Uferloses Speichern von Daten – wie gestaltet sich der Umgang mit Daten im Polizeirecht?

In der Rechtssache C-140/20 vom 05.04.2022 bestätigte der EuGH seine ständige Rechtsprechung, dass eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten unionsrechtswidrig ist. Der Europäische Gerichtshof hat bekräftigt, dass das anlasslose Speichern von Kommunikationsdaten auch dann gegen EURecht verstößt, wenn es dem Kampf gegen schwere Straftaten wie Mord dient. Die Richter in Luxemburg haben entschieden, dass nationale Regeln rechtswidrig seien, die „präventiv eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten, die elektronische Kommunikationen betreffen, zum Zweck der Bekämpfung schwerer Straftaten vorsehen“.

„Der EuGH hat heute erneut die Bedeutung der Grundrechte im digitalen Raum bekräftigt und uferlosen Datenspeicherungen eine klare Absage erteilt“, begrüßte Justizminister Marco Buschmann das Urteil am Tag der Verkündung.

Dass eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten unionsrechtswidrig sei, ließ der EuGH-Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona in seinen Schlussanträgen zu mehreren zusammengefassten Fällen aus drei Ländern, darunter erstmals auch aus Deutschland, verlauten (Schlussanträge v. 18.10.2021, Rs. C-793/19 und C-794/19; Rs. C-140/20; Rs. C-339/20 und C-397/20).

Die Ampel-Koalition in Berlin will anstelle der Vorratsdatenspeicherung auf das sogenannte „Quick-Freeze“-Verfahren setzen. Dabei werden Internetprovider erst bei einem Anfangsverdacht aufgefordert, Daten zu einzelnen Teilnehmern für einen bestimmten Zeitraum zu speichern. Der EuGH bekräftigte nämlich unter anderem, dass er ein solches Verfahren zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit für rechtens hält.

Die Speicherung und Verwendung von personenbezogenen Daten ist auch Gegenstand des Polizeigesetzes NRW.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Schlussanträge des Generalanwalts am EuGH Sánchez-Bordona vom 19. November 2021 im Vorabentscheidungsersuchen zur deutschen Vorratsdatenspeicherung (SpaceNet, C-793/19), in denen dieser feststellt, dass diese nicht EU-rechtskonform sind in Hinblick auf landesrechtliche Regelungen?
  2. Beabsichtigt die Landesregierung auf der Grundlage der ergangenen Rechtsprechung des EuGH eine dahingehende Novellierung von Gesetzen wie die des Polizeigesetzes oder des Versammlungsgesetzes vorzunehmen?
  3. Wie wird das Land NRW im Rahmen der grenzüberschreitenden Polizeiarbeit mit personenbezogenen Daten aus Drittstaaten umgehen?
  4. Von wem und in welchen Datenbanken können personenbezogene Daten aus Drittstatten im Rahmen der grenzüberschreitenden Polizeiarbeit in NRW eingesehen und verwendet werden?
  5. Nach welchen Regelungen werden die gesetzlichen Vorgaben der §§ 17 Abs. 3 S. 3 und Abs. 4 des PolG NRW landesweit bei allen Polizeistellen überprüft und eingehalten?

Dr. Werner Pfeil