Schluss mit dem Förderdschungel – Digitalisierung und Konsolidierung jetzt!
I. Ausgangslage
Die Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens erwarten, dass ihre Steuergelder effizient und transparent eingesetzt werden. Doch die Realität der Förderpolitik sieht leider anders aus: Viel zu oft verirren sich Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Kommunen in einem undurchsichtigen Förderdschungel und dem Dickicht hochkomplexer Antragsverfahren. Zugleich verursacht die Förderlandschaft in Nordrhein-Westfalen jedes Jahr Kosten in Milliardenhöhe mit hohen Fördersummen, hohen Verwaltungs- und Personalkosten sowie hohem Erfüllungsaufwand für Antragsstellerinnen und Antragssteller.
Die Ergebnisse diverser Anfragen der FDP-Landtagsfraktion zur Förderpolitik sind gleichermaßen ernüchternd wie alarmierend. Ein einheitliches Monitoring oder Controlling der Förderprogramme des Landes existiert derzeit nicht. Steuerzahler wie Parlament lässt die Landesregierung im Unklaren über die konkrete Ausgestaltung ihrer Förderpolitik. Darüber hinaus gibt es keinerlei Informationen darüber, wie hoch der Verwaltungsaufwand und die durchschnittliche Bearbeitungsdauer im Einzelnen für die Abwicklung der Förderprogramme sind.
Im Jahr 2023 hat die Landesverwaltung 266 Förderprogramme abgewickelt. Dafür sind rund 4,6 Milliarden Euro an Steuergeldern an die Zuwendungsempfänger geflossen. 223 dieser Förderprogramme liegen in der alleinigen Verantwortung des Landes. Die übrigen sind Förderprogramme des Bundes (32) und der EU (11), an denen das Land monetär oder administrativ beteiligt ist. 53 der Förderprogramme sind sogenannte „Kleinstförderungen“ (max. 1.000 Euro je Fördergegenstand). 144 der Förderprogramme sehen Kleinförderungen vor (max. 2 Millionen Euro je Fördergegenstand).
Eine Evaluierung der Förderprogramme findet nur rudimentär statt. Die Treffsicherheit und der Zielerreichungsgrad werden nicht systematisch erfasst. Ob die Förderungen überhaupt ihre politisch gewünschte Wirkung erzielen, bleibt weitestgehend unbekannt. Auch im Hinblick auf die Digitalisierung herrscht Nachholbedarf. Nur rund 60 Prozent der Förderprogramme können nach Angaben der Landesregierung digital oder vollständig digital beantragt werden.
Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs: Die Landesregierung legt bislang nämlich mit den oben genannten 266 Förderprogrammen nur einen kleinen Teil der Fördermaßnahmen des Landes offen. Institutionelle Förderungen, spezifische Projektförderungen sowie vertragliche Leistungen wurden in den bisherigen Auswertungen nicht aufgeführt. Laut dpa-Meldung „NRW-Landesregierung will Förderdschungel lichten“ vom 23. August 2024 spricht die Landesregierung von mehr als 400 weiteren Fördermaßnahmen, die zu den oben genannten 266 Programmen hinzukommen.
II. Handlungsnotwendigkeiten
Auch CDU und Grüne müssen ihre Förderpolitik grundlegend hinterfragen. Effizienz, Transparenz und Nutzerfreundlichkeit müssen priorisiert werden. Denn eine derart kleinteilige und bürokratische Förderlandschaft ist weder im Interesse der Fördernehmer noch ist sie vorteilhaft für die Landesverwaltung. Anstatt Steuergelder über komplizierte Antragsverfahren umzuverteilen, sollte es vielmehr die Regel sein, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in der Breite zu entlasten und Kommunen finanziell besser auszustatten.
Nur dort, wo die Bereitstellung von Fördergeldern das einzige Mittel ist, um eine im Voraus definierte, wachstumsfördernde und gesamtgesellschaftlich betrachtet positive Wirkung zu erzielen, sollte ein punktueller Einsatz in Erwägung gezogen werden. Deshalb bedarf es einer strikten Konsolidierung und Reduzierung der Fördermaßnahmen des Landes. Die verbleibenden Förderungen sollten so effizient und transparent wie möglich ausgestaltet werden und insbesondere vollumfänglich digitalisiert werden.
Denn die digitale Abwicklung von Förderanträgen ist ein Muss in der heutigen Zeit. Sie entlastet Nutzerinnen und Nutzer und die Verwaltung gleichermaßen, beschleunigt Verfahren und reduziert Fehler. Durch eine umfassende Digitalisierung wird die Transparenz erhöht und eine Qualitätssicherung erleichtert. Auch die Evaluierung der Maßnahmen kann durch digitalisierte Prozesse vereinfacht bzw. erstmals flächendeckend ermöglicht werden.
Alle Förderungen des Landes müssen dringend über eine zentrale, benutzerfreundliche Plattform verwaltet werden. Die Nutzerinnen und Nutzer sollen ihren Antrag digital stellen können, die Verwaltung soll ihn digital prüfen und genehmigen können. Auch die Verwendungsnachweise sollen von den Fördernehmern digital eingereicht werden können. Mithilfe einer flächendeckenden digitalen Vorprüfung soll die Vollständigkeit der Unterlagen gewährleistet werden, bevor die Fachleute in der Verwaltung überhaupt mit der Prüfung beginnen. So wird Personal erst ab dem Zeitpunkt eingesetzt, an dem die Expertise unverzichtbar ist. Auf diese Weise können in Summe deutlich mehr Fälle in kürzerer Zeit bearbeitet werden.
Die Landesregierung verfügt mit „foerderplan.web“ bereits über eine für dieses Vorhaben geeignete Plattform. Zwar teilt die Landesregierung selbstbewusst mit, dass immer mehr Ressorts diese Plattform nutzen und inzwischen 193 Förderprogramme darüber laufen. Allerdings gebe es unterschiedliche Digitalisierungsgrade. Zudem ist das Ziel der Landesregierung ernüchternd unambitioniert: Bis Ende der Legislaturperiode solle eine „möglichst hohe Zahl“ an Zuwendungsverfahren abgebildet werden. Ein konkreter Zeitplan, bis wann welches Ressort welche Förderungen in welchem Grad digitalisiert haben soll, scheint nicht zu existieren.
Durch eine zentrale Förderplattform kann die Qualität des Monitorings entscheidend verbessert werden. Denn werden alle Maßnahmen über ein einheitliches Portal abgewickelt, können transparente und maschinenlesbare Daten gewonnen werden. So kann die Landesregierung jederzeit prüfen, ob eine Förderung die definierte Wirkung erzielt oder ob die Maßnahme aufgrund mangelnder Effektivität eingestellt werden sollte.
III. Beschlussfassung
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
- die Anzahl der landeseigenen 223 Förderprogramme um 50 Prozent zu reduzieren. Freiwerdende Mittel sollen zum einen der steuerlichen Entlastung von Unternehmen und Bürgern dienen und zum anderen direkt den Kommunen zugeführt werden.
- die rund 700 Fördermaßnahmen des Landes zu konsolidieren und drastisch zu entbürokratisieren. Besonders Klein- und Kleinstprogramme müssen kritisch überprüft werden.
- die Plattform foerderplan.web so weiterzuentwickeln, dass jeder Antrag digital eingereicht, bearbeitet und genehmigt werden kann. Verwendungsnachweise sollen ebenso digital eingereicht sowie weiterverwendet werden können. Eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung muss das Ziel für jede Förderung sein.
- bis Ende des Jahres 2026 alle fördernden Ressorts an foerderplan.web anzuschließen und alle Förderungen – soweit sie in alleiniger Verantwortung des Landes liegen – über die Plattform abzuwickeln.
- die Architektur von foerderplan.web so zu gestalten, dass sie über offene Standards und Schnittstellen verfügt. Diese Maßnahme ist Voraussetzung dafür, dass auch die Förderungen von Bund und EU, an denen das Land beteiligt ist, mittelfristig über das Portal abgewickelt werden können. Außerdem müssen die Metadaten von Förderungen im Portal maschinenlesbar aufbereitet werden.