Stillstand bei der Straßenplanung – Nordrhein-Westfalen braucht den Planungsturbo
I. Ausgangslage
Die Landesregierung kommt seit Beginn der Wahlperiode nur schleppend mit der Planung von Projekten an Bundes- und Landesstraßen in ihrer Verantwortung voran. Mit den Antworten der Landesregierung auf die Kleinen Anfragen 184, 349 und 4136 der FDP-Landtagsfraktion, sowie über die schriftlichen Berichte der Landesregierung in den Sitzungen des Verkehrsausschusses vom 17. April und 26. Juni 2024 (Vorlagen 18/2454 und 18/2723) lässt sich unter anderem die Entwicklung der Planungsstände der Projekte im Landesstraßenplanungsprogramm und im Arbeitsprogramm Bundesfernstraßen in Nordrhein-Westfalen vom Anfang der 18. Wahlperiode bis in das Jahr 2024 nachvollziehen. Die Bilanz des Vergleichs der Planungsstände zeichnet für die Straßenplanung in Verantwortung der Landesregierung ein Bild des Stillstandes. Rund zwei Drittel der Projekte im Landesstraßenplanungsprogramm und fast 80 Prozent der Projekte im Arbeitsprogramm Bundesfernstraßen weisen praktisch keinen Planungsfortschritt seit Beginn der Wahlperiode auf. Die Projekte mit Projektfortschritt sind dabei vielfach immer noch weit von der Ausführung oder der Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens entfernt. Bei lediglich einem Projekt in den beiden Planungsprogrammen (B 64 Ortsumgehung Herzebrock/Clarholz) wurde in dieser Wahlperiode ein Planfeststellungsverfahren neu eingeleitet. Für nur zwei weitere Projekte gab es neue Planfeststellungsbeschlüsse, allerdings sind dieser Gegenstand von Klageverfahren mit jeweils ungewissem Ausgang.
Es handelt sich bei den Projekten der beiden Planungsprogramme überwiegend um Ortsumgehungen, neben einigen Neu- und Ausbauten. Diese Projekte sind von enormer Bedeutung für die Entlastung betroffener Innenstädte von Durchgangsverkehr, die Verminderung von Staus und den allgemeinen Verkehrsfluss in Nordrhein-Westfalen. Anwohner, Pendler und die regionale Wirtschaft warten teils seit Jahrzehnten auf diese Projekte. Ein starker Wirtschaftsstandort braucht eine belastbare und gut ausgebaute Straßeninfrastruktur. Eine solche Infrastruktur kann auch in Zukunft nur gewährleistet werden, wenn in der Straßenplanung bereits heute die notwendigen Grundlagen gelegt werden. Gegenwärtig geschieht dies nicht in ausreichendem Maße. Die schlechte Bilanz bei Planungsfortschritten im Allgemeinen und der Einleitung neuer Planfeststellungsverfahren im Besonderen wird den Straßenbau in NRW über Jahre belasten.
Spiegel dieser fehlenden Dynamik ist auch der Verzicht der Landesregierung auf Bundesmittel für Bundesstraßen in den Jahren 2022 und 2023 in Höhe von 60 Millionen Euro. Nur Projekte mit Baureife können beim Bund angemeldet werden. Daran fehlt es in Nordrhein-Westfalen in hohem Maße, da die meisten Vorhaben viel zu lange in der Planungsphase hängen. Nicht selten führt die Länge des Planungsverfahrens dazu, dass Überprüfungen wiederholt werden müssen, weil die Ergebnisse inzwischen veraltet sind. Mit mehr Tempo bei der Planung hätte die Landesregierung sogar über den Verfügungsrahmen hinaus Projekte beim Bund anmelden können. Projekte sind genügend vorhanden. Offenbar liegt es nicht an fehlenden finanziellen Mitteln, sondern am Ehrgeiz der Landesregierung, Straßenplanungen zügig durchzuführen. Die Straßenplanung in Nordrhein-Westfalen braucht einen Planungsturbo.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
- Ein wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort braucht eine gut ausgebaute Straßeninfrastruktur, die Verkehrsfluss auch unter hohen Belastungen sicherstellt.
- Die zügige Planung von Projekten an Bundes- und Landesstraßen heute, ist die Grundlage für den Straßenbau der kommenden Jahre.
- Nur durch das Vorhalten genügend baureifer Projekte ist es möglich, in den kommenden Jahren wieder alle Nordrhein-Westfalen zustehenden Bundesmittel für Bundesstraßen abzurufen.
- Die Straßenplanung der Landesregierung für Projekte im Landesstraßenplanungsprogramm und im Arbeitsprogramm Bundesfernstraßen ist zu langsam. Die geringe Planungsgeschwindigkeit schadet dem Verkehrsfluss und beeinträchtigt Anwohner und die regionale Wirtschaft.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
- dem Aus- und Neubau von Projekten an Bundes- und Landesstraßen mit vordringlichem Bedarf eine hohe Priorität einzuräumen.
- die Planung von Projekten an Bundes- und Landesstraßen insgesamt deutlich zu beschleunigen und insbesondere Planfeststellungsverfahren frühzeitig einzuleiten.
- die durch das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz des Bundes geschaffenen Möglichkeiten zur schnelleren Planung, insbesondere im Bereich der Digitalisierung, stets voll aufzureizen.
- notwendige Verfahren der Planungsphase, wann immer möglich, parallel laufen zu lassen.
- sicherzustellen, dass die Dauer der Planungsphase nicht dazu führt, dass Prüfungsergebnisse veraltet sind und Verfahren deshalb erneut durchgeführt werden müssen.