Nordrhein-Westfalen muss sich für eine Annahme des vorliegenden Einigungsvorschlags zum Bürgergeld einsetzen!

Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zu dem Eilantrag „NRW muss sich im Vermittlungsausschuss für das Bürgergeld einsetzen!

Eilantrag der Fraktion der SPD
Drucksache 18/1782

I. Ausgangslage

Der Bundesrat hat am 14. November 2022 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 10. November 2022 verabschiedeten Zwölften Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) und anderen Gesetzen - Einführung eines Bürgergeldes (Bürgergeld-Gesetz) nicht zuzustimmen. In der Folge hat die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss angerufen. Die erste Beratung im Vermittlungsausschuss soll am Abend des 23. Novembers 2022 stattfinden. Für eine technische und organisatorische Umsetzung des Bürgergeldes und der damit verbundenen Anhebung der Regelsätze zum 1. Januar 2023 ist es erforderlich, dass ein Vermittlungsergebnis in der Sitzung des Bundesrats am 25. November 2022 beschlossen wird. Inzwischen liegt ein Einigungsvorschlag vor, der die Grundlage für ein Vermittlungsergebnis darstellen soll.

Mit der Einführung des Bürgergeldes soll das Grundsicherungssystem den aktuellen und künftigen Herausforderungen des Arbeitsmarktes wie dem Arbeits- und Fachkräftemangel angepasst werden. Wesentliche Punkte sind dabei:

Die Fortschreibungen der Regelbedarfe sollen künftig die zu erwartende regelbedarfsrelevante Preisentwicklung zeitnaher widerspiegeln. So soll bei stark steigender Preisentwicklung gewährleistet werden, dass es nicht zu einer erheblichen Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Entwicklung der Preise von regelbedarfsrelevanten Gütern und Dienstleistungen im Vergleich zur Entwicklung der Regelbedarfe kommt. Als Folgewirkung sollen die Regelbedarfe zum 1. Januar 2023 deutlich ansteigen. Die Methodik zur Ermittlung der Höhe der Regelbedarfe soll hingegen nicht verändert werden.

Mit der Erhöhung des Freibetrags im Bereich zwischen 520 und 1.000 Euro von 20 auf 30 Prozent des erzielten Erwerbseinkommens soll der Anreiz zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze gestärkt werden. Die Grundabsetzbeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende in Bedarfsgemeinschaften sollen auf 520 Euro erhöht werden. Damit sollen die Chancen für Kinder und Jugendliche verbessert werden und die leistungsfeindliche Ungleichheit gegenüber Kindern und Jugendlichen aus nicht hilfebedürftigen Familien abgebaut werden. Junge Menschen sollen so nicht bereits beim ersten selbst verdienten Geld erfahren, dass ihre Anstrengung sich weniger lohnt aufgrund der Familie, in die sie geboren wurden.

Qualifizierung und Weiterbildung sollen deutlich gestärkt werden. So soll der Vermittlungsvorrang im SGB II abgeschafft werden. Beim Einsatz der Eingliederungsinstrumente des SGB II sollen kurzfristige Beschäftigungen vermieden und die Chancen auf eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration gestärkt werden. Zur Unterstützung einer qualifizierten Berufsausbildung sollen Teilnehmende an einer berufsabschlussbezogenen Weiterbildung im SGB II und SGB III künftig ein monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro erhalten, wenn sie arbeitslos sind oder aufstockende SGB-II-Leistungen beziehen. Die Prämienregelungen für den erfolgreichen Abschluss einer Zwischen- und Abschlussprüfung sollen entfristet werden. Zudem soll im SGB II und SGB III ermöglicht werden, bei Bedarf in drei Jahren eine Umschulung im Rahmen einer geförderten beruflichen Weiterbildung zu besuchen, anstatt wie bisher in nur zwei Jahren.

Die Vermögensprüfung soll entbürokratisiert werden, Freibeträge sollen angehoben werden. Die bei selbst genutzten Hausgrundstücken oder Eigentumswohnungen als angemessen anerkannten Wohnflächen sollen in größerem Umfang als bisher freigestellt werden. Zudem sollen künftig alle Versicherungsverträge, die der Alterssicherung dienen, nicht als Vermögen berücksichtigt werden. In der Anfangszeit des Leistungsbezugs soll eine Karenzzeit für die zu übernehmenden Kosten der Unterkunft und Heizung und für die Berücksichtigung von Vermögen eingeführt werden. In diesem Zeitraum soll Vermögen nicht berücksichtigt werden, sofern es nicht erheblich ist. Verbesserungen beim Schonvermögen schützen insbesondere diejenigen Menschen, die als Selbstständige oder nach einem langen Arbeitsleben in Folge eines Schicksalsschlags auf Grundsicherung angewiesen sind und nicht sofort ihre gesamten Ersparnisse aufbrauchen müssen.

Der vorliegende Einigungsvorschlag sieht eine Verkürzung der Karenzzeit von zwei auf ein Jahr und eine maßvolle Absenkung des Schonvermögens im Vergleich zum ursprünglichen Gesetzentwurf vor. Auf die vorgesehene „Vertrauenszeit“ von sechs Monaten soll jetzt ganz verzichtet werden. Damit bleiben in den ersten sechs Monaten des Leistungsbezugs Sanktionen nicht nur bei mehrfachen Meldeversäumnissen, sondern auch bei einer Verweigerung der Mitwirkung und bei der Ablehnung von Arbeits- und Qualifizierungsangeboten des Jobcenters möglich. Für diese Sanktionen soll künftig ein Stufenmodell angewendet werden.

Die jetzt vorgesehenen Verbesserungen der Hinzuverdienstmöglichkeiten stellen ein Kernelement des Liberalen Bürgergeldes dar. Dies bedeutet den ersten Einstieg in ein Konzept, dass von den Freien Demokraten seit 1994 vorgeschlagen wurde. Diesem Einstieg sollten weitere Schritte folgen. Steuerfinanzierte Sozialleistungen sollen soweit wie möglich zusammengefasst werden, um Bürokratie abzubauen und Transferentzugsraten zwischen unter-schiedlichen Leistungen besser aufeinander abzustimmen. Auch die Hinzuverdienstmöglichkeiten sollten dabei noch weiter verbessert werden. Die Entwicklung eines entsprechenden Reformmodells ist im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP auf Bundesebene vorgesehen. Das Land Nordrhein-Westfalen sollte diese Bestrebungen befördern.

II. Beschlussfassung

Der Landtag stellt fest:

  • Mit der Einführung des Bürgergeldes wird das Grundsicherungssystem den aktuellen und künftigen Herausforderungen des Arbeitsmarktes angepasst.
  • Die besseren Hinzuverdienstmöglichkeiten im Bürgergeld stärken Anreize zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.
  • Die Erhöhung der Grundabsetzbeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende baut leistungsfeindliche Ungerechtigkeiten für Kinder und Jugendliche aus hilfebedürftigen Familien ab.
  • Mit den neuen Regelungen des Bürgergeldes wie der Abschaffung des Vermittlungsvorrangs und der Einführung eines Weiterbildungsgeldes werden Qualifizierung und Weiterbildung deutlich gestärkt.
  • Eine entbürokratisierte Vermögensprüfung, Verbesserungen beim Schonvermögen und der Schutz der Altersvorsorge entlasten die Verwaltungen der Jobcenter und schützen insbesondere diejenigen Menschen, die als Selbstständige oder nach einem langen Arbeitsleben auf Grundsicherung angewiesen sind.
  • Das Prinzip von „Fördern und Fordern“ wird mit der Einführung des Bürgergeldes fortgeführt und mit dem vorliegenden Einigungsvorschlag weiter gestärkt.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  • sich im Vermittlungsausschuss für eine Annahme des vorliegenden Einigungsvorschlags zum Bürgergeld einzusetzen und
  • sich dafür einzusetzen, dass das Bürgergeld am kommenden Freitag im Bundesrat verabschiedet werden kann.

Henning Höne
Marcel Hafke
Angela Freimuth
Yvonne Gebauer

und Fraktion