf eines Teils des Geländes verhandelt.
Ende Oktober wurde nunmehr bekannt, dass das Bundesministerium der Verteidigung eine Liste mit 183 ehemaligen militärischen Liegenschaften zwecks möglicher weiterer Nutzungen zur Landesverteidigung zusammengestellt hat, womit zivile Nachnutzungen ausgesetzt werden sollten. Dies betrifft auch das Gelände des ehemaligen Joint Headquarters. Allerdings strebt der Bund dem Vernehmen nach eine Co-Nutzung des Geländes an. Die Landesregierung würde jedenfalls weiter mit diesem Standort für eine zweite Abschiebehaftanstalt planen.
In der Sitzung des Integrationsausschusses am 12. November 2024 wurde nach möglichen weiteren Verzögerungen und einem konkreten Zeitplan für den Bau der Abschiebehaftanstalt gefragt. Die zuständige Ministerin Josefine Paul verwies darauf, dass ein Zeitplan erst dann vorgelegt werden könnte, wenn feststehe, dass man auf dem JHQ-Gelände bauen könnte. Inzwischen wurde bekannt, dass bereits im Oktober 2024 regierungsintern Unwägbarkeiten erörtert wurden und es in dieser Frage erhebliche Differenzen zwischen Staatskanzlei und Fluchtministerium gab.
Dies zeigt den dringenden Handlungsbedarf auf. Einerseits muss in den Verhandlungen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zeitnah eine Entscheidung fallen, ob ein Kauf eines Teils des Geländes des ehemaligen Joint Headquarters Rheindahlen möglich ist. Dabei müssen auch die Planungen so weit vorangetrieben werden, dass unverzüglich nach einem Kauf alle erforderlichen Unterlagen für die baurechtliche Planung der Stadt Mönchengladbach vorgelegt werden können. Anderseits müssen aber auch parallel alternative Standorte geprüft und ausgewählt werden und für diese ebenfalls die erforderlichen Planungen eingeleitet werden. Weitere Verzögerungen sind nicht hinnehmbar.
II. Beschlussfassung
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- die Verhandlungen mit dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) bzw. mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BlmA) über einen möglichen Kauf eines Teils des Geländes des ehemaligen Joint Headquarters Rheindahlen (JHQ) schnellstmöglich zum Abschluss bringen, ggf. auch durch Vorgabe einer Frist für eine positive oder negative Entscheidung des Bundes,
- die Planungen für den Standort Mönchengladbach für eine Abschiebehaftanstalt so vorzubereiten, dass unverzüglich nach einem Kauf eines entsprechenden Teils des Geländes alle erforderlichen Unterlagen für die baurechtliche Planung der Stadt Mönchengladbach vorgelegt werden können sowie
- parallel zu diesen Planungen alternative Standorte prüfen, einen davon auszuwählen und für diesen ebenfalls die erforderlichen Planungen einzuleiten.