Rundfunkbeitrag gegenwärtig stabil halten und perspektivisch deutlich absenken – Das Land Nordrhein-Westfalen muss eine aktive Rolle in der bundesweiten Debatte über die Höhe und Angemessenheit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkfinanzierung einnehmen
I. Ausgangslage
Die Sendeanstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks haben im Jahr 2023 trotz der nach eigenen Angaben fortgesetzten Sparmaßnahmen einen deutlich höheren Finanzbedarf angemeldet. Begründet haben sie dies ihrerseits mit erhöhten Programm-, Personal- und Sachaufwendungen.
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) hat diese Anmeldungen analysiert, geprüft und den vermeintlichen Mehrbedarf um knapp zwei Drittel gekürzt. Anschließend erfolgte im Februar 2024 eine Empfehlung für den zukünftigen Rundfunkbeitrag: In ihrem 24. Bericht empfiehlt die KEF für die zukünftige Finanzierung der Sendeanstalten eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Ab 2025 solle dieser demnach monatlich um 58 Cent steigen und damit insgesamt 18,94 Euro im Monat betragen.
Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten haben in der Folgezeit diese Erhöhung mit dem Hinweis gerechtfertigt, dass eine solche Steigerungsrate noch deutlich unter der aktuellen Inflationsrate liege und diese für Beitragszahler eine Steigerung um 3,2 Prozent betragen würde. Eine solche Sichtweise verkennt, dass den Sendeanstalten damit für die nächsten vier Jahre der neuen Beitragsperiode bis 2028 jährlich fast drei Milliarden Euro mehr zur Verfügung stünden. Die jährlichen Beitragseinnahmen würden sich auf über 10,4 Milliarden Euro erhöhen. Einnahmen aus Werbung oder Sponsoring in einer Milliardenhöhe sind noch hinzuzurechnen.
Mit solchen Planungen bleibt der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland auch in der Zukunft der teuerste der Welt. In Anbetracht dieser Summen stellt sich erneut die Frage, warum grundlegende strukturelle Reformen und notwendige Einsparungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk unterbleiben. Die Existenz von mittlerweile fast 100 Hörfunkwellen und TV-Programmen belegt die Expansion, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk seit Jahren kontinuierlich vollzieht. Dadurch werden immer mehr Inhalte, die eigentlich ins Vollprogramm gehören, in Spartenkanäle ausgelagert. Vor allem die in den letzten Jahren praktizierte massenhafte Ausdehnung neuer Onlineangebote über das bisherige Rundfunkangebot hinaus ist ebenfalls auffällig.
II. Handlungsnotwendigkeiten
Der bereits im März 2023 von der Rundfunkkommission der Länder eingesetzte Zukunftsrat empfiehlt umfassende Reformen, wie zum Beispiel eine Auftragsschärfung oder Reformen der Gremien und Geschäftsleitungen (siehe dazu die Pressemitteilung des Zukunftsrats „Gemeinsamer Kraftakt nötig“ vom 18. Januar 2024). Ganz konkrete Maßnahmen zur aktuellen Stabilisierung oder gar einer wünschenswerten perspektivischen Absenkung des Rundfunkbeitrags hat der Zukunftsrat leider bislang nicht öffentlich vorgelegt. Dieser setzt vielmehr darauf, dass eine Umsetzung der Reformvorschläge mittelfristig zu erheblichen Einsparungen führen wird. In welcher Art und Weise diese Einsparungen zur Senkung des Rundfunkbeitrags verwendet werden sollen, wird nicht dargelegt.
Auch der CDU-Bundesvorstand hat sich mit weitreichenden Reformen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk befasst, allerdings ohne eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags explizit auszuschließen. Eine umfassende Transparenz bei der Verwendung der Beitragszahlungen soll Beitragspflichtige künftig davon überzeugen, dass deren Gelder für ein ausgewogenes und dem verfassungsgemäßen Bildungs- und Informationsauftrag folgenden Programm aufgewendet werden.
Dabei steigen die Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag seit 2018 unentwegt und stehen den Sendeanstalten stets konjunkturunabhängig und ohne wirkliches unternehmerisches Risiko zur Verfügung. Gleichzeitig nimmt die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Bevölkerung kontinuierlich ab, so dass ein erneut erhöhter Pflichtbeitrag sicher schwer zu rechtfertigen ist, denn die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hängt nicht nur von der Erwartung an glaubwürdige und ausgewogene Berichterstattung ab, sondern auch maßgeblich von der Höhe der finanziellen Aufwendungen für die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten.
Eine derartig stabile, konjunktur- und nutzungsunabhängige sowie pflichtig zu entrichtende Finanzierung verlangt danach, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine finanziellen Ansprüche umfassend und nachvollziehbar vor der Öffentlichkeit darlegt und rechtfertigt. Darüber hinaus stellt die im Vergleich zu privaten Anbietern über Jahrzehnte hinweg großzügige finanzielle Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für die gesamte private Medienlandschaft in Deutschland dar. Dieses Ungleichgewicht ist in der laufenden Wahlperiode von namhaften Sachverständigen bereits mehrfach kritisch im Rahmen von Anhörungen thematisiert worden (siehe APr 18/223 und APr 18/242).
Vor diesem Hintergrund ist es zunächst erfreulich, dass sich sechs Bundesländer öffentlich gegen eine aktuelle Erhöhung des Rundfunkbeitrags ausgesprochen haben, so zum Beispiel Bayern, Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt. Auch Nordrhein-Westfalens Medienminister Nathanael Liminski fordert richtigerweise mehr Beweglichkeit und strukturelle Reformen von den Sendeanstalten.
In ihrer Nachrichtenagenturmeldung „Rundfunkreform könnte im Sommer 2025 kommen – keine Beitragserhöhung“ berichtet die Deutsche Presseagentur (dpa) am 19. September 2024 zunächst, dass Gespräche der Bundesländer über eine Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks offenbar so voranschritten, dass der Rundfunkbeitrag im Jahr 2025 nicht steigen dürfte. Demnach solle der öffentlich-rechtliche Rundfunk effizienter aufgestellt werden, indem Doppelstrukturen konsequent abgebaut und die Radioprogramme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie die Anzahl der Spartenkanäle konsequent reduziert würden (siehe zum Beispiel FAZ-Artikel vom 19. September 2024: „Rundfunkreform soll im Sommer 2025 stehen.“).
Nach dem bisherigen Kenntnisstand gehen die Entscheidungen grundsätzlich in die richtige Richtung, haben aber noch nicht die Dimension wirklich mutigerer und auch wirkungsvoller Reformschritte erreicht, die aktuell notwendig sind. Dem Vernehmen nach sind bislang auch wesentliche Regelungen für einen fairen Wettbewerb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und privater Medienunternehmen noch nicht geeint, zu denen beispielsweise das Verbot der Presseähnlichkeit, die Begrenzung für Textangebote der Rundfunkanstalten im Internet und der Ausgaben für Sportrechte gehören.
Im Kontext dieser Veränderungen flammen im Gegenzug offenbar erneut Überlegungen für einen Erhöhungsautomatismus beim Rundfunkbeitrag in Form einer Indexierung auf (siehe beispielsweise FAZ-Artikel vom 21. September 2024 „Jetzt kommt der Rundfunkbeitrag per Index doch“). Eine solche Indexierung des Rundfunkbeitrags würde allerdings das Tempo der notwendigen Reformbereitschaft drosseln und weitere erforderliche Schritte durch einen auf bequeme Art und Weise abgesicherten dauerhaften Finanzmittelzuwachs verhindern.
Nicht nur die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dürfte durch diesen Index weiter sinken, auch die Landesparlamente würden sich dann regulär nicht mehr automatisch und regelmäßig mit diesen Entscheidungen über die richtige Höhe des Rundfunkbeitrags befassen. Der Berichterstattung zufolge wären die Landtage nur noch im Abweichungsfalle der durch die KEF ermittelten Beitragshöhe vom Vergleichswert überhaupt gefordert, sich mit staatsvertraglichen Änderungen zu beschäftigen.
Am 27. September 2024 korrigiert die Nachrichtenagentur dpa mit ihrer Meldung „Länder legen sich bei Rundfunkbeitrag noch nicht fest“ ihre Berichterstattung vom 19. September 2024 und führt dazu wörtlich aus: „Die Entwicklung der Rundfunkbeitragshöhe im nächsten Jahr bleibt weiter unklar. Die Bundesländer veröffentlichten einen vorläufigen Entwurf für eine Reform, mit der sie Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks effizienter machen wollen. „Die Finanzierungsfragen werden im Oktober auf der Ministerpräsidentenkonferenz besprochen“, teilte die Staatskanzlei Rheinland-Pfalz mit.“ Auch vor diesem Hintergrund sollte sich der Landtag Nordrhein-Westfalen dringend mit der Fragestellung der zukünftigen Rundfunkfinanzierung im Kontext der anstehenden Reformen beschäftigen.
Der zaghafte Reformpfad des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss ausgebaut, dauerhaft beschritten und stets weiterentwickelt werden, um zukünftig ein insgesamt wirkungsvolles Reformvorhaben hervorzubringen. Dazu sollte insbesondere das Land Nordrhein-Westfalen in der Ländergemeinschaft als größtes Bundesland und wichtiger Medienstandort aktiv mit eigenen Konzepten und Lösungsvorschlägen beitragen.
III. Beschlussfassung
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
- für eine Akzeptanzsteigerung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch gegenwärtige Beitragsstabilität und perspektivische Beitragssenkungen zu sorgen,
- dabei insbesondere eine automatische Indexierung des Rundfunkbeitrags abzulehnen,
- für eine kontinuierlich anhaltende Kostendisziplin die notwendigen Strukturreformen zur Verschlankung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Daueraufgabe zu begreifen,
- bei Fragen der Programmfinanzierung den Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen,
- die aktuellen Debatten zu rundfunkstaatsvertraglichen Änderungen für die Stärkung eines fairen Wettbewerbs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit privaten Medienanbietern zu nutzen.