Mithilfe von Agroforstsystemen Synergieeffekte für Naturschutz und Landwirtschaft schaffen

I. Ausgangslage

Bei der Agroforstwirtschaft werden die Bewirtschaftungssysteme aus der Land- und der Forstwirtschaft miteinander vereint. Dabei werden Gehölze wie Bäume oder Sträucher mit Ackerkulturen oder Tierhaltung auf einer Fläche miteinander kombiniert. Dadurch können Synergieeffekte entstehen, die sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile mit sich bringen. Agroforstsysteme umfassen Arten der silvoarablen (Gehölze mit Ackerfrüchten), silvopastoralen (Gehölze mit Tierhaltung) und agrosilvopastoralen Nutzung (Gehölze mit Ackerfrüchten und Tierhaltung). Beispielhaft für silvoarable Agroforstwirtschaft ist die streifenförmige Kombination von Gehölzpflanzen (z. B. Pappeln, Vogelkirschen oder fruchttragenden Sträuchern) mit Ackerfrüchten wie Getreide oder Raps. Während das Getreide jedes Jahr geerntet wird, benötigen die Bäume fünf bis über 60 Jahre (je nach Nutzungsart), bevor das Holz geerntet werden kann.

Agroforstsysteme haben zahlreiche ökologische Vorteile. Die Wurzeln der Gehölze erschließen tiefere Bodenbereiche als die meisten Ackerkulturen und halten Nährstoffe auch aus tieferen Schichten im Pflanzen-Boden-System, Nährstoffauswaschungen werden vermieden. Zudem wird durch den Fall des Laubs Humus angereichert. Erosion und andere schädliche Faktoren lassen sich durch Agroforststreifen besonders in hügeligen Gebieten und ausgeräumten Agrarlandschaften wirksam bekämpfen. Gleichzeitig führen die Gehölze zu einer Verbesserung des Mikroklimas und zu einer Reduzierung der potentiellen Bodenverdunstung, da sie als natürliche Windschutzschicht wirken und auch vor anderen Witterungen wie Hitze schützen. Hierdurch leisten die Agroforstgehölze einen ganz wesentlichen Beitrag zum natürlichen Wasserrückhalt und folglich zur Schaffung klimaresilienterer Agrarlandschaften. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) konnte die positiven Auswirkungen durch Agroforstsysteme bestätigen: Messungen ergaben, dass auf einer Agroforstfläche mit Pappeln die Bodenfeuchte in 60 cm Tiefe 17,4 l Wasser/m² mehr Feuchtigkeit enthielt als auf der Fläche ohne Gehölz.

Auch mit Blick auf die biologische Vielfalt können Agroforstflächen zahlreiche Vorteilswirkungen entfalten. So führen die verschiedenen Strukturelemente zu einer Erhöhung der Habitatvielfalt, fördern Biotopverbünde, stellen Nahrungs- und Rückzugsräume für viele Artengruppen (von der Bodenfauna bis zum Wild) dar und tragen zur Regulation natürlicher Schädlinge bei. Aufgrund der zusätzlichen Struktur und Lebendigkeit hat dies auch einen positiven Einfluss auf das Landschaftsbild.

Agroforstsysteme bieten zusätzlich eine Reihe von wirtschaftlichen Vorteilen. So erweitern sie die Produktpalette und tragen zur nachhaltigen Bereitstellung von Nahrungsmitteln und nachwachsenden Rohstoffen bei. Daran können sich weitere ökonomische Vorteile anschließen, wie die die Verbesserung der Einkommensfunktion, eine verbesserte flächenbezogene Energiebilanz und Nährstoffnutzungseffizienz. Diversen wissenschaftlichen Studien zufolge gibt es an einigen Standorten sogar eine Verbesserung der Erträge der Ackerkulturen.

Derartige Systeme bedeuten durchaus einen Verlust an Flexibilität sowie höhere Bewirtschaftungskosten. Weiterhin kann es zu Konkurrenz zwischen Gehölzen und Ackerkulturen um Licht, Nährstoffe, Wasser und Fläche kommen, die eine negative Auswirkung auf das Pflanzenwachstum haben. Langfristig können diese Nachteile jedoch durch die oben genannten Aspekte kompensiert werden. Nicht zuletzt trägt auch die erhöhte Artenvielfalt zu einer höheren Resilienz der Agrarfläche bei. Durch eine sorgfältige Planung sowie eine fachgerechte Bewirtschaftung kann ein Großteil der unerwünschten Effekte reduziert werden. Für eine effektive Nutzung von Agroforstsystemen sind praxisnahe Beispiele und entsprechende Beratungsangebote notwendig.

Agroforstsysteme sind im Förderkatalog der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) seit Langem enthalten, können in Deutschland allerdings erst mit Beginn der aktuellen Förderperiode rechtssicher umgesetzt werden. Agroforstsysteme können – wenn sie bestimmte Anforderungen erfüllen – im Rahmen der Ökoregelungen gefördert werden. Allerdings deckt der Förderbetrag von 60 Euro/ha Gehölzfläche nicht die Beibehaltungskosten.

Die Rahmenbedingungen der aktuellen Förderung für Agroforstsysteme tragen kaum dazu bei, dass das von der Bundesregierung im GAP-Strategieplan festgelegte und an Klimaleistungen gekoppelte Flächenziel von 200.000 Hektar Agroforstgehölzfläche bis 2026 erreicht werden kann. Das heißt, die Förderung zielt lediglich auf die Bewirtschaftung, nicht aber auf die Etablierung von Agroforstsystemen ab. Weiterhin muss die zuständige Landesbehörde ein entsprechendes Nutzungskonzept genehmigen und bestimmte Anforderungen bezüglich der Größe und Position der Fläche müssen erfüllt sein.

II. Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • bestehende Initiativen für Agroforstsysteme unbürokratischer auszugestalten, so dass nicht nur die Bewirtschaftung von Agroforstsystemen gefördert werden sondern auch die Etablierung dieser Systeme.
  • Agroforstsystemen auf Demonstrations- und Modellbetrieben zu etablieren, um praxisnahe Erkenntnisse dieser Produktionsmethode zu gewinnen und entsprechende Informationen für landwirtschaftliche Betriebe in NRW proaktiv zur Verfügung zu stellen.
  • eine Forschungsinfrastruktur inklusive Experimentierklauseln im Forstgesetz sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene zur Etablierung von Agroforstsystemen in Wäldern aufzubauen.
  • ein Beratungsangebot zu Agroforstsystemen bei der Landwirtschaftskammer NRW einzurichten.
  • weitere Agroforstvarianten wie beispielsweise Weidewald und agrosilvopastorale Systeme hinsichtlich ihres ökologischen Nutzens und ihrer ökonomischen Praktikabilität zu prüfen