Kita-Helfer und Sprach-Kitas sichern. Angebot der Opposition annehmen und kurzfristig erste Teile der Kibiz-Revision umsetzen.

I. Ausgangslage

Die Lage der frühkindlichen Bildung hat sich nicht erst seit dem letzten Jahr massiv verschlechtert, aber aktuell ist sie so bedroht wie noch nie. Trägerinsolvenzen sind nicht mehr ausgeschlossen, erste Einrichtungen schließen zum Ende des Jahres und weitere Träger planen Schließungen bzw. planen das Auslaufen insbesondere von kleineren Einrichtungen, da sie nicht mehr wirtschaftlich bzw. nicht mindestens kostendeckend zu betreiben sind. Eltern, die ihre Kinder aktuell in den Einrichtungen der frühkindlichen Bildung eingewöhnen, können nicht sicher sein, dass sie diese auch bis zur Einschulung besuchen können. Der Bedarf an Plätzen kann in einigen Regionen schon länger nicht mehr gestillt werden. Der Neubau der Einrichtungen und die Schaffung der Plätze ist aber immer schwieriger geworden, weil die Finanzierung der Baukosten und Mietkostenzuschüsse nicht mehr der Realität entsprechen.

Die Folgen von Inflation und Krieg haben bei den Einrichtungen und Trägern Finanzierungsprobleme immer mehr zugenommen: So teilte die Diakonie bereits mit: Sollten keine Budgetsteigerungen bzw. Zuschüsse für den Bereich der Kindertagesstätten erfolgen, droht die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, letztlich die Insolvenz. Die Abgabe von einzelnen Kitas bis hin zur Aufgabe des gesamten Geschäftsbetriebes würde so für viele unausweichlich werden. Ungebundene Rücklagen sind längst aufgebraucht. In einer Pressemitteilung der Diakonie heißt es folglich: „Wenn klar wäre, dass das fehlende Geld zeitnah durch neue Zuflüsse wieder eingenommen werden könne, seien auch finanziell angespannte Zeiten aushaltbar. "Aufgrund ausbleibender Zusagen des Landes fehlt derzeit vielen Trägern diese Mut machende Perspektive"[…]. Das führe auch dazu, dass notwendige Investitionen, etwa in energetische Sanierungen von Gebäuden, Fachkraftoffensiven oder die Digitalisierung aufgeschoben würden.“ Die Kitas benötigen also zusätzlich zu einem Rettungspaket auch eine Garantie,dass Mittel weiter fließen.

In dieser Lage muss es für die Einrichtungen zynisch sein, dass das Alltagshelferprogramm zwar fortgeführt wird, aber 10 Prozent Eigenanteil aufgebracht werden müssen. Der verlangte Eigenanteil kann nicht aus den KiBiz-Mitteln erbracht werden, weshalb sich erste Träger bereits von den Alltagshelfern verabschiedet haben. Einzelne Kommunen wie jüngst der Kreis Minden-Lübbecke springen bei den Träger-Anteilen in die Bresche. Da dies aber nicht flächendeckend möglich ist, droht ein weiterer Flickenteppich in der frühkindlichen Bildung. Dass die Kita-Helfenden noch immer nicht im Kibiz verankert sind, zeugt auch von mangelnder Wertschätzung für die Mitarbeitenden. Die Beschäftigten müssen sich so von Vertrag zu Vertrag hangeln und haben keine Chancen auf eine sichere Beschäftigung und gute Bedingungen. Ein Träger-Vertreter fasst es wie folgt zusammen: „Es ist ein Unding, dass man Kita-Helfern immer wieder nur befristete Verträge anbieten kann –dabei benötigen wir sie so dringend.“

Eine andere Träger-Vertreterin beklagt sich: „Erst müssen wir die Bewerber hinhalten und können ihnen keine verlässlichen Zusagen geben, dann können wir ihnen keine Perspektive für die Zukunft bieten.“

Auch die Rettung der Sprachkitas ist in der Realität eine Scheinrettung, da die Fördermittel nicht entsprechend der Tarifsteigerung erhöht wurden und die Träger auch wieder bei der gesamten Fortführung für drei Monate in Vorleistung gehen müssen. Die lange Unklarheit hat auf Seiten der Träger auch dazu geführt, dass viele Einrichtungen sich von den Sprachkitas verabschiedet haben oder auch die Fachkräfte und Fachberatungen selber gekündigt haben, weil diese Unsicherheit für sie nicht mehr gangbar war. Dies belegt auch ein Schreiben des Netzwerk Zusätzliche Fachberatungen Sprach-Kitas NRW, vom 29. August 2023 das dem Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie des Landtags NRW zugeleitet wurde. Dort wird explizit angesprochen: „Eine Reihe Träger berichten, dass sie bis heute keinen offiziellen Bescheid erhalten haben, der nach der Interessensbekundung die Teilnahme am Sprach-Kita Programm bescheinigt. Aufgrund der daraus resultierenden Unsicherheit werden freie Stellen zum Teil nicht nachbesetzt. In den Förderrichtlinien wird von „Sprachförderkräften“(S.2 4.2; S.3 4.5; S.4 6.6.1) gesprochen. Es ist wichtig, das 3-Säulen-Modell durchgängig in den Richtlinien ganzheitlich zu vertreten und die zusätzliche Fachkraft nicht missverständlich als „Sprachförderkraft“ zu betiteln. “Leidtragende sind hier wieder die Kinder und Familien, die keine adäquate Förderung und ganzheitliche Unterstützung mehr bekommen.

Das Ministerium führt den Namen Chancen NRW diesem Slogan sollten Taten folgen, auf diese warten die Kinder in NRW aber bisher vergeblich.

II. Der Landtag stell fest, dass

  • Die frühkindliche Bildung in NRW steht in ihrer Verlässlichkeit und ihrer guten Bildung in Frage. Bisher hat die Landesregierung die Dringlichkeit des Handelns und die multiplen Probleme der Einrichtungen und Träger nicht erkannt.
  • Um die Tarifsteigerungen und darüber hinaus die inflationsbedingten Mehrbedarfe bei Energie- und Sachkosten angemessen abzufedern, wurde bereits ein Rettungspaket in Höhe von 500 Millionen Euro vorgeschlagen. Damit würde das Land eine Brücke schaffen, damit alle Träger die Möglichkeit haben, das Kita-Jahr 2024/2025 überhaupt zu erreichen.
  • Eine Fachkräfteoffensive hat es bisher nicht gegeben, die Forderungen der Drucksachennummer 18/3305 haben weiterhin bestand.
  • Eine Programm-Finanzierung von Sprach-Kitas und Kita-Helfenden führt bei Beschäftigten und Trägern nicht zu Planungssicherheit. Für Beschäftigte bedeutet dies immer wiederkehrende Befristungen. Für Träger sind Eigenanteile in der jetzigen wirtschaftlichen Situation nicht zu stemmen. Darum habe zahlreiche Beschäftigte und Träger diesen wichtigen Programmen bereits den Rücken gekehrt.
  • Die demokratische Opposition hat bereits mehrfach das Angebot unterbreitet, verkürzte Fristen für ein beschleunigtes Gesetzgebungsverfahren zu akzeptieren, um eine Entlastung für Träger und Beschäftigte zu realisieren.
  • Eine kurzfristige begrenzte Kibiz-Reform macht weder ein Kita-Rettungspaket, noch eine Fachkräfteoffensive mit zusätzlicher vergüteter Ausbildung, noch ein Ausbauprogramm für die frühkindliche Bildung obsolet.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

in einem beschleunigten Gesetzgebungsverfahren kurzfristig eine Reform des KiBiz vorzulegen, die folgende Punkte umfasst:

a) eine gesetzliche Verankerung des Kita-Helferprogramms bei Verzicht auf einen Eigenanteil der Träger und Dynamisierung der Mittel orientiert an der Entwicklung der Tarifsteigerungen.

b) eine gesetzliche Verankerung der Sprach-Kitas bei Verzicht auf einen Eigenanteil der Träger und Dynamisierung der Mittel orientiert an der Entwicklung der Tarif-steigerungen.

c) ein Vorziehen der jährlichen Dynamisierung der Kindpauschalen auf den 1. Januar, beginnend ab dem Jahr 2024, um die Tarifentwicklung frühzeitiger als bislang abbilden zu können.