Klare Trennung: Keine religiösen Gebetsräume an öffentlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen

I. Ausgangslage

Die Debatte um Gebetsräume an nordrhein-westfälischen Schulen hat in den letzten Wochen neue Aufmerksamkeit erhalten. Nach einer Kleinen Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag ergab eine vorläufige Erhebung des Schulministeriums, dass an 176 Schulen im Land Räume zur religiösen Nutzung bereitgestellt werden. Darunter befinden sich 61 Gymnasien, 44 Grundschulen, 15 Gesamtschulen und weitere Schulformen. Die Räume sind offiziell konfessionsübergreifend, werden jedoch in der Realität oft überwiegend von bestimmten religiösen Gruppen genutzt. Über eine detaillierte Aufschlüsselung der Schulen mit Gebetsräumen verfügt die Landesregierung nach eigenen Angaben nicht.

Schulministerin Dorothee Feller verteidigt die Praxis mit dem Hinweis auf die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit und verweist auf die Entscheidungshoheit der Schulen. Die Entscheidung über die Einrichtung solcher Räume liege bei den Schulleitungen vor Ort. Eine gesetzliche Neuregelung sei laut Schulministerium nicht vorgesehen.

Die FDP-Landtagsfraktion bekennt sich zur Religionsfreiheit, ebenso aber auch zu dem Recht, von religiösen Praktiken in öffentlichen Einrichtungen unbehelligt zu bleiben. Öffentliche Schulen sind Orte weltanschaulicher und religiöser Neutralität. Diese Neutralität wird untergraben, wenn staatliche Schulen Räume für religiöse Zwecke zur Verfügung stellen – gleich ob für einzelne Gruppen oder „offen für alle“. Solche Räume schaffen Konfliktpotenzial, wirken abgrenzend und gefährden den Schulfrieden.

Die Schaffung von Gebetsräumen wirft zudem Fragen zum Thema Raumnutzung und -knappheit aus. An vielen Schulen sind erhöhte Raumbedarfe entstanden, zum Beispiel an Schulen des Gemeinsamen Lernens, die Rückkehr der Gymnasien zu G9 und die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen OGS-Platz an Grundschulen. Dazu passt die Einrichtung von Gebetsräumen ebenfalls nicht.

Zudem zeigt sich ein falsches Verständnis von „Schulfreiheit“: Die Landesregierung zieht sich aus der Verantwortung und überlässt schwierige Grundsatzentscheidungen allein den Schulen – in der Hoffnung, Kontroversen vor Ort auszutragen. Das ist kein Ausdruck von Freiheit, sondern von Beliebigkeit. Echte Schulfreiheit bedeutet, pädagogische und organisatorische Gestaltung zu ermöglichen – nicht aber, die staatliche Verantwortung für klare Rahmenbedingungen zu verweigern. Hier ist klare Führung und Rückendeckung für Schulleitungen durch die Schulaufsicht gefragt.

II. Beschlussfassung

Der Landtag stellt fest:

  • Öffentliche Schulen sind weltanschaulich und religiös neutrale Orte.
  • Die Einrichtung von Gebetsräumen – unabhängig von der Religion – widerspricht der staatlichen Neutralitätspflicht.
  • Religiöse Rituale dürfen nicht in den schulischen Raum hineinverlagert werden und den Schulfrieden nicht gefährden.
  • Schulfreiheit bedeutet pädagogische und organisatorische Autonomie – nicht Beliebigkeit bei weltanschaulichen Grundsatzfragen.
  • Die Landesregierung hat die Aufgabe, Schulen in solchen Fragen klare und verlässliche Leitlinien zu geben und sie nicht allein zu lassen.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • eine rechtliche Klarstellung herbeizuführen, dass die Einrichtung von Gebetsräumen an öffentlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen unzulässig ist.
  • schulrechtlich eindeutig festzuhalten, dass religiöse Gebete an öffentlichen Schulen nur außerhalb des Unterrichts, individuell und ohne schulorganisatorische Unterstützung stattfinden dürfen.
  • den Schulen in NRW klare Handreichungen und Rückendeckung zu geben, um Forderungen nach Gebetsräumen konsequent abzuwehren.
  • den Schulfrieden und der weltanschaulichen Neutralität durch die Schulaufsicht künftig stärker zu schützen.