Mehr Naturschutz in der Breite - auf Nationalpark Nr. 2 verzichten und Naturparke stärken
I. Ausgangslage
Der von der schwarz-grünen Landesregierung angestoßene Findungsprozess für ein Landesgebiet, in dem ein zweiter Nationalpark in Nordrhein-Westfalen errichtet werden soll, kommt nicht voran. In keiner der in Frage kommenden Regionen gibt es bisher für das Prestigeprojekt der Landesregierung eine erforderliche Mehrheit. Keine der Regionen hat eine Bewerbung für die Errichtung eines zweiten Nationalparks in Nordrhein-Westfalen abgegeben. Kreistage und Räte, als Vertreter der Regionen und zur Bewerbung beim Land berechtigt, haben entweder kein Interesse an einem zweiten Nationalpark geäußert oder sich sehr deutlich, wie die Kreise Höxter, der Hochsauerlandkreis und Soest gegen einen Nationalpark in ihren Regionen ausgesprochen. Unterstützer der Nationalparkidee wollen daher nun mit Bürgerbegehren in den Kreisen Höxter und Paderborn und im Hochsauerlandkreis eine Neubefassung mit einer Nationalparkerrichtung anstoßen.
Vor Ort polarisiert der angestoßene Findungsprozess, in vielen Regionen wächst der Widerstand gegen die schwarz-grünen Nationalparkplanungen. Das „schärfste Schwert“ des Naturschutzes treibt Bürgerinnen und Bürger auseinander. Die Landesregierung hat zwischenzeitlich eingesehen, dass aufgrund fehlender Bewerbungen aus den Regionen die ursprüngliche Bewerbungsfrist für das eigene Prestigeprojekt bis Ende März 2024 nunmehr deutlich verlängert werden muss.
Die Folgen ausbleibender Bewerbungen für einen neuen Nationalpark zur avisierten Frist Ende März hat Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen bereits Anfang Januar 2024 gegenüber der Rheinischen Post klar benannt: „Dann gibt es eben keinen Nationalpark.“
Umweltminister Oliver Krischer hat die Federführung des Findungsprozesses übernommen und wirbt sowohl offensiv für die Nationalparkidee in den in Frage kommenden Regionen als auch für alternative Lösungen, wie etwa einer möglichen Bewerbung der eigentlich ungeeigneten „Wahner Heide“. Die beiden Minister spiegeln jeweils die Haltungen in ihren Parteien CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wider.
Eine gemeinsame Haltung der schwarz- grünen Landesregierung in der Sache ist hierbei nicht ersichtlich. Die regierungstragenden Parteien liegen bei der Nationalparkfrage genauso über Kreuz wie die Befürworter und Kritiker der Nationalparkidee.
Befürworter wie die Naturschutzverbände werben mit dem Schutz der Artenvielfalt, einem ungestörten Naturraum und wirtschaftlich bedeutsamen Tourismus-Effekten für die jeweilige Region. Kritiker wie Landwirte und Forstleute legen dar, dass an den jeweiligen Standorten bereits hohe Naturschutzstandards gelten und weitere Beschränkungen die Bewirtschaftung von Feldern und Wäldern gefährden. Ebenso würde ein Nationalpark die Möglichkeiten zur Naherholung verschlechtern, da dafür ein Großteil des Parks gesperrt würde.
In den Regionen sprechen sich insbesondere die CDU-Kreistagsfraktionen regelmäßig gegen die Errichtung eines neuen Nationalparks in ihren Kreisen aus. So hat sich CDU-Kreistagsfraktion im Kreis Höxter gegen einen neuen Nationalpark Egge ausgesprochen. In ihrem Positionspapier schreibt die Fraktion dazu: „Einen Nationalpark Egge lehnen wir nach Abwägung aus den vorgenannten Gründen ab. Wir sehen aus den vorgenannten Gründen in einem Nationalpark keinen Mehrwert für Mensch und Umwelt und auch keine Mehrheit in der Bevölkerung.“ Der Kreisverband der CDU im Kreis Paderborn hat sich ebenfalls gegen einen Nationalpark Egge ausgesprochen. Die CDU-Kreistagsfraktion im Kreis Kleve hat sich einstimmig gegen einen Nationalpark im Reichswald ausgesprochen. Die Pläne der CDU-geführten Landesregierung werden von den eigenen Repräsentanten vor Ort nicht mitgetragen.
Dabei sind bei der Frage der Errichtung eines Nationalparks in der eigenen Region die Gremien und Repräsentanten vor Ort mit schwierigen Abwägungen konfrontiert, die eigentlich einer Moderation und Lösung durch die Landesregierung bedürfen. Mit einem Nationalpark in der Region fallen beispielsweise potenzielle Flächen für die Windkraft weg, deren Ausweisung die Landesregierung den Regionen aufgetragen hat.
Ein Ende der Konflikte um die Errichtung eines neuen Nationalparks ist nicht in Sicht. Das Prestigeprojekt der Landesregierung droht zu scheitern. Dabei bietet sich ein Ausweg an, um gleichzeitig mehr für den Natur- und Klimaschutz zu erreichen, Naherholung zu ermöglichen und Umweltbildung zu fördern: Dieser liegt in der Stärkung der 12 Naturparke in Nordrhein-Westfalen. Diese handeln nach gesetzlichen Auftrag nach § 27 Bundesnaturschutzgesetz und § 38 Landesnaturschutzgesetz. Die Naturparke decken heute 45 Prozent der Landesfläche in Nordrhein-Westfalen ab und erfüllen vielfältige Aufgaben. Sie machen Natur- und Umwelt für die breite Bevölkerung erlebbar, betreiben Umwelt- und Naturschutz und leisten Öffentlichkeitsarbeit für den Naturschutz. Die Naturparke sind Klammern in den Regionen und vernetzen Kooperationspartner. Viele der Biologischen Stationen in Nordrhein-Westfalen arbeiten seit vielen Jahren sehr vertrauensvoll mit den Naturparken zusammen und setzen gemeinsame Projekte zur Artenvielfalt und Biodiversität um.
Die Naturparke brauchen weiterhin eine solide Finanzierung, damit sie ihre wichtige Arbeit fortsetzen können. Die aktuelle Finanzierung der Koordinierungsstelle der Naturparke erfolgt aufgrund einer projektbezogenen sowie zeitlichen Befristung. Die Arbeit der Koordinierungsstelle hat sich bewährt. Deshalb ist es notwendig, dass das Land diese Stelle dauerhaft finanziert. Die zwölf Naturparke benötigen die finanzielle Beteiligung des Landes an den Basiskosten wie Personal und Betrieb der Geschäftsstellen und Naturparkzentren von jährlich 100.000 Euro pro Naturpark. Um die wichtige Arbeit der Naturparke hingegen auszubauen, braucht es allerdings mehr Personal.
Abhilfe können sogenannte Ranger schaffen. Ranger sind Naturschützer, die in Naturparks arbeiten. Sie sind die Gesichter des Naturparks und haben die Aufgabe, die Menschen für die Natur zu sensibilisieren und zu informieren. Sie informieren Einheimische und Gäste über die ökologischen Besonderheiten des Naturparks und werben für eine naturverträgliche Nutzung und Erholung. Des Weiteren arbeiten eng mit verschiedenen Akteuren, wie beispielsweise den Naturschutzbehörden, den Staatsforsten oder dem Landesbund für Vogelschutz, zusammen. Sie führen Besucher durch den Naturpark und informieren sie über die Flora und Fauna. Weiterhin unterstützen sie die wissenschaftliche Forschung im Naturpark. Der Landesbetrieb Wald und Holz setzt bereits Ranger unter anderem im Nationalpark Eifel oder im Naturpark Arnsberger Wald ein. Es sind jedoch bisher keine Ranger bei den Naturparken selbst beschäftigt.
Landesmittel, die bisher für die Finanzierung des Beteiligungsprozesses für einen zweiten Nationalpark in Nordrhein-Westfalen vorgesehen sind, sollten deshalb zur Stärkung der Naturparke verwendet werden. Statt Landesmittel für ein zum Scheitern verurteiltes Projekt und eine neue teure Nationalparkbehörde aufzuwenden, können diese so sinnvoller und kosteneffizienter für mehr Umwelt- und Naturschutz eingesetzt werden.
II. Beschlussfassung
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
- den Beteiligungs- und Findungsprozess für die Errichtung eines neuen Nationalparks in Nordrhein-Westfalen zu beenden und auf die Errichtung eines neuen Nationalparks zu verzichten.
- die Naturparke in Nordrhein-Westfalen zu stärken, ihre Arbeit auszubauen und dauerhaft verlässlich zu finanzieren.