Risikofaktor Brücken – Mehr Tempo bei Planung, Sanierung und Bau machen

Wie zahlreiche Medien, darunter auch der Westdeutsche Rundfunk (WDR), in der letzten Woche übereinstimmend berichteten, steht aufgrund der hohen Anzahl sanierungsbedürftiger Brücken das Risiko eines großflächigen Verkehrschaos und einer Deindustriealisierung mit unübersehbaren Folgen für die Arbeitsplätze zu befürchten.

Anlass für die breite Medienberichterstattung war eine von der IHK-Initiative Rheinland GbR in Auftrag gegebene Studie, die den Zustand der Brücken im Rheinland in den Blick genommen hat. Hinter dieser Initiative versammeln sich insgesamt sieben IHK. Gemeinsam mit dem Institut für Straßenwesen (ISAC) der RWTH Aachen haben sie die verfügbaren Daten von Brücken in der Baulastträgerschaft von Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen ausgewertet. Das ernüchternde Ergebnis der Studie liegt seit letzter Woche vor: Danach haben zwischen Emmerich und Bonn 663 Brücken im Rheinland einen Traglastindex der Kategorie IV und 343 einen Traglastindex der Kategorie V. Im Rahmen der Kategorien I –V sind es die Bewertungen mit den größten Defiziten. Allein im Bezirk der IHK Köln befinden sich 61 sanierungsbedürftige Brücken auf Land- und Bundesstraßen –und damit in Verantwortung von Straßen.NRW. Bisher fehlt es an einem konkreten Sanierungsplan der Landesregierung, der Planungssicherheit für Wirtschaft und Industrie im Rheinland schafft.

Aus der Studie folgt ein akuter erheblicher Instandhaltungsbedarf. Unter Beibehaltung des bisherigen Tempos drohen Brückenablastungen, Sperrungen, großräumige Umleitungen und unzumutbare Belastungen der Innenstädte wie es seit Dezember 2021 in Lüdenscheid zu beobachten ist. Die Auswirkungen für die Anwohner, die Volkswirtschaft und die Umwelt wären verheerend. Leistungsfähige Brücken sind systemrelevant und Grundvoraussetzung für effiziente Mobilität. Die IHKs fordern daher ein schnelles politisches Handel auf allen Ebenen. Beschleunigung bei Planung, Sanierung und Neubau seien zwingend. Erreicht werden könnte eine Beschleunigung durch die vereinfachte Vergabe, die Einführung von Fristen für die Verwaltung und standardisierte Brückenbauwerke.

Die IHKs wollen ihre Strategien und Vorschläge für mehr Tempo im Rahmen eines „Brückengipfel“ mit Herrn Minister Krischer vortragen und einbringen. Bis jetzt hat
Verkehrsminister Oliver Krischer aber in öffentlichen Ausführungen stets vor allem die Verantwortung des Bundes betont. Dabei lässt er außer Acht: Hunderte von Brücken befinden sich auf Land- und Bundesstraßen, für deren Erhalt das Land Nordrhein-Westfalen alleinig zuständig ist. Auch sein Vorgänger im Amt, der heutige Ministerpräsident Wüst, ließ keine Ambitionen hinsichtlich einer Instandhaltung der Brücken erkennen, denn der aktuelle Zustand der Brücken ist das Ergebnis jahrelanger Untätigkeit. Insofern ist die Forderung der IHKs nach einem „Brückengipfel“ mehr als berechtigt.

Ohne gemeinsame Anstrengungen von Wirtschaft, Politik und Verwaltung für Planungs- und Genehmigungsbeschleunigungen ist der Industriestandort Nordrhein-Westfalen gefährdet. Der Landtag muss deshalb im Rahmen einer Aktuellen Stunde über die Dringlichkeit von Sanierungs- und Baumaßnahmen von Brücken in unmittelbarer Verantwortung des Landes Nordrhein-Westfalen debattieren. Außerdem muss sich der Landtag mit der wichtigen Forderung nach einem „Brückengipfel“ auseinandersetzen und dazu eine Position einnehmen.