Wie geht die Landesregierung bei rechtswidrigen polizeilichen Bild- und Tonaufnahmen mit unseren Daten um und welche Bedeutung hat der Datenschutz für die Landesregierung bei verdeckten Aufnahmen die nicht nach § 17 II PolG gerechtfertigt sind?

Es geht um den Schutz des Rechtes am eigenen Bild eines jeden Einzelnen bei polizeilichen Aufnahmen, die nach § 17 III Satz 3 PolG NRW von Gesetzes wegen zu löschen wären. Die mitgeteilte Antwort der Landesregierung ist nicht befriedigend, da das Innenministerium auf die Kleine Anfrage 414 (Drs. 18/850) vom 6. September 2022 am 21.10.2022 unter der Drs. 18/1321 wie folgt auf die Frage 5 geantwortet hat:

„Nach welchen Regelungen werden die gesetzlichen Vorgaben der §§ 17 Abs. 3 S. 3 und Abs. 4 des PolG NRW landesweit bei allen Polizeistellen überprüft und eingehalten?

Die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften obliegt in erster Linie den Verantwortlichen im Sinne des § 36 Nr. 9 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen. Ergänzt wird dies durch die Aufgaben der behördlichen Datenschutzbeauftragten nach § 67 Nr. 6 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen in Verbindung mit den Artikeln 37 bis 39 der EU-Datenschutzgrundverordnung. Die Einhaltung rechtlicher Vorgaben einschließlich des Datenschutzes ist zudem Gegenstand der Aufsicht nach § 5 Absatz 3, § 13 Absatz 2, § 13a Absatz 2 und § 13b Absatz 2 des Polizeiorganisationsgesetzes Nordrhein-Westfalen. Schließlich unterliegen die Polizeibehörden auch nach Maßgabe des § 60 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen der Aufsicht durch die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit.“

Das bedeutet:
Nach der Gesetzesbestimmung in § 17 III PolG ist die Verwertung der erlangten (verdeckten) Erkenntnisse aus Bild- und Tonaufnahmen nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Nach § 17 II PolG darf der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen nur durch die Behördenleiterin oder den Behördenleiter angeordnet werden. Die Anordnung bedarf der Schriftform und ist auf höchstens einen Monat zu befristen; soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen, sind Verlängerungen um jeweils einen weiteren Monat zulässig. Für den Einsatz der Mittel zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes gilt § 16a Absatz 2 entsprechend. § 17 III Satz 3 PolG NRW lautet: „Aufzeichnungen, die nicht im Sinne des Satzes 2 verwendet werden, sind unverzüglich nach Beendigung des Einsatzes zu löschen.“

Die Landesregierung verweist in ihrer Antwort auf den Verantwortlichen im Sinne von § 36 Nr. 9 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen. Dieser sei zur Löschung verpflichtet. Es stellt sich die Frage, ob dies der Behördenleiter ist, der die Maßnahme anordnet oder derjenige, der nach Ablauf von einem Monat die Verlängerung der Speicherung der Bild- und Tonaufnahmen genehmigt oder aber derjenige, der für den Einsatz verantwortlich ist, bei dem die Bild- und Tonaufnahmen gefertigt wurden. Die Landesregierung hat hierzu keine Antwort gegeben, so dass unklar ist, wer „Verantwortlicher“ im Sinne von § 36 Nr. 9 für Entscheidungen nach § 17 III PolG ist.

Des Weiteren verweist die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Artikel 37 bis 39 der EU-Datenschutzgrundverordnung, wonach ein Datenschutzbeauftragter von der Behörde benannt sein muss. Nach § 37 Absatz 3 gilt: „Falls es sich bei dem Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter um eine Behörde oder öffentliche Stelle handelt, kann für mehrere solcher Behörden oder Stellen unter Berücksichtigung ihrer Organisationsstruktur und ihrer Größe ein gemeinsamer Datenschutzbeauftragter benannt werden.“ Die Frage, ob es für jede Polizeibehörde oder jedes Polizeipräsidium einen Datenschutzbeauftragten gibt, der nach § 17 III PolG dann zuständig wäre oder entscheiden würde oder überprüfen würde, hat die Landesregierung unbeantwortet gelassen. Daher ist unklar – aufgrund der Antwort der Landesregierung – wer als Datenschutzbeauftragter bei den Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen für die Einhaltung der Vorschrift nach § 17 III PolG zuständig ist, um Löschungen von rechtswidrigen Bild- und Tonaufnahmen von Privatpersonen zu überwachen.

Sodann wird auf das Polizeiorganisationsrecht und zwar die §§ 5 Absatz 3, § 13 Absatz 2, § 13a Absatz 2 und § 13b Absatz 2 des Polizeiorganisationsgesetzes Nordrhein-Westfalen verwiesen. Daraus ergibt sich aber nicht, wer die Aufsicht für den Datenschutz und die Löschung von ungerechtfertigten Bild- und Tonaufnahmen nach § 17 III PolG hat, so dass dieser Verweis in der Antwort der Landesregierung weitere Fragen aufwirft.

Letztlich wird in der Antwort der Landesregierung auf § 60 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen verwiesen, wonach die Aufsicht durch die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit geregelt ist. In § 60 wird sodann auf § 50 der Verordnung (EU) 2016/679 verwiesen, der wiederum bestimmt, dass jeder EU-Mitgliedstaat vorsehen muss, dass eine oder mehrere unabhängige Behörden für die Überwachung der Anwendung dieser EU-Verordnung zuständig sind, damit die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen bei der Verarbeitung geschützt werden und der freie Verkehr personenbezogener Daten in der Union erleichtert wird.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wer ist innerhalb der nordrhein-westfälischen Polizeistruktur und Polizeiorganisation für die Überwachung, Speicherung und Löschung von Daten nach § 17 III PolG NRW zuständig, die nach § 17 III Satz 3 PolG NRW gelöscht werden müssen?
  2. Wie überwacht die Datenschutzbeauftragte von Nordrhein-Westfalen die Löschungspraxis in Nordrhein-Westfalen nach § 17 III PolG bei allen Polizeidienststellen?
  3. Gibt es eine einheitliche Praxis bei allen Polizeidienststellen in Nordrhein-Westfalen, um notwendige Löschungen nach § 17 III PolG vorzunehmen?
  4. Ist nach Einschätzung der Datenschutzbeauftragten von Nordrhein-Westfalen die derzeitige Verwaltungspraxis bei den Polizeibehörden, wenn es denn eine solche einheitliche Praxis gibt, europarechtskonform?
  5. Was würde die Datenschutzbeauftragte vorschlagen, um eine EU-rechtskonforme Regelung und Verwaltungspraxis in Bezug auf § 17 PolG NRW zu erzielen?

Dr. Werner Pfeil