Luftverkehr in Nordrhein-Westfalen stärken – Standortbedingungen verbessern

I. Ausgangslage

Leistungsstarke Verkehrsflughäfen ermöglichen die nationale und internationale Mobilität von Menschen und Gütern. Nordrhein-Westfalen, als führender Wirtschaftsstandort in Deutschland, ist auf eine leistungsfähige Luftverkehrsinfrastruktur angewiesen. Die Verkehrsflughäfen in Nordrhein-Westfalen leisten einen wesentlichen Beitrag zur Standortattraktivität, schaffen Arbeitsplätze und sind wesentlichen Grundvoraussetzung für den Erfolg der exportorientierten nordrhein-westfälischen Wirtschaft.

Laut aktueller Verkehrsprognose der Bundesregierung wird der Luftverkehr bis zum Jahr 2040 um 30 Prozent steigen, trotz gleichzeitig steigender CO2-Kosten im europäischen Luftraum. Nordrhein-Westfalen muss dafür eine bedarfsgerechte Entwicklung seiner Luftfahrtinfrastrukturen gewährleisten, die die Funktionen und Leistungen der Verkehrsflughäfen für ihre Wirtschaftsregionen sicherstellt.

Die Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn bilden das Fundament des Luftverkehrs in Nordrhein-Westfalen. Als größter Verkehrsflughafen ist Düsseldorf als zentrales Drehkreuz für europäische Businessverbindungen und internationale Langstreckenverkehre für die Wirtschaft und Tourismus in Nordrhein-Westfalen von zentraler Bedeutung und darauf angewiesen die dafür notwendigen Kapazitäten auch in Zukunft flexibel gewährleisten zu können. Der Flughafen Köln/Bonn hat neben seinem Passagierverkehrsangebot als Luftfrachtstandort eine herausragende Bedeutung. Die dort angesiedelte Logistikbranche kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn durch eine Verlängerung der gültigen Nachtflugregelung über das Jahr 2030 hinaus Planungssicherheit gegeben ist.

Die Flughäfen Dortmund, Münster/Osnabrück, Paderborn/Lippstadt und Weeze vernetzen die mittelständisch-geprägten Wachstums- und Wirtschaftsregionen Nordrhein-Westfalens mit den internationalen Luftverkehrsdrehkreuzen und sichern die Luftverkehrsanbindung nicht nur für Geschäfts- und Privatreisende in den jeweiligen Kernregionen, sondern auch für Einzugsbereiche über die Grenzen Nordrhein-Westfalens nach Niedersachsen, Hessen und in die östlichen Niederlande hinaus. Der Beitrag dieser Flughäfen zur Förderung und Attraktivität der Wirtschaft, der Mobilität und Lebenswertigkeit Nordrhein-Westfalens kann nur erhalten werden, wenn ihre Funktionen und Leistungen erhalten und weiterentwickelt werden können.

Dieses landesbedeutsame Netz von sechs Verkehrsflughäfen stellt eine besondere Standortstärke Nordrhein-Westfalens dar. Ergänzt wir dieses Netz durch kleinere Verkehrsflughäfen und Flugplätze, die Geschäftsreiseverkehr und Frachtverkehr in kleiner Dimension ermöglichen sowie die Ausbildung von Verkehrspiloten gewährleisten.

II. Handlungsbedarf

Angesichts der Herausforderungen durch internationalen Wettbewerb, Klimaschutz und wirtschaftliche Dynamik ist es notwendig, die Flughäfen in Nordrhein-Westfalen gezielt zu unterstützen und ihre Leistungsfähigkeit für die Zukunft zu sichern.

Die Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der nordrhein-westfälischen Luftverkehrsinfrastruktur mit seinen Verkehrsflughäfen ist unter Druck geraten. Trotz des wachsenden Luftverkehrs und großer Reisenachfrage gehen immer mehr Reiseziele verloren, die Zahl, der von deutschen Flughäfen angebotenen Strecken, sinkt. Der Betrieb des Luftverkehrs wird von unterschiedlichen staatlichen Standortkosten und weiteren ungünstigen Rahmenbedingungen belastet. Zu den Kosten gehören im Wesentlichen die nationale Luftverkehrsteuer sowie die Luftsicherheits- und Flugsicherheitsgebühren.

Die bundesgesetzlich geregelte Luftverkehrsteuer wird beim Abflug eines Fluggastes von einem inländischen Flugplatz erhoben und fließt dem Bund als Bundessteuer zu. Gezahlt wird die Steuer von den Fluggesellschaften, die die Kosten über das Flugticket an die Verbraucher weitergeben. Die Höhe der Steuer ist abhängig von der Entfernung des Landes, in das geflogen wird. Sie liegt seit einer Erhöhung im Mai 2024 zwischen 15,53 € und 70,83 € je Fluggast.
Die Luftsicherheitsgebühr wird für die Durchsuchung der Fluggäste und des Gepäcks vor Abflug zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs (Sicherheitskontrolle) von der jeweils zuständigen Luftsicherheitsbehörde erhoben und von den Fluggesellschaften an die Passagiere weitergeben. Der Gebührenrahmen wird durch das Bundesministerium des Innern per Verordnung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt und wurde zuletzt am 22. Februar dieses Jahres erhöht. Bei jedem Start unter der Kontrolle der Deutschen Flugsicherung (DFS) werden zudem Flugsicherungsgebühren fällig. Sie dienen der Finanzierung der Kosten der Flugsicherungsorganisationen und deren Aufsicht und haben sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt.

Die Luftfahrtbranche beklagt seit Langem die zu hohe Kostenbelastung an deutschen Flughäfen. Im europäischen Vergleich liegen die Kosten in Deutschland an der Spitze und erhöhen sich besonders schnell. Nach Berechnungen des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft sind die staatlichen Standortkosten am Luftverkehrsstandort Düsseldorf in den letzten fünf Jahren beispielsweise um 97 % gestiegen. Weitere Preissteigerungen sollen folgen. Ab 2025 steigt der Höchstsatz für die Luftsicherheitsgebühren beispielsweise von 10 auf 15 Euro pro Passagier. Bezahlen müssen die hohen Standortkosten die Fluggäste. Bei der Entscheidung der Airlines, an welchen Flughäfen sie ihre Flugzeuge zum Einsatz bringen, spielen die Standortkosten zudem eine erhebliche Rolle. An europäischen Flughäfen außerhalb Deutschlands werden teilweise deutlich niedrigere Gesamtbelastungen gefordert. Nur neun von 27 Mitgliedstaaten der EU erheben eine Luftverkehrsteuer.

Die Kosten für den Standort des Luftverkehrs in Deutschland unterscheiden sich inzwischen so stark zum restlichen Europa, dass sich große europäische Fluggesellschaften wie Easyjet, Eurowings, Ryanair und Wizz Air von den deutschen Standorten zurückziehen. Ab 2025 steuert Ryanair zum Beispiel den Flughafen Dortmund nicht mehr an. Die Airlines verlagern Flugzeuge in andere Länder. Weniger Ziele und weniger Flüge zu den angebotenen Zielen von Deutschland aus sind die Folge. Denn die Höhe der Standortkosten ist für die Airlines bei der wirtschaftlichen Ergebnisrechnung ein wichtiger Faktor. Diese hohen Kosten sind auch der Grund, warum sich der deutsche Luftverkehr im europäischen Vergleich langsamer von den Folgen der Corona-Pandemie erholt.

Der Flughafenverband ADV hat eine detaillierte Analyse der staatlich induzierten Kosten an insgesamt 49 deutschen und europäischen Flughäfen aus 20 Ländern durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen eine alarmierende Kostenbelastung für den Luftverkehrsstandort Deutschland im Vergleich zu europäischen Nachbarländern. Der Kostenvergleich für Kurz- und Mittelstreckenflüge (Airbus A320-200) ergab eine durchschnittliche Kostenbelastung in Deutschland in Höhe von 3.545 € und in den europäischen Nachbarländern in Höhe von 1.298 €. Das ist ein Kostenunterschied von 173 %. Dazu kommen weitere ungünstige Bedingungen am Standort Deutschland, wie die Umsetzung der EU-Verordnung „ReFuelEU Aviation“ mit einer auf das Jahr 2026 angesetzten Beimischungsquote für sogenanntes E-Kerosin (Power-to-Liquid,PtL) oder die hohen Lohnkosten.

Diese Entwicklungen lassen nur einen Schluss zu, Deutschland und Nordrhein-Westfalen sind im Bereich Luftverkehr nicht mehr wettbewerbsfähig. Deutschland verliert den Anschluss an die allgemeine Entwicklung im europäischen Luftverkehr. Diese Situation darf nicht noch durch weitere Erhöhungen bei den Gebühren und Steuern verschärft werden. Der Luftverkehr trägt maßgeblich zur wirtschaftlichen Stabilität und zum Wachstum bei. Er erleichtert den internationalen Handel und Investitionen, wodurch in Nordrhein-Westfalen Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen werden. Der Luftverkehr ermöglicht Reisenden, schnell und effizient ihre Ziele zu erreichen, was wiederum den Tourismus fördert und die regionale und lokale Wirtschaft stärkt. Auf dem Weg zu klimafreundlicherem Luftverkehr haben die Flughäfen standortspezifische Strategien und Maßnahmen entwickelt, um in den kommenden Jahren ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren. Die hohen Standortkosten dürfen nicht zur Bremse für diese Investitionen in Klimafreundlichkeit werden.

Neben diesen grundsätzlichen wettbewerblichen Rahmenbedingungen, die den Luftverkehrsstandort Nordrhein-Westfalen vor Herausforderungen stellen, gilt es, die Funktionen und Leistungen der Verkehrsflughäfen landesplanerisch zu sichern und für die Zukunft sicher aufzustellen.

Dazu ist es erforderlich im Rahmen eines ganzheitliches Luftverkehrskonzeptes für die Verkehrsflughäfen in Nordrhein-Westfalen mittel- und langfristig Planungssicherheit dafür zu geben, dass diese sich wirtschaftlich entsprechend ihren Standortprofilen und der Verkehrsbedarfe entwickeln können und Investitionen tätigen. Das Luftverkehrskonzept muss Grundlage dafür sein, die Zusammenarbeit der Flughäfen auszubauen, Interessen zu bündeln und Synergien zu nutzen. Das Land sollte hier insbesondere bei der Schaffung passender Organisationsstrukturen unterstützen. Im Rahmen der Landesplanung sind Gewerbegebiete in Flughafenumgebung in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für Nordrhein-Westfalen hervorzuheben.

Gewerbegebiete mit luftverkehrsaffinen Nutzungen sollten bei der Berechnung des regionalplanerischen Gewerbeflächenbedarfs nicht miteinbezogen werden.

Die Planungs- und Genehmigungsverfahren im Luftverkehr, wie beispielsweise für die Änderung von Betriebszeiten, müssen dringend nach dem Vorbild der Planungs- und Genehmigungsbeschleunigungen im Straßen- und Schienenverkehr vereinfacht und beschleunigt werden. Genehmigungszeiträume von teilweise mehr als zehn Jahren sind nicht akzeptabel. Um die Leistungsfähigkeit der Flughäfen zu erhalten, sind Nachtflugregelungen und die Festlegung von Tagesrandzeiten grundsätzlich so zu gestalten, dass neben den Schutzinteressen der Bevölkerung auch die logistischen Anforderungen von Industrie und Handel, die Anforderungen der Fluggesellschaften an einen wirtschaftlichen Flugbetrieb sowie der hohe regionalwirtschaftliche Nutzen von Flughäfen angemessen berücksichtigt werden.

Um die Verkehrsflughäfen sicher für die Zukunft aufzustellen, braucht es neben einer Verstetigung der Förder- und Forschungsmaßnahmen für einen klimaneutralen und elektrifizierten Luftverkehr einen neuen Anlauf des Landes im Rahmen eines ganzheitlichen Luftverkehrskonzeptes, um die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die Umsetzung urbanen Luftverkehrs per Senkrechtstarter bzw. Lufttaxis zu verbessern. Diese neue Mobilitätsform erfordert geeignete Luftraumstrukturen, Start- und Landemöglichkeiten, sichere Betriebsverfahren bei knappen Reservezeiten, Versorgungsinfrastrukturen und eine verkehrliche Einbindung notwendig. Flugtaxis bieten vor allem eine Chance, Regionalflughäfen und Flugplätze als Mobilitäts-Hubs noch besser in das Netzwerk von Flughäfen einzubinden. Da im Bereich Logistik zukünftig auch mit einem verstärkten Drohneneinsatz insbesondere auch zur Entlastung der Innenstädte zu rechnen ist, ist es darüber hinaus zwingend notwendig, den Luftraum der Zukunft mit allen beteiligten Akteuren neu zu vermessen und vorausschauend zu gestalten.

II. Beschlussfassung

Der Landtag stellt fest:

  • Flughäfen sind zentrale Wirtschaftsfaktoren für Nordrhein-Westfalen.
  • Die hohen Standortkosten und schlechten Rahmenbedingungen in Deutschland sind ein Wettbewerbsnachteil auch für nordrhein-westfälische Flughäfen im europäischen Vergleich.
  • Die Flughäfen in Nordrhein-Westfalen müssen wettbewerbsfähig sein, um ihrer Bedeutung für die Wirtschaft, die allgemeine Mobilität und dem Ziel der Klimaneutralität gerecht werden zu können.
  • Die Standortkosten müssen auf ein international vergleichbares Niveau gesenkt und die Standortbedingungen verbessert werden.


Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • ein ganzheitliches Luftverkehrskonzept zu entwickeln und umzusetzen, dass mittel- und langfristig eine bedarfsgerechte Entwicklung der nordrhein-westfälischen Luftfahrtinfrastrukturen gewährleistet und die zentralen Funktionen und Leistungen der Verkehrsflughäfen für ihre Wirtschaftsregionen sicherstellt.
  • die Zusammenarbeit der Verkehrsflughäfen zu unterstützen und zu fördern, mit dem Ziel, die gesamte Luftverkehrsinfrastruktur Nordrhein-Westfalens flächendeckend und zukunftsfest aufzustellen.
  • Nachtflugregelungen und die Festlegung von Tagesrandzeiten grundsätzlich so zu gestalten, dass neben den Schutzinteressen der Bevölkerung auch die logistischen Anforderungen von Industrie und Handel, die Anforderungen der Fluggesellschaften an einen wirtschaftlichen Flugbetrieb sowie der hohe regionalwirtschaftliche Nutzen von Flughäfen angemessen berücksichtigt werden. Dabei sind weitere Beschränkungen der Luftfahrt, insbesondere die Ausweitung oder Neueinführung von Nachtflugverboten, an Flughäfen in Nordrhein-Westfalen abzulehnen.
  • auf das im März 2024 gefasste Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW zur Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) von 2019 zu reagieren und eine rechtssichere Lösung zu erarbeiten, auch die Flughäfen Dortmund, Paderborn/Lippstadt und Niederrhein (Weeze) wieder als landesbedeutsam im LEP einzustufen.
  • im Rahmen der Landesplanung Gewerbegebiete mit luftverkehrsaffinen Nutzungen als strategische Standorte für wirtschaftliche Entwicklung zu stärken und zu schützen sowie gezielt weiterzuentwickeln. Bei der Berechnung des regionalplanerischen Gewerbeflächenbedarfs sollten diese Flächen nicht miteinbezogen werden.
  • luftverkehrsbezogene Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und zu vereinfachen.
  • Förder- und Forschungsmaßnahmen für einen klimaneutralen und elektrifizierten Luftverkehr zu verstetigen.
  • die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die Umsetzung urbanen Luftverkehrs per Senkrechtstarter bzw. Flugtaxen zu verbessern und die Verwirklichung von belastbaren Nutzungskonzepten voranzutreiben.
  • sich im Bundesrat für eine sofortige Rücknahme der jüngsten Erhöhung der Luftverkehrsteuer und perspektivisch die Abschaffung dieser Steuer einzusetzen.
  • sich im Bundesrat für eine Rücknahme der jüngsten Erhöhung des Rahmens der Luftsicherheitsgebühren einzusetzen.
  • im Bundesrat keinen weiteren Erhöhungen der Luftsicherheitsgebühren mehr zu zustimmen, bis sich die Gesamtbelastung des Luftverkehrs in Deutschland mit staatlichen Standortkosten wieder auf einem wettbewerbsfähigen Niveau mit anderen europäischen Luftverkehrsstandorten befindet.
  • eine umfassende Evaluation systemseitiger Ineffizienzen und Gründe für die gestiegenen Kosten bei den Sicherheitskontrollen anzuregen.
  • sich beim Bund dafür einzusetzen, dass die EU-Verordnung „ReFuelEU Aviation“ ohne nationale Verschärfungen, wie die Unterquote für PtL-Kerosin ab dem Jahr 2026, umgesetzt wird.
  • sich beim Bund für eine Senkung der Lohnnebenkosten und gegen jede Umgehung der Mindestlohnkommission bei der Festlegung des gesetzlichen Mindestlohns einzusetzen.