Vor dem Hintergrund der Anschlagsplanungen eines 15-Jährigen aus Wuppertal muss Nordrhein-Westfalen Prävention und Ermittlungsarbeit gegen die Radikalisierung von Jugendlichen über soziale Medien intensivieren und ausländische Gefährder
Laut Medienberichten vom 4. Oktober 2024 steht ein 15-Jähriger aus Wuppertal im Verdacht, mehrere Attentate geplant zu haben. Er sitzt seit knapp zwei Wochen in U-Haft. Der Jugendliche sei seit September als Gefährder eingestuft. Die ersten Hinweise auf ihn seien nach dem Anschlag im benachbarten Solingen eingegangen. Davor sei er nicht aufgefallen.
Eine Durchsuchung bei ihm zu Hause hätte zunächst nichts ergeben. Dann wertete die Polizei Datenträger aus, die sie zuvor sichergestellt hatte - daraus habe sich dann ein „dringender Tatverdacht“ ergeben, so die Pressesprecherin der Zentralstelle Terrorismusverfolgung NRW. Daraufhin sei der Jugendliche am 20. September in Untersuchungshaft gekommen.
Besonders infam ist, dass der Jugendliche ein Jahr nach dem Terror-Überfall der Hamas auf Israel Anschläge auf jüdische Einrichtungen geplant haben soll. Außerdem soll ein Anschlag während einer Klassenfahrt in die Niederlande im Gespräch gewesen sein. Er habe nach dem Anschlag von Solingen mit einem Islamisten im Ausland gechattet, der ihn angestachelt haben soll, ein Attentat zu verüben. Der Jugendliche soll sich auch bei TikTok mit Flaggen der Terrormiliz Islamischer Staat gezeigt haben.
Auch wenn in diesem Fall die Ermittlungsarbeit der Behörden des Landes und die Zusammenarbeit über das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern erfolgreich waren, so ist zu befürchten, dass viele weitere Fälle einer unerkannten Radikalisierung von Einzelpersonen über soziale Medien bestehen. Jugendliche werden von islamistischen Influencern auf TikTok, aber auch auf YouTube oder Instagram mit Videos angesprochen, die u. a. Stilelemente des Gangster-Rap aufgreifen, aber gleichzeitig auch vermeintlich einfache Botschaften aus Islamismus bzw. Salafismus vermitteln.
Angesichts dieser Gefahr muss das Land Prävention und Ermittlungsarbeit gegen die Radikalisierung von Jugendlichen über soziale Medien intensivieren. Das Handlungskonzept des Landes zur Islamismusprävention muss angesichts der neuen Herausforderungen überprüft und ggf. ergänzt werden. Der Verfassungsschutz muss dauerhaft und nachhaltig gestärkt werden, um alle Erscheinungsformen von Extremismus bekämpfen zu können. Dazu bedarf es eines kontinuierlichen, verlässlichen Mittelaufwuchses. Die Kürzung der Haushaltsmittel für den Verfassungsschutz durch die schwarz-grüne Landesregierung war angesichts der zunehmenden Bedrohungslage eine gravierende Fehlentscheidung.
Zur Gefahrenabwehr müssen zudem ausländische Gefährder konsequent abgeschoben werden. Laut Auskunft der Landesregierung befinden sich 34 ausreisepflichtige Gefährder in Nordrhein-Westfalen. Tatsächlich rückführbar sei davon aber nur eine Person. Daher müssen mögliche Hinderungsgründe für Rückführungen regelmäßig überprüft werden. Auch Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan müssen nach dem Vorbild des am 30. August durchgeführten Flugs über Katar nach Kabul regelmäßig ermöglicht werden.
Der aktuelle Fall des 15-Jährigen aus Wuppertal steht beispielhaft für eine bedrohliche Entwicklung der Radikalisierung von Jugendlichen über soziale Medien, die wesentliche Handlungsfelder der Landespolitik betrifft und konsequente Gegenmaßnahmen erfordert. Dies sollte der Landtag in einer Aktuellen Stunde debattieren.