Kultur braucht Verlässlichkeit – das Land Nordrhein-Westfalen darf seine Landestheater nicht im Stich lassen!
I. Ausgangslage
Nordrhein-Westfalen verfügt mit der Burghofbühne Dinslaken, dem Landestheater Detmold, dem Rheinischen Landestheater Neuss und dem Westfälischen Landestheater Castrop-Rauxel über vier Landestheater, die neben eigenen Spielorten auch als reisende Bühnen jährlich über 1.300 Vorstellungen in fast 200 Kommunen in ganz Nordrhein-Westfalen präsentieren. Das Land Nordrhein-Westfalen verankert mit dem § 34 des Kulturgesetzbuches NRW den Auftrag der Landestheater. Dort heißt es: „Das Land gewährleistet durch Landestheater (…) einen angemessenen Zugang zu den darstellenden und musikalischen Künsten in allen Teilen des Landes“. Die Landestheater bieten dafür ein vielfältiges Repertoire, das von Schauspiel über Musiktheater bis hin zu Kinder- und Jugendtheater reicht. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung und Teilhabe im gesamten Land – insbesondere dort, wo es sonst keine oder nur wenige Kulturangebote gäbe. Obwohl die Finanzierungsstruktur der Landestheater heterogen ist, ist die größte finanzielle Säule in der Regel das Land Nord-rhein-Westfalen – mit einem ungefähr hälftigen Förderanteil. Andere Förderer sind z.B. Kommunen oder Fördervereine.
Doch die Landestheater stehen vor existentiellen Herausforderungen. Neben der allgemeinen Inflation und hohen Energiekosten belasten insbesondere die gestiegenen Tarifkosten des Personals die Landestheater erheblich. In den letzten zwei Jahren sind die Tarife des öffentlichen Dienstes und der NV-Bühne jeweils um mehrere Prozent gestiegen. Da sich die Gesamtausgaben der Landestheater bis zu 85 Prozent aus Personalkosten zusammensetzen, haben sich erhebliche Mehrkosten entwickelt. Was das konkret bedeutet, zeigt sich am Beispiel des größten Landestheaters in Detmold: Bei einem Gesamtetat von rund 27 Millionen Euro mit Personalkosten von circa 23 Millionen Euro entsteht dort durch die Tarifsteigerungen im kommenden Jahr eine Finanzierungslücke von 1,3 Millionen Euro. Die Landesregierung hat gegenüber den Landestheatern bisher nicht zu erkennen gegeben, dass eine Erhöhung der Landesförderung für das kommende Jahr oder ein Ausgleich der Tarifsteigerungen erfolgen wird. Bereits für das Jahr 2025 hat die Landesregierung den Landestheatern eine Nullrunde verordnet und ihnen stattdessen empfohlen, die Aufgaben zu priorisieren, Preise zu erhöhen und sich an die anderen Förderer zu wenden. Doch solche Summen können weder intern kompensiert noch durch Einnahmeerhöhungen aufgefangen werden. Bereits jetzt arbeiten die vier Landestheater mit knappen Personalressourcen. Kürzungen im Personalbereich würden zu-lasten von Programmvielfalt und kultureller Teilhabe insbesondere in den ländlichen Regionen gehen. Auch die Träger bzw. Gesellschafter sind nicht in der Lage, Mehrkosten in dieser Größenordnung aufzufangen. Besonders kritisch: In Teilen sind die Zuschüsse anderer Förderer an den Förderanteil des Landes gekoppelt. Die Förderabsage der Landesregierung an die Landestheater wird Konsequenzen haben, von denen sich die Kulturlandschaft in Nordrhein-Westfalen nicht erholen wird. Es zeichnet sich bereits ab, dass Landestheater im kommenden Jahr wohl ihren Spielbetrieb und ihre Spielstandorte reduzieren müssen. Langfristig steht in Frage, ob die vier Landestheater ohne eine gesicherte finanzielle Deckung von Tarifsteigerungen so in dieser Form noch weiter existieren können. Nordrhein-Westfalen droht ein wichtiges Kulturangebot – insbesondere für den ländlichen Raum – zu verlieren.
Die Landesregierung muss ihrer Verantwortung gerecht werden und die Kahlschläge in der Kulturszene endlich beenden. Sie darf ihre eigenen Landestheater nicht finanziell im Stich lassen. Die gestiegenen Tarifkosten dürfen nicht zu Lasten der Landestheater, ihres Angebots und ihrer Beschäftigten gehen. Es ist Aufgabe der Landesregierung, die finanziellen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Landestheater ihren Auftrag nach §34 des Kulturgesetzbuches erfüllen können. Die gestiegenen Tarifkosten der Landestheater müssen daher von Landesseite vollständig für den Landesanteil an den Theatern ausgeglichen werden – nur das schützt das Fortbestehen aller vier Landestheater und entlastet gleichzeitig die Träger bzw. Gesellschafter. Die vier Landestheater sind gerade in den aktuellen Zeiten der gesellschaftlichen Polarisierung ein unersetzbarer und stets verlässlicher Bestandteil der Kulturlandschaft Nordrhein-Westfalens. Jetzt muss die Landesregierung unter Kulturministerin Ina Bran-des ihren Kurs sofort ändern und selbst wieder eine verlässliche Partnerin der Kultur werden.
II. Der Landtag stellt fest:
- die vier Landestheater – die Burghofbühne Dinslaken, das Landestheater Detmold, das Rheinische Landestheater Neuss und das Westfälische Landestheater Castrop-Rauxel – bringen Kultur in die Fläche und sorgen nach § 34 des Kulturgesetzbuches NRW gemeinsam mit den Landesorchestern für einen angemessenen Zugang zu den darstellen-den und musikalischen Künsten in allen Teilen des Landes.
- die vier Landestheater sind zur Erfüllung ihres Landesauftrags auf eine auskömmliche und verlässliche Finanzierung durch das Land Nordrhein-Westfalen angewiesen.
- die Landesregierung sieht bislang nicht vor, Tarifsteigerungen des Personals in der Förderung auszugleichen und bringt die Landestheater damit in existenzielle Schwierigkeiten.
- die vier Landestheater leisten einen unverzichtbaren Beitrag für die kulturelle Bildung, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie in Nordrhein-Westfalen.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
- bisherige Tarifsteigerungen bei den Landestheatern durch eine entsprechende Anpassung der Landesförderung auszugleichen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen.
- alle zukünftigen Tarifsteigerungen in der Förderung der Landestheater zu dynamisieren und damit auch als verlässliches Vorbild für die Träger bzw. Gesellschafter voranzugehen.