Kompetenzen für Rückführung und freiwillige Rückkehr bündeln – Zuständigkeiten im Ausländerwesen neu ordnen und zentrale Rückführungszentren schaffen!
I. Ausgangslage
Der islamistische Terroranschlag von Solingen lässt uns mit den Angehörigen um die Opfer trauern. Er sollte aber auch Anstoß für spürbare Veränderungen, für eine Wende in der Migrationspolitik sein. Die im Juni 2023 gescheiterte Abschiebung des Tatverdächtigen zeigt klare Versäumnisse der zuständigen Behörden. Er war seinerzeit vollziehbar ausreisepflichtig, die Überstellung nach Bulgarien vorbereitet, ein – lediglich – einmaliger Versuch des Zugriffs blieb jedoch erfolglos. Wir brauchen daher eine neue Realpolitik, die dafür sorgt, dass Rückführungen in der Praxis schneller, effektiver und erfolgreicher umgesetzt werden.
Während der rechtliche Rahmen überwiegend durch Bundesgesetze wie das Aufenthaltsgesetz und das Asylgesetz gestaltet wird, liegt die Verantwortung für die operative Durchführung insbesondere von Rückführungen bei den Behörden der Bundesländer und Kommunen. Neben den notwendigen und innerhalb der Bundesregierung bereits vereinbarten Änderungen des Rechtsrahmens müssen daher auch Struktur und Praxis der Behörden in Nordrhein-Westfalen überprüft werden.
Rechtsgrundlage für die Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen ist die Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO). Demnach gibt es mit dem für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten zuständigen Ministerium als oberste Ausländerbehörde, den Bezirksregierungen als obere Ausländerbehörden, den Ordnungsbehörden der Städte Bielefeld, Essen, Köln sowie der Kreise Coesfeld und Unna als Zentrale Ausländerbehörden (ZAB) so- wie den Ordnungsbehörden der Großen kreisangehörigen Städte, der kreisfreien Städte und der Kreise als untere Ausländerbehörden insgesamt vier Ebenen mit unterschiedlicher Zuständigkeit.
Die Bezirksregierungen sind u. a. zuständig für die Regionale Rückkehrkoordination und die Sicherstellung des Betriebs der Aufnahmeeinrichtungen des Landes. Die ZAB übernehmen Aufgaben zur Steuerung und Koordinierung der Rückkehr und zur Unterstützung der kommunalen Ausländerbehörden. Sie sind ausländerrechtlich unmittelbar zuständig für Personen in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes und damit auch für die Durchführung von zwangsweisen Rückführungen und Überstellungen aus diesen Einrichtungen. Die Kosten für den Betrieb und die Aufgabenwahrnehmung der ZAB werden aus dem Landeshaushalt erstattet.
Angesichts dieser Behördenstruktur ist eine stärkere Bündelung der Kompetenzen für Rückführung und freiwillige Rückkehr sinnvoll. Während derzeit die ZAB nur für Abschiebungen aus den Aufnahmeeinrichtungen des Landes zuständig sind, sind ansonsten die kommunalen Ausländerbehörden verantwortlich. Eine operative Durchführung aller Rückführungen durch die fünf ZAB würde die Städte und Kreise von der Organisation von Abschiebungen entlasten. Daneben wäre auch eine Konzentration der Aufgaben von Bezirksregierungen und ZAB bei der Rückkehrkoordination anzustreben. Bei einer Neuordnung der Zuständigkeiten sollten auch weitergehende Schritte zur Zentralisierung geprüft werden.
Die Einrichtung von fünf Rückführungszentren (eines je Regierungsbezirk) neben den bestehenden Aufnahmeeinrichtungen des Landes kann ebenfalls dazu beitragen, Rückführungen in der Praxis schneller, effektiver und erfolgreicher umzusetzen. Solche Rückführungszentren wären organisatorisch an die jeweilige ZAB angebunden. Personen aus sicheren Herkunftsstaaten sowie Dublin-Verdachtsfälle sollen direkt nach der Erstaufnahme in die Rückführungszentren überstellt werden, ansonsten werden alleinstehende Flüchtlinge aus anderen Unterbringungseinrichtungen nach einem ablehnenden Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) überstellt. Die bisherigen Zentralen Unterbringungseinrichtungen würden damit vorrangig nur noch für Personen während des regulären BAMF-Verfahrens genutzt.
Die Rückführungszentren sollen baulich und organisatorisch so ausgestaltet werden, dass eine effektive Rückkehr unterstützt wird. Dies betrifft u. a. die Lage, die Sicherheitsstandards (z. B. bei Ein- und Auslasskontrolle und Überwachung des Außengeländes) und die Verfügbarkeit einer amtsärztlichen Begutachtung zur Feststellung der Reisefähigkeit. Der Aufenthalt in Rückführungszentren stellt aber keine freiheitsentziehende Maßnahme wie Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam dar.
II. Beschlussfassung
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- eine Neuordnung der Zuständigkeiten im Ausländerwesen vorzunehmen, die die Kompetenzen für Rückführung und freiwillige Rückkehr bündelt,
- dafür geeignete Maßnahmen zu prüfen,
- in der Folge die Landesverordnung (ZustAVO) entsprechend zu überarbeiten,
- dabei insbesondere die operative Durchführung aller Rückführungen durch die fünf Zentralen Ausländerbehörden vorzusehen sowie
- die Einrichtung von fünf Rückführungszentren (eines je Regierungsbezirk) als Landeseinrichtungen vorzusehen.