Schwarz-grüne Widersprüchlichkeiten bei geplanter Tierwohlförderung
Rund 3,8 Milliarden Euro werden in Nordrhein-Westfalen jährlich in der landwirtschaftlichen Tierhaltung erwirtschaftet. Das ist mehr als die Hälfte des landwirtschaftlichen Gesamtertrags. Die nordrhein-westfälische Nutztierhaltung ist daher von großer ökonomischer Bedeutung für die gesamte Region. Allerdings hat die Nutztierhaltung und insbesondere die Schweinehaltung momentan mit großen Herausforderungen zu kämpfen und steht vor tiefgreifenden Veränderungen.
Die Zahl der schweinehaltenden Betriebe ist in den letzten beiden Jahren in Nordrhein-Westfalen um durchschnittlich 11,7 Prozent pro Jahr zurückgegangen. Das ist mehr als der Bundesschnitt von neun Prozent pro Jahr.
Die Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen steht vor schwierigen Herausforderungen. Gerade in dieser schwierigen Zeit ist ein heftiger Streit zwischen Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausgebrochen. Auslöser des Streits ist das aktuell im Bundestag beratende Tierhaltungskennzeichnungsgesetz.
Im Rahmen ihrer Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag, 2. März 2023, die breite Medienberichterstattung (WDR, Rheinische Post, agrarheute, etc.) nach sich zog, kritisierte CDU-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen die von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) erarbeitete Gesetzesinitiative. Laut Ministerin Gorißen müssten Förderprogramme grundsätzlich allen Betrieben offen stehen. Weiterhin mahnte sie, dass große und kleine Tierhaltungen nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften.
Diese Aussagen stimmen allerdings nicht mit den vereinbarten Zielen aus dem Koalitionsvertrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für das Land Nordrhein-Westfalen überein. In ihrem Koalitionsvertrag wollen die beiden Parteien die Tierwohl-Förderung ebenfalls deckeln und nicht allen Betrieben gleichermaßen zur Verfügung stellen.
Das von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geplante Sofortprogramm zur Förderung tierfreundlicher Außenklimaställe für Betriebe soll – nach bisherigen Erkenntnissen – auf maximal zwei Großvieheinheiten je Hektar begrenzt werden. In den Kreisen Borken und Coesfeld liegt die durchschnittliche Viehbesatzdichte über 2 GV je Hektar. Von den rund 23.450 tierhaltenden Betrieben in Nordrhein-Westfalen haben 6.916 Betriebe jedoch mehr als 2 GV je Hektar. Das heißt, eine Vielzahl der Tiere würde gar nicht von diesem Sofortprogramm profitieren. Das betrifft ungefähr 30 Prozent der tierhaltenden Betriebe in Nordrhein-Westfalen. Ein flächendeckender Umbau der Tierhaltung, in dem möglichst viele Tiere von mehr Tierwohl profitieren, wäre mit diesem Programm nicht möglich.
Die von Landwirtschaftsministerin Gorißen (CDU) ausgedrückte Kritik an grünen Ministerkollegen im Bund ist daher mindestens wohlfeil. Zudem löst sie mit ihren Aussagen Irritationen aus, welchen Kurs die schwarz-grüne Landesregierung hält bzw. in Zukunft einschlagen will. Weiterhin muss sie endlich erläutern, wann das Sofortprogramm zur Förderung tierfreundlicher Außenklimaställe an den Start gehen soll. Die Landwirtinnen und Landwirte in Nordrhein-Westfalen benötigen Planungssicherheit. In einer Aktuellen Stunde muss der Landtag Nordrhein-Westfalen darüber debattieren, wie die Transformation der Tierhaltung in Nordrhein-Westfalen gelingen kann.