Schutzschirm für die kommunalen Gasversorger – Mit welchen Instrumenten und auf welchem Finanzierungsweg will die Landesregierung die Stadtwerke unterstützen?

Neben vielen Bürgerinnen und Bürgern blicken auch viele Städte und Gemeinden mit Sorge auf den kommenden Winter. Denn die nächste Heizperiode droht für viele kommunale Stadtwerke kritisch zu werden: Sollten Gaslieferungen aus Russland in immer größerem Umfang ausbleiben, müssen die kommunalen Versorger unter Umständen Gas tagesaktuell zu entsprechend hohen Preisen ordern. Die aktuelle Version des Energiesicherungsgesetzes sieht vor, dass nach einer formalen Feststellung durch die Bundesnetzagentur diese Mehrkosten unmittelbar in laufenden Verträgen an die Endkunden weitergegeben werden können. Selbst wenn diese Möglichkeit zum Winter hin – ungeachtet möglicher sozialpolitischer Verwerfungen – freigegeben werden sollte, drohen den Versorgern Liquiditätsengpässe. Maßgeblich für die befürchteten Liquiditätsengpässe dürfte in diesem Szenario insbesondere sein, dass im Fall sprunghaft steigender Abschlagszahlungen bei einigen Bürgerinnen und Bürgern ein Zahlungsausfall droht. Darüber hinaus sehen einige Versorger im Falle unterjähriger Preiserhöhungen ein Liquiditätsrisiko aufgrund eines unvermeidbaren zeitlichen Verzugs zwischen Preiserhöhung und den tatsächlich höheren Mittelzuflüssen aus den angepassten Abschlagszahlungen ihrer Kundinnen und Kunden.

Viele Städte und Gemeinden haben Zweifel geäußert, ob sie diese Liquiditätsengpässe ihrer kommunalen Versorger alleine abfangen können. Daher hat die Landesregierung einen Schutzschirm für die Versorger in Aussicht gestellt, um die Versorgungssicherheit in Nordrhein-Westfalen uneingeschränkt zu gewährleisten. Die Wahl der geeigneten Instrumente ist dabei keinesfalls trivial: Auf der einen Seite braucht es in der aktuellen Phase physischer Gasknappheit das Preissignal, damit Bürgerinnen und Bürger sowie Betriebe möglichst ressourcensparend mit dem knappen Gut umgehen. Eine vollständige staatliche Übernahme aller Mehrkosten dürfte die Situation daher weiter verschärfen und scheidet entsprechend aus. Auf der anderen Seite gilt es aber auch, die Grundversorgung durch die kommunalen Versorger sicherzustellen und Situationen individueller finanzieller Überforderung abzuwenden, damit kein Bürger in Nordrhein-Westfalen im kommenden Winter frieren muss.

Je nach Wahl und Umfang der benötigten Instrumente sind im Landeshaushalt entsprechende Vorkehrungen zur soliden und transparenten Gegenfinanzierung zu treffen. Dabei gilt: Auch der Zweck heiligt nicht die Mittel. Daher verwundert es, dass sich die zuständige Ministerin Ina Scharrenbach im Zusammenhang mit dem geplanten Schutzschirm mit Aussagen zu nicht in Anspruch genommenen Mitteln aus dem kreditfinanzierten Corona-Rettungsschirm zitieren lässt. Dieser Corona-Rettungsschirm wurde nach Ausbruch der Corona-Pandemie und in Anbetracht zunächst kaum absehbarer Folgen für unsere Wirtschaft, Gesellschaft und die Einnahmesituation des Landes am 24. März 2020 vom Landtag Nordrhein-Westfalen bewilligt und sah ein über Schulden zu finanzierendes sogenanntes Sondervermögen mit einem maximal zulässigen Ziehungsrahmen von bis zu 25 Milliarden Euro vor (siehe NRW-Rettungsschirmgesetz, LT-DS 17/8882). Ausschließlicher Zweck des Sondervermögens ist gewesen, „dem Landeshaushalt ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Folgen der Corona-Krise in Nordrhein-Westfalen abzufedern“. Ein Rückgriff auf den Corona-Rettungsschirm zur Sicherung der kommunalen Versorger in der aktuelle Gaskrise ist damit rechtlich ausgeschlossen, weil es weder einen direkten noch einen indirekten Zusammenhang zwischen beiden Krisen gibt.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Mit welchen konkreten Instrumenten beabsichtigt die Landesregierung, die Liquidität der kommunalen Versorger in der aktuellen Gaskrise sicherzustellen?
  2. Hat die Landesregierung bereits kurzfristige Hilfsmaßnahmen für ausgewählte kommunale Versorger auf den Weg gebracht? Falls ja: Welche Maßnahmen und für welche Versorger?
  3. Mit welchem Finanzbedarf rechnet die Landesregierung, um die Liquidität der kommunalen Versorger in der aktuellen Gaskrise sicherzustellen zu können?
  4. Wie genau soll dieser zusätzliche Finanzbedarf über den Landeshaushalt gegenfinanziert werden?
  5. Warum verweist die zuständige Ministerin im Zusammenhang mit dem geplanten Schutzschirm für die Stadtwerke auf den bislang nicht vollständig ausgenutzten maximalen Ziehungsrahmen des Corona-Sondervermögens, obwohl es zwischen der aktuellen Gaskrise und der Corona-Krise ganz offensichtlich keinen Sachzusammenhang gibt?

Henning Höne