Mündliche Anfrage

Im Plenum beantwortet die Landesregierung die Mündlichen Fragen der Abgeordneten, die im Rahmen der Kontrollfunktion des Landtags gestellt werden: Für das anstehende Plenum, Mittwoch, 24. Januar 2024 zwei Mündliche Anfragen seitens unserer Abgeordneten Dietmar Brockes und Ralf Witzel

Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen

35 Abgeordneter Dietmar Brockes FDP: Ein Jahr Räumung von Lützerath – Wie sicher ist der vorgezogene Kohleausstieg im Jahr 2030?

Mehr als 15 Monate ist es her, dass die Schwarz- Grüne Landesregierung feierlich verkündete: Der Kohleausstieg in Nordrhein-Westfalen wird auf das Jahr 2030 vorgezogen. Doch nun mehren sich Stimmen, die dieses Ziel in Gefahr sehen. Die Gründe: Keine verbindliche Kraftwerkstrategie seitens der Politik und der Ausbau erneuerbaren Energien kommt nicht hinterher. Je Mehr Zeit verstreicht, desto wahrscheinlicher wird, dass Braunkohlekraftwerke in NRW auch über das Jahr 2030 hinaus als Reserve bereitgehalten werden.

Die Entscheidung der Landesregierung für den das Vorziehen des Ausstiegs aus der Braunkohlverstromung auf das Jahr 2030 wirft auch ein Jahr nach der
Räumung der Ortschaft Lützerath weiter Fragen auf: Die im Herbst 2022 getroffene Vereinbarung der Landesregierung und des Bundes mit RWE ist das
Ergebnis eines grünen Hinterzimmer-Deals ohne ein transparentes Beteiligungsverfahren. Es existieren nach Aussage der Landesregierung keine schriftlichen Aufzeichnungen über die Verhandlungen, weder Protokolle, Verhandlungszwischenstände noch Kalendereinträge. Auch herrscht keine Transparenz über die an den Verhandlungen beteiligten Personen. Land, Region und Betroffene wurden vor vollendete Tatsachen gestellt.

Wesentliche Kernziele der Vereinbarung und der Ausstiegentscheidung stehen heute in Frage:

1. Klimaschutz

Der vorgezogene Ausstieg leistet keinen Beitrag zum Klimaschutz, solange nicht die durch den früheren Kohleausstieg freiwerdenden Emissionszertifikate vom Markt genommen und gelöscht werden. Das ist bis heute nicht passiert. Der vorgezogene Ausstieg bleibt somit ein Etikettenschwindel beim Klimaschutz.

2. Notwendigkeit der Räumung der Ortschaft Lützerath

Die Räumung der Ortschaft Lützerath am Tagebau Garzweiler II im Januar 2023 war energiewirtschaftlich nicht notwendig. Statt der von der Landesregierung prognostizierten 45 Terrawattstunden Kohlestrom in den Kraftwerken Neurath und Niederaußem wurden im vergangenen Jahr nur 26 Terrawattstunden Braunkohle verstromt. Es wurde viel weniger Kohle aus Garzweiler gebraucht. Die Annahmen aus dem Regierungsgutachten waren falsch und die Inanspruchnahme Lützeraths unnötig. Dass die bergbauliche Inanspruchnahme Lützeraths nicht notwendig war, ist von Ministerin Mona Neubaur in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie am 17. Januar 2024 eingeräumt worden.

3. Gefährdung der Versorgungssicherheit

Die Entscheidung für den Ausstieg für das Jahr 2030 ist gefällt worden, obwohl aktuell dafür die Voraussetzungen fehlen. Das energiewirtschaftliche Instituts der Universität Köln kommt zu dem Ergebnis, dass 1.500 Windräder, Photovoltaikanlagen in der Größenordnung von 15.000 Fußballfeldern und acht sehr große Gaskraftwerke gebraucht würden, um die Energielücke zu schließen, die durch das Abschalten der Braunkohlekraftwerke im Jahr 2030 entstehen würde. Es dauert zurzeit aber allein sieben Jahre, bis ein Windrad steht. Um die Braunkohlekraftwerke im Rheinischen Revier bis zum Jahr 2030 ersetzen zu können n, müssten jetzt schon die Genehmigungen für ebenso zuverlässige und steuerbare Ersatzkraftwerke vorliegen. Die Kraftwerksstrategie des Bundes unter Federführung des Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, liegt noch immer nicht vor. Der Ausstieg ist bis zum Jahr 2030 in den kommenden sechs Jahren
jetzt schon nicht mehr zu schaffen.

4. Strukturwandel im Rheinischen Revier

Der vorgezogene Ausstieg hat auch das notwendige Tempo für die erfolgreiche Gestaltung des Strukturwandels im Rheinischen Reviers verdoppelt. Die Landesregierung kommt hierbei viel zu schleppend voran. Zu Beginn dieses Jahres wurden im Rheinischen Revier erst 174 Projektvorhaben mit einem Fördervolumen von rund 1,52 Milliarden Euro bewilligt. Es sind aber mehr als 14 Mrd. Euro vorgesehen. Die Landesregierung baut jetzt in der Region gut bezahlte Arbeitsplätze schneller ab, als das neue gute Arbeitsplätze in der Region entstehen. Die Landesregierung schuldet dem Rheinischen Revier einen guten Plan und echtes Tempo.

Ministerin Mona Neubaur sollte die Gelegenheit der Fragestunde nutzen, um dem Landtag im Detail dar- zulegen, unter welchen konkreten Annahmen und Bedingungen die Entscheidung für den vorgezogenen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung gefallen ist und welchen Plan die Landesregierung verfolgt, um einen erfolgreichen Ausstieg bis zum Jahr 2030 abzusichern.

Welche gemeinsamen Vereinbarungen lagen mit dem Bund und RWE zum Zeitpunkt der Verkündung der Ausstiegsentscheidung vor, um vorgezogenen Kohleausstieg im Jahr 2030 abzusichern?

Wie plant die Landesregierung den vorgezogenen Ausstieg aus der Braunkohle im Jahr 2030 in den kommenden sechs Jahren zu erreichen?

 

Geschäftsbereich des Ministeriums der Finanzen

36 Abgeordneter Ralf Witzel FDP: Weiterhin ungeklärte Rechtsfragen zur Verfassungskonformität der Beamtenbesoldung in Nordrhein-Westfalen – Wieso liefert die Landesregierung nicht transparent die versprochenen Berechnungsgrundlagen?

Nach dem beamtenrechtlichen Alimentationsprinzip ist ein Dienstherr dazu verpflichtet, seine Beamtinnen und Beamten sowie deren Familien ein Leben lang amtsangemessen zu alimentieren. Diese Amtsangemessenheit hat das Bundesverfassungsgericht mit seinen Beschlüssen vom 4. Mai 2020 hinsichtlich der Besoldungsvorschriften auf Landesebene konkretisiert. Der Beschluss 2 BvL 4/18 bezieht sich vor allem auf das Mindestabstandsgebot zwischen der Nettoalimentation und dem Grundsicherungsniveau. Diesem Gebot sei nicht mehr entsprochen, wenn die Nettoalimentation der untersten Besoldungsgruppe um weniger als 15 Prozent über dem Grundsicherungsniveau liege.

Führende Verbände wie beispielsweise der DBB NRW und der DGB NRW legten ihren Mitgliedern Ende 2022 nahe, Widersprüche gegen die Besoldung bei ihrem Dienstherrn einzulegen. Unter Landesbeamten herrscht der dringende Verdacht, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur amtsangemessenen Alimentation aktuell nicht eingehalten werden. Ursächlich dafür sind insbesondere die Inflationsentwicklung der vergangenen Jahre, welche nach Rechnung des DBB NRW zu einem Reallohnverlust von über 10 Prozent geführt hat, sowie die Einführung und seitdem bereits erfolgte Erhöhung des Bürgergeldes, welche sich wiederum auf die Höhe des Grundsicherungsniveaus auswirkt.

In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP-Landtagsfraktion räumte die Landesregierung ein, dass bis Ende Juli 2023 rund 85.000 Anträge auf amtsangemessene Besoldung oder Widersprüche zur Besoldung der Jahre 2021, 2022 und 2023 eingegangen sind (LT-Drucksache 18/5466). Auf die Frage, wieso sich der Finanzminister bislang nicht zu einer Ruhendstellung der Widersprüche bereit erklärt hat, führt der Finanzminister aus, dass die zugrundeliegenden Gesetzentwürfe nach den Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes erstellt wurden, sodass aus seiner Sicht keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen zur Verfassungsgemäßheit der Alimentation bestehen. Eine Ruhendstellung der Widersprüche, um eine drohende Klagewelle zu verhindern, zog die Landesregierung zum Zeitpunkt ihrer Antwort nicht in Erwägung.

Bei der Frage, wie sich die Beurteilung der Amtsangemessenheit der Besoldung in Nordrhein-Westfalen nach Betrachtung aller relevanten Parameter in den Jahren 2021, 2022 und 2023 darstelle, wird auf die Antwort der Landesregierung auf eine weitere Kleine Anfrage der FDP-Landtagsfraktion verwiesen (Drucksache 18/5012). Hier führt der Finanzminister unter anderem aus: „Da Besoldungsanpassungen für die Zukunft beschlossen werden, beruht die Parameterprüfung zwangsläufig teilweise auf Prognosewerten. Eine abschließende Überprüfung eines Kalenderjahres kann daher nur nachträglich erfolgen, nämlich wenn alle hierzu erforderlichen
statistischen Daten vorliegen.“

In einem Antrag fordert die FDP-Fraktion die Landesregierung nun explizit dazu auf, sowohl die Ruhendstellung der Widersprüche vorzunehmen, als auch Musterprozesse zu zentralen Streitpunkten zu ermöglichen, um die Verfassungskonformität zu prüfen (LT-Drucksache 18/6368). Dies sollte mit einer allgemeinen Anerkennung der Urteile einhergehen. Darüber hinaus müsse sich die Landesregierung zeitnah und dauerhaft wiederkehrend mit dem Grundsatz einer amtsangemessenen Besoldung befassen.

In seiner Stellungnahme zum besagten Antrag moniert der DBB NRW, dass weder für das Jahr 2022 noch für das Jahr 2023 Ergebnisse vorlägen, „ob und inwiefern die Veränderungen der gesamtwirtschaftlichen Situation aber auch weiterer Aspekte, wie bspw. die Einführung und deutliche Erhöhung des Bürgergelds einschließlich der Erhöhung der sozialrechtlichen Regel-/ Bedarfssätze, Auswirkungen auf das Abstandsgebot zum Grundsicherungsniveau haben und zu Anpassungen der Besoldungs- und Versorgungsbezüge führen müssen“ (Stellungnahme 18/1126).

Darüber hinaus führte der DBB NRW in der Anhörung zum Antrag der FDP-Fraktion am 16. Januar 2024 im Personalausschuss des Landtag aus, dass die Landesregierung die Berechnungsgrundlagen zur Überprüfung der Verfassungskonformität der Alimentation für die vergangenen Jahre noch immer nicht offengelegt habe und betonte, dass nach den Vorgaben des Bundesverassungsgerichts der Landtag als Besoldungsgesetzgeber die Entwicklung der für die Bemessung der Alimentation maßgeblichen Parameter beobachten und die Besoldung ggf. anpassen müsse. Der Gesetzgeber sei aufgrund dessen –nach Erhalt des statistischen Materials –zu einer rückwärtigen Betrachtung gezwungen.

In der Plenardebatte vom 25. Oktober 2023 zum FDP-Antrag ließ die CDU hingegen verlauten: „Ja, die vergangenen Krisen haben für einen Anstieg der Lebenshaltungskosten gesorgt. Doch das allein führt nicht dazu, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr erfüllt sind. Hierfür gibt es eine genau festgelegte Datengrundlage“(Plenarprotokoll 18/45). Die Einhaltung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wird damit von der größten Koalitionsfraktion angenommen.

Die grüne Fraktion verwies im Rahmen dieser Plenardebatte zum Antrag der FDP-Landtagsfraktion auf die zum damaligen Zeitpunkt laufenden Tarifverhandlungen und betonte, dass diese zunächst abzuwarten seien, um die Einhaltung des Mindestabstandsgebots zur Grundsicherung zu bewerten. Die geladenen Sachverständigen der Anhörung am 16. Januar 2024 stimmten hingegen überein, dass das Tarifergebnis vom 12. Dezember 2023 keinerlei Einfluss auf die vorliegenden Forderungen nach amtsangemessener Alimentation habe, da sich die Besoldungswidersprüche auf die vergangenen Jahre 2021 bis 2023 beziehen würden. Der Bund der Richter und Staatsanwälte vertritt darüber hinaus die Auffassung, dass die geplante Übertragung des Tarifergebnisses für den Öffentlichen Dienst der Länder auf den Beamten- und Richterbereich nicht ausreichend sei, um eine verfassungsgemäße Alimentation sicherzustellen.

Der Finanzminister sollte die Gelegenheit dieser Fragestunde nutzen, um dem Landtag im Detail darzulegen, in genau welcher Weise er die Amtsangemessenheit der Besoldung regelmäßig überprüft und welche Resultate seine letzten Berechnungen jeweils zu welchem Zeitpunkt ergeben haben.

Auf Basis genau welcher Berechnungsgrundlagen erachtet der Finanzminister die Alimentation der Landesbeamten in Nordrhein-Westfalen sowohl für 2023 als auch für die Vorjahre 2022 und 2021 als verfassungskonform?

Wieso hat das Finanzministerium diese zentralen Berechnungsgrundlagen bislang nicht dem Landtag transparent für dessen Verantwortung einer Beurteilung zur Verfügung gestellt?