Versorgungskrise Gas: Was unternimmt die Landesregierung?

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat den Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 8 der Verordnung (EU) 2017/1938 des europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 im September 2019 erlassen und veröffentlicht.

Im Falle einer Versorgungskrise im Rahmen des Energiesicherheitsgesetzes (EnSiG) und der GasSV (Notfallstufe im Sinne der SoS-VO) ist die BNetzA Bundeslastverteiler, sofern die im überregionalen öffentlichen Interesse liegende Versorgung sicherzustellen ist, ein Ausgleich der elektrizitäts- und gaswirtschaftlichen Bedürfnisse und Interessen der Länder herbeizuführen ist oder der Einsatz von unterirdischen Gasspeichern und sonstigen Gasversorgungsanlagen mit überregionaler Bedeutung zu regeln ist. Im Übrigen werden EnSiG und die aufgrund des Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, soweit nichts anderes bestimmt ist, von den nach Landesrecht zuständigen Stellen oder den von ihnen bestimmten Stellen ausgeführt.

Bei Ausrufung der „Notfallstufe“, die durch Verordnung der Bundesregierung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird, sind diverse Maßnahmen umzusetzen.

Ergänzend zu den marktbasierten Maßnahmen gemäß Kapitel 7 des Notfallplans stehen hoheitliche Maßnahmen gemäß Anhang VIII der SoS-VO zur Verfügung. Die BNetzA als Bundeslastverteiler oder die Bundesländer als Lastverteiler führen hoheitliche Maßnahmen gemäß GasSV durch. Das Ziel ist die Sicherung des lebenswichtigen Bedarfs an Gas unter besonderer Berücksichtigung der geschützten Kundinnen und Kunden und Minimierung der Folgeschäden.

Auf Seite 29 ff. des veröffentlichen Berichts des BBK heißt es unter der Überschrift: „Durchführung von Notfalltests“: „Um den Notfallplan zu testen, simuliert das BMWi Szenarien mit mittleren und starken Auswirkungen und Reaktionen entsprechend diesem Notfallplan. Die zuständige Behörde präsentiert der Koordinierungsgruppe „Gas“ die Ergebnisse der Tests. Am 28. und 29. November 2018 wurde auf der Grundlage des § 14 Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz (ZSKG) die 8. Länderübergreifende Krisenmanagementübung LÜKEX 18, in deren Rahmen der Notfallplan Gas getestet wurde, durchgeführt.“

Weiter heißt es: „Im Szenario wurde eine besonders kalte und lange Winterperiode angenommen. Aufgrund dieser extremen Witterung und des damit verbundenen hohen Gasbedarfs sanken im Szenario rasch die Füllstände der Gasspeicher. Zudem meldeten die Fernleitungsnetzbetreiber, dass es im weiteren Verlauf zu Lieferengpässen kommen würde. Hinzu kamen technische, wirtschaftliche und witterungsbedingte Faktoren, die zusammen zu einem Gasengpass führten“.

Auf Seite 30 heißt es: „Detaillierte Informationen zur Übungsauswertung sind dem Auswertungsbericht LÜKEX 18 des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zu entnehmen. Dort wurden von allen Übungsbeteiligten die Bereiche Krisenkommunikation, Gasmangellage und Bevölkerungsschutz ausgewertet und entsprechende Handlungsempfehlungen ausgesprochen. Eine Handlungsempfehlung betraf die in § 53a EnWG geregelte Definition des geschützten Kunden, welche aufgrund der nun geltenden SoS-VO sowie der Erkenntnisse der LÜKEX neu definiert wurde“. Zudem heißt es weiter: „Dort wurden von allen Übungsbeteiligten die Bereiche Krisenkommunikation, Gasmangellage und Bevölkerungsschutz ausgewertet und entsprechende Handlungsempfehlungen ausgesprochen“.

Aufgrund der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten werden Vorbereitungen getroffen. In Städten und Landkreisen werden derzeit Pläne für den Krisenfall vorbereitet. Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, hat in einer dpa-Meldung vom 12.7.2022 mitgeteilt, dass Pläne vor allem in Zusammenarbeit mit den Ländern erstellt würden. Dazu gehörten beispielsweise Vorbereitungen zur Einrichtung von «Wärmeinseln oder Wärmeräumen» für die Bürger, aber auch «das allgemeine Einstellen auf den Katastrophenfall». Daran, ob im kommenden Herbst und Winter genügend Energie zur Verfügung stehen werde, könne man nach derzeitigem Stand durchaus zweifeln, fügte er in der dpa-Meldung vom 12.7.2022 hinzu.

Trotz mehrfacher mündlicher Nachfragen konnte das Innenministerium in der letzten Legislaturperiode keine Auskunft erteilen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Was hat das Innenministerium des Landes NRW in den Jahren 2019 – bis Mai 2022 unternommen, um den Ergebnissen der Übungsauswertung aus der LÜKEX 18-Übung Rechnung zu tragen? (Bitte konkret darstellen.)
  2. Wie hat die Landesregierung ganz konkret die Handlungsempfehlungen in den Jahren 2019 – Mai 2022 umgesetzt und wie wird sie es ggf. weiterhin tun?
  3. Wie ist die Landesregierung bzw. sind die Bezirksregierungen an der Erstellung von Plänen für den Krisenfall konkret beteiligt? (Bitte konkret die etwaige Beteiligung darstellen.)
  4. Welche konkreten Planungen hat die Landesregierung für den Fall der Ausrufung der „Notfallstufe“ durch die Bundesregierung vorgesehen?
  5. Was unternimmt die Landesregierung mit Blick auf kreisgrenzenübergreifende Szenarien, insbesondere mit Blick auf einer möglichen Unterstützung der Kreise und kreisfreien Städte?

Dr. Werner Pfeil
Dietmar Brockes