Mehr Jugendpartizipation in Europa durch ein gemeinsames Jugendparlament mit den BENELUX-Staaten und hierzu das Landesjugendparlament in Nordrhein-Westfalen endlich umsetzen

I. Ausgangslage

Jugendpartizipation in demokratischen Gemeinwesen

Die Demokratie und das Gemeinwesen leben von der Mitbestimmung, Gestaltung und Partizipation jeder einzelnen Bürgerin und jedes einzelnen Bürgers. Neben der Wahrnehmung des Wahlrechtes äußert sich dies beispielsweise in der Mitgliedschaft und dem Engagement in politischen Parteien, dem Einsatz in Vereinen und Verbänden oder auch der Teilnahme an Demonstrationen. Dies vollzieht sich auf allen staatlichen Ebenen. Ein Einsatz und das Mitwirken in der Demokratie ist auf der europäischen, der Bundes- und Landes- sowie der kommunalen Ebene gewinnbringend. Eine besondere Bedeutung des Engagements kommt den Kindern, Jugendlichen und auch jungen Erwachsenen zu. Es ist wichtig, dass diese Altersgruppe frühzeitig an demokratischen Prozessen teilnimmt, den Diskurs führt und die eigenen Vorstellungen und Ideen für die Zukunft artikulieren kann. Daher muss die Beteiligung junger Menschen in der Demokratie gestärkt und ausgebaut werden. Die erstmalige Wahlbeteiligung von Jugendlichen ab 16 Jahren an der Europawahl im Juni 2024 war daher ein notwendiger Schritt für die politische Bildung und Partizipation junger Menschen.

Die ersten Jugendparlamente wurden in den 1970er und 1980er Jahren im belgischen Waremme und im französischen Schiltigheim gegründet. Diese Initiativen ebneten den Weg für die Gründung weiterer Jugendparlamente unter anderem in Frankreich, Österreich, Polen, Italien, Norwegen, Belgien, Finnland, Niederlanden und auch in Deutschland. Heutzutage existieren Jugendparlamente in den meisten europäischen Ländern. Sie stellen einen wichtigen
Baustein für die Mitbestimmung und Mitgestaltung der Jugend zur Lösung politischer Probleme dar.

Darüber hinaus wurde 1987 das European Youth Parliament (EYP) gegründet, eines der größten Jugendplattformen Europas für politische Bildung, an der sich seither hunderttausende junge Menschen ehrenamtlich engagieren. Heute fungiert die Schwarzkopf-Stiftung als internationale Dachorganisation für das EYP. Mit 40 beteiligten Ländern ist das Europäische Jugendparlament das größte europäische Programm für die nicht-formale Bildung von jungen Europäerinnen und Europäern.3 Seit 1990 bietet das Europäische Jugendparlament in Deutschland e.V. im internationalen Netzwerk EYP Jugendlichen zwischen 15 und 25 Jahren eine Plattform zum Austausch über europäische Politik.

Die Studie „Junges Europa“ der TUI Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass sich derzeit nur 17 Prozent der Jugendlichen stark oder sehr stark vom Europäischen Parlament vertreten sehen. Die Befragung wurde mit knapp 6.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in den EU- Mitgliedsländern Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland und Polen durchgeführt. Zwar sehen die Befragten im Alter von 16 bis 26 Jahren die Europäische Union mehrheitlich positiv und halten auch die kürzlich stattgefundene Wahl zum Europäischen Parlament für wichtig, allerdings teilt auch ein Drittel der Befragten die Meinung, dass im jeweiligen Land überwiegend die Interessen der älteren Generation in den Blick genommen werden. Ein weiteres Fazit, zu welchem die Untersuchung kommt und welches bedenklich stimmen lässt, ist der Fakt, dass 40 Prozent der jungen Menschen aussagen „die Demokratie in ihrem Land sei in Gefahr.“ Ebenfalls bedenklich ist die Tatsache, dass rund ein Drittel der Studienteilnehmer und Studienteilnehmerinnen eher pessimistisch in die eigene Zukunft blickt.

Dabei bietet die Europäische Union den jungen Menschen eine Reihe von Vorteilen, die auch in der genannten Studie als positiv beschrieben wurden. Angeführt werden hierbei die Reisefreiheit, die Arbeitnehmerfreizügigkeit oder die Möglichkeit des grenzüberschreitenden Studierens in anderen Mitgliedstaaten. Grundsätzlich geben rund 40 Prozent der Befragten an, die Integration der Europäischen Union solle verstärkt werden. Es ist daher auch Aufgabe der
Landespolitik, die Vorzüge und die konkreten Ergebnisse der Europapolitik darzustellen.

Die Zusammenarbeit von Nordrhein-Westfalen mit den BENELUX-Staaten und die Möglichkeit der Jugendpartizipation

Das Land Nordrhein-Westfalen unterhält sehr enge Beziehungen zu den Niederlanden, Belgien und Luxemburg. In zahlreichen Politikfeldern wird mit diesen Staaten zusammengearbeitet. Die Bandbreite erstreckt sich vom Verkehrsbereich über die Migration bis hin zur Landwirtschaft. Das Ganze geschieht dabei unter anderem auf Ebene der Regierungen in Form von Austauschformaten, Absichtserklärungen und Vereinbarungen.

In einem ausführlichen Bericht der Landesregierung für den Ausschuss für Europa und Internationales vom 5. Juni 2024 wurden die Ergebnisse der Benelux-Politik Nordrhein-Westfalens seit 2019 vorgelegt, die insbesondere für Jugendliche und deren Zukunft relevant sind.

Die behandelten Themen bieten das Potential und die Möglichkeit, die junge Generation darin stärker einzubinden. Nicht nur in Bezug auf das Thema Migration, das der Studie der TUI
Stiftung zufolge als wichtiges Thema angesehen wird, sondern auch in den Bereichen Verkehr, Klimaschutz, Digitalisierung oder auch Kultur und Wissenschaft lassen sich die Perspektiven junger Menschen in Nordrhein-Westfalen und den Benelux-Staaten verstärkt einbringen. Junge Menschen verfolgen oft kreative Ansätze und Ideen. Dies könnte auch Themen zugutekommen, die im Rahmen der Regierungskonsultation zwischen Nordrhein-Westfalen und den
Niederlanden auf der Agenda stehen. So geht es unter anderem um neue Ansätze zur Schaffung von Ausbildungs- und Praktikumsplätzen. Ein weiteres Beispiel in der Zusammenarbeit mit den Benelux-Staaten ist die Erarbeitung einer Mobilitätsvision, an welcher die Benelux-Union arbeitet. Dabei ist Nordrhein-Westfalen in einer Arbeitsgruppe beteiligt. Mit Blick auf die junge Generation ist insbesondere das Politikfeld Schule und Bildung von Relevanz. Hier gilt
es von Landesseite die Kooperation mit den Benelux-Staaten auszubauen und die EUREGIO-Profilschulen sowie die Europaschulen zu stärken.

Beschlüsse zum Landesjugendparlament umsetzen und neue Formen der Kooperation schaffen

Um die Beteiligung von jungen Menschen in der Europapolitik Nordrhein-Westfalens zu stärken sind weitere Anstrengungen möglich und nötig. Denn grundsätzlich bekennt sich die junge Generation zur Demokratie, zu Europa und zu freien Wahlen. Ein passendes Instrument stellt dabei ein Landesjugendparlament dar. Für Nordrhein-Westfalen ist die Idee eines Jugendparlaments nicht neu. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat in seiner 17. Wahlperiode hierzu Beschlüsse gefasst. Der Landtag formulierte dabei einen Beschluss, welcher die Bedeutung der Mitsprache der jungen Generation untermauerte. Zudem setzte sich das Parlament für mehr Mitbestimmung der Jugend ein. Des Weiteren wurde die Erarbeitung eines Konzeptes für ein frei und direkt gewähltes Landesjugendparlament mit überparteilichem Charakter verabschiedet. Die gefassten Beschlüsse müssen nun endlich umgesetzt und die Umsetzungsschritte beschleunigt werden. Denn die junge Generation in Nordrhein-Westfalen wartet auf das Einlösen dieses Versprechens der Politik und die Schaffung des Gremiums für mehr politische Partizipation und demokratische Mitbestimmung auf Landesebene. Eine zügige Umsetzung dient dabei auch dem Vertrauensgewinn von Jugendlichen in die Politik.

Die Umsetzung des Landesjugendparlaments in Nordrhein-Westfalen kann als Initialzündung für die Schaffung eines frei und direkt gewählten Jugendparlaments „NRW-BENELUX“ dienen. Diese neue Form der Kooperation, auch als Signal für mehr Jugendparlamente, bietet Jugendlichen die Möglichkeit, überparteilich und unabhängig Wünsche und Anliegen zu den Kernthemen der BENELUX-Zusammenarbeit zu äußern und die Strategie aus jugendlicher Sicht weiter zu erarbeiten und weiter zu stärken, indem neue Ideen und Konzepte zur Weiterentwicklung der Europapolitik Nordrhein-Westfalens und der Benelux-Länder entwickelt werden. Vor allem unterstreicht es aber Jugendbeteiligung, die ernst genommen wird. Das Vier-Länder-Gremium kann darüber hinaus als Beispiel dienen, wie die Politik junge Menschen für die Idee der europäischen Einigung und Gestaltung der eigenen Zukunft begeistern kann. Neben der inhaltlichen Arbeit ermöglicht ein solches Jugendparlament eine noch engere Vernetzung unter den jungen Europäerinnen und Europäern. Gerade in Zeiten erstarkender nationalistischer und populistischer Tendenzen, auch bei Wahlen, können Nordrhein-Westfalen und die Benelux-Staaten durch das Jugendparlament ein Zeichen für eine fortschrittliche europäische Integrationspolitik setzen. Nationale und grenzüberschreitende Jugendparlamente können voneinander lernen und in den Austausch treten für eine stetige Verbesserung der Mitbestimmung der jungen Generation in Nordrhein-Westfalen, den Benelux-Staaten und Europa.

II. Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • ein Landesjugendparlament in Nordrhein-Westfalen zu realisieren und
  • sich im Rahmen der BENELUX-Gespräche für ein grenzüberschreitendes NRW-BENE-LUX-Jugendparlament einzusetzen, bei dem Jugendorganisationen und -verbände sowie wissenschaftliche Akteure in den Prozess eingebunden werden.