Neustart für Freiheit und Wohlstand – Nordrhein-Westfalen zum Treiber für die Wirtschaftswende machen.

I. Ausgangslage

Die wirtschaftliche Lage in Nordrhein-Westfalen und Deutschland ist besorgniserregend. Unsere Volkswirtschaft leidet nicht nur unter einer konjunkturellen Schwächephase mit negativem Wirtschaftswachstum, sondern auch unter tiefgreifenden strukturellen Problemen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit grundlegend beeinträchtigen. Die Produktivität ist rückläufig und liegt unter dem Niveau vor der Pandemie. Besonders problematisch für die Wettbewerbsfähigkeit sind die im EU-Vergleich niedrige durchschnittliche Wochenarbeitszeit, der Fachkräftemangel, die hohe Abgabenlast, die überbordende Regulierungsdichte mit ihren hohen Bürokratiekosten sowie die kostspielige und ineffiziente Energie- und Klimapolitik.

Mit der größten jemals gebildeten Wirtschaftsallianz beteiligten sich mehr als hundert Verbände und hunderte Unternehmen am 29. Januar 2025 am bundesweiten „Wirtschaftswarntag“. Mit Kundgebungen und zahlreichen dezentralen Aktionen in und von Betrieben auch in Nordrhein-Westfalen haben die Beteiligten auf die dramatische Lage der deutschen Wirtschaft aufmerksam gemacht, verbunden mit dem dringenden Appell für weitreichende Reformen. Ein solches Signal gab es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit eint die vielen Industrieunternehmen und die kleinen und mittelständischen Betriebe die Sorge um den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Es muss verhindert werden, dass die Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen in die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes, die Chancen auf Aufstieg und das Wohlstandsversprechen von Demokratie und Marktwirtschaft komplett verlieren. Es braucht einen neuen Optimismus, der Vertrauen in Eigenverantwortung, Leistung, Mut, Risikobereitschaft und neue Ideen stärkt, die unser Land voranbringen. Eine grundlegende Wirtschaftswende ist zwingend notwendig!

Die Wirtschaftspolitik – in Deutschland und auch in Nordrhein-Westfalen – muss sich neu ausrichten und sich wieder verstärkt an den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft orientieren. Staatliche Detailsteuerung und planwirtschaftliche Vorstellungen, wie sie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auf europäischer Ebene verfolgt werden, sind nicht die Lösung, sondern Teil des Problems. Sie führen zu Marktverzerrungen, verhindern Innovationen und schaffen weitere unnötige Bürokratie. Unser Land braucht eine marktwirtschaftliche Wende, die dem Staat die Rolle der wettbewerblichen Regelsetzung und nicht der aktiven Wirtschaftslenkung zuweist. Nur so kann die Regulierungsdichte abgebaut und neue Bürokratie vermieden werden. Der Bürokratieabbau ist eine Daueraufgabe zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Dokumentations-, Nachweis- und Berichtspflichten binden Arbeitskraft, verursachen hohe Kosten und behindern die Unternehmen in ihrer eigentlichen Tätigkeit. Besonders gravierend sind die Auswirkungen der europäischen Regulierung. Die entsprechenden Richtlinien und Verordnungen müssen überprüft und gegebenenfalls abgeschafft werden.

Die hohe Abgabenlast in Deutschland ist ein Wettbewerbsnachteil. Es gibt kaum ein Land auf der Welt, in dem so hohe Steuern und Abgaben fällig werden wie in Deutschland. Gleichzeitig setzt das deutsche Abgabensystem zu wenig Anreize für die Aufnahme und Ausweitung von Arbeit. Eine breit wirksame Steuerentlastung für Unternehmen und Arbeitnehmer ist daher unausweichlich. Gleichzeitig muss verhindert werden, dass die Sozialversicherungsbeiträge weiter steigen. Eine zusätzliche Belastung von Kapitalerträgen durch Sozialversicherungsbeiträge wäre kontraproduktiv, da sie die notwendige Vorsorge junger Menschen erschwert.

Die deutsche Klima- und Energiepolitik führt zu steigenden Energiepreisen, hohen Haushaltsbelastungen und gefährdet die Energieversorgungssicherheit. Dauersubventionen für erneuerbare Energien und Klimaschutztechnologien setzen falsche Marktanreize. Klimaschutz muss global gedacht werden und (private) Investitionen fördern. Statt den Markt zu bekämpfen, muss der Staat ihn befähigen, die europäischen Verpflichtungen des Pariser Klimaschutzabkommens zu erfüllen. Der Emissionshandel als Kerninstrument kann dies leisten, indem er Emissionen kostenminimal reduziert und Investitionen in CO2-Speicherung und -Nutzung fördert. Gleichzeitig muss die Energiepolitik auf günstige Energiepreise und Versorgungssicherheit ausgerichtet sein. Dazu braucht es mehr Wettbewerb, Technologieneutralität und den bedarfsgerechten Ausbau der Infrastruktur.

Nordrhein-Westfalen muss Treiber und Impulsgeber dafür werden, dass die kommende Bundesregierung einen klaren wirtschaftspolitischen Kurswechsel vollzieht, um Deutschland als starken Wirtschaftsstandort zu sichern. Nordrhein-Westfalen als industrielles Herz Deutschlands hat ein besonderes Interesse an einer wirtschaftsfreundlichen Politik, die Innovationen, Investitionen und unternehmerische Freiheit stärkt.

II. Beschlussfassung

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen,

1. eine ambitionierte Bürokratie- und Regulierungsabbauinitiative zu starten, die den Erfüllungsaufwand für Unternehmen spürbar reduziert, indem

a. durch ein Bürokratie-Moratorium über drei Jahre lang sichergestellt wird, dass keine neuen bürokratischen Lasten aufgebaut werden.

b. jedes Jahr ein Jahresbürokratieentlastungsgesetz vorgelegt wird, um einen kontinuierlichen Abbau-Pfad für überflüssige Regelungen zu schaffen.

c. Berichts-, Dokumentations- und Nachweispflichten auf das absolut erforderliche Minimum reduziert werden.

d. Genehmigungsfiktionen ausgeweitet werden und neue Gesetze vermehrt mit festen Ablauffristen versehen werden.

e. sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene konkret für Regulierungs- und Bürokratieabbau durch Abschaffung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) sowie der EU-Taxonomie-Verordnung einsetzt.

 

2. dass im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, der die Gesamtabgabenlast für die Bevölkerung sowie die Unternehmen merkbar senkt, indem er

a. den Solidaritätszuschlag vollständig und ersatzlos abbaut. Die Ergänzungsabgabe hat sich insbesondere zu einer Belastung für die Unternehmen entwickelt, die ihre Wettbewerbsfähigkeit schwächt und daher in der aktuellen wirtschaftlichen Lage umso weniger gerechtfertigt ist.

b. den Grundfreibetrag im Zuge einer Reform des Bürgergelds schrittweise um 1.000 Euro anhebt, so den Lohnabstand zu Transfereinkommen vergrößert und damit Arbeitsanreize stärkt.

c. die Freibeträge und Eckwerte des Einkommensteuertarifs automatisch an die Inflationsentwicklung anpasst und so die kalte Progression verhindert.

d. den Mittelstandsbauch durch eine Kopplung des Spitzensteuersatzes der Einkommensteuer an die Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherung abbaut.

e. den Körperschaftssteuersatz senkt, so dass die Unternehmenssteuerlast insgesamt 25 Prozent nicht überschreitet.

f. Beschränkungen für den Verlustvortrag abbaut und den Verlustrücktrag ausweitet und so insgesamt die Verlustverrechnung verbessert.

g. die private und kapitalgedeckte Vorsorge in den Sozialsystemen stärkt sowie den Kostendruck wirksam bekämpft, so dass ein weiterer Anstieg der Sozialabgaben unterbunden wird.

 

3. den teuren deutschen Sonderweg in der Klimapolitik zu beenden und stattdessen auf marktwirtschaftliche Instrumente und internationale Kooperation zum kostengünstigen Erreichen der Klimaziele zu setzen und in diesem Sinne

a. das nationale Klimaziel, Deutschland bereits im Jahr 2045 klimaneutral zu machen, durch das europäische Klimaziel der Klimaneutralität 2050 zu ersetzen, da das nationale Sonderziel den Klimaschutz verteuert, im Rahmen des EU-Emissionshandels keinen zusätzlichen Klimaschutz-Effekt erzielen kann und insbesondere energieintensive Unternehmen belastet.

b. anerkennt, dass der EU-Emissionshandel aufgrund der gedeckelten CO2- Menge als einziges klimapolitisches Instrument das sichere und kostengünstige Erreichen der Klimaziele sicherstellen kann und somit zum zentralen Leitinstrument der Klimapolitik werden muss.

c. keine zusätzlichen Klimaschutz-Regulierungen einzuführen, die im Rahmen des Emissionshandels ohnehin keinen zusätzlichen Nutzen für den Klimaschutz haben können, sowie bestehende Regulierungen zu überprüfen und so weit wie möglich abzuschaffen.

d. technische Möglichkeiten zur Abscheidung und Speicherung von CO2 uneingeschränkt zuzulassen und die Entscheidung über ihre Nutzung den Unternehmen auf Grundlage wirtschaftlicher Erwägungen zu überlassen.

e. marktverzerrende und innovationshemmende Subventionsprogramme zu beenden und die Wahl der besten Klimaschutztechnologien den Unternehmen und Verbrauchern zu überlassen.

f. Fördermittel für Klimaschutztechnologien auf die Phase der Forschung und Entwicklung zu beschränken, wettbewerblich zu vergeben und zeitlich zu befristen.

 

4. die Energiepolitik technologieoffen und pragmatisch auszugestalten und so Haushalte und Unternehmen durch sinkende Preise zu entlasten und den Standort im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu machen, indem

a. die ausufernden Subventionen zur Förderung der erneuerbaren Energien (EEG) eingestellt und staatlich garantierte Ausbaupfade sowie Vergütungen für Neuanlagen daher schrittweise auf null gesenkt werden.

b. auf europäischer Ebene auf eine Abschaffung der Regulierungen zur Energieeffizienz, Gebäudeenergieeffizienz und der Flottengrenzwerte sowie nach der 2027 anstehenden Erweiterung des EU-Emissionshandels insbesondere auf den Verkehrs- und den Gebäudesektor auf ein Ende der nationalen Ziele im Rahmen der Lastenteilung hingewirkt wird.

c. generell das Energieangebot vergrößert wird. Dazu zählen die Ausweitung der heimischen Erdgasförderung, auch unter Verwendung unkonventioneller Fördermethoden (Fracking), ebenso wie perspektivisch die Nutzung klimafreundlicher Zukunftstechnologien wie Kernfusion und sicherer Kernkraftwerke ohne Subventionen.

d. alle Stromkostenanteile in den Blick genommen werden: Dabei muss die Stromsteuer auf das europarechtliche Mindestmaß abgesenkt werden. Die Bundesregierung sollte sich darüber hinaus auf europäischer Ebene für ihre Abschaffung einsetzen. Zudem muss die Regulierung der Netzentgelte grundlegend mit dem Ziele einer Flexibilisierung reformiert werden, so dass Netzengpässe im Preis abgebildet werde.

 

5. Maßnahmen zu ergreifen, um zusätzliches Arbeitsvolumen zu mobilisieren und zugleich die Zukunftsfestigkeit der sozialen Sicherungssysteme zu stärken, indem

a. monetäre Fehlanreize bei Arbeitsaufnahme und -ausweitung abgebaut werden, die zum Beispiel durch das Zusammenspiel von Bürgergeld, Kosten der Unterkunft, Wohngeld und Kinderzuschlag bei vielen Haushaltskonstellationen dazu führen, dass sich die Aufnahme oder Ausweitung von Arbeit nicht lohnt. Zudem liegen die Regelsätze des Bürgergelds derzeit über dem ermittelten Bedarf. Daher sollte in einem ersten Schritt durch die Abschaffung der sogenannten Besitzstandsregel die Voraussetzung für eine Absenkung des Regelbedarfs geschaffen werden. In einer grundlegenden Reform sollten zudem Grundsicherung und Wohngeld zu einer Leistung gebündelt werden. Auf der anderen Seite müssen dann die Hinzuverdienstmöglichkeiten so verbessert werden, dass sich jeder Schritt in Richtung Erwerbstätigkeit lohnt.

b. die Einteilung der Arbeitszeit endlich zeitgemäßer, freier und flexibler möglich wird. Die gesetzlichen Vorgaben sollten künftig auf wöchentliche statt tägliche Höchstarbeitszeiten umgestellt werden, um neue Arbeitszeitmodelle nicht länger zu behindern, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern und somit zusätzliche Potenziale des Arbeitsmarktes zu heben.

c. die Europäische Blue Card für weitere nicht-akademische Fachkräfte geöffnet wird und die unpraktikablen Verdienstuntergrenzen abgeschafft werden. Zudem sollte das Instrument der Westbalkanregelung ausgeweitet werden.

d. Anreize geschaffen werden, um ältere Menschen länger im Arbeitsmarkt zu halten. Dies ist sowohl aus Sicht des Arbeitsmarktes als auch durch den demographischen Druck auf das gesetzliche Rentensystem erforderlich. Deshalb muss ein flexiblerer, selbstbestimmter Renteneintritt mit entsprechenden versicherungsmathematisch korrekten Zu- und Abschlägen ermöglicht werden, statt an den zu starren, bisherigen Grenzen festzuhalten. Die Menschen sollen nach schwedischem Vorbild künftig selbst entscheiden, wann der Ruhestand beginnt, sofern dann keine Sozialleistungen beantragt werden müssen. Je später jemand in Rente geht, desto höher fällt diese aus.